Abzugsfähiger Unterhalt bei öffentlichen Ausbildungsbeihilfen
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 9.408 EUR (2020) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge, so vermindert sich die Summe der ermittelten Beträge um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von der unterhaltenen Person als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse.
Beispiel: Kind A studiert und wohnt noch bei den Eltern B. Da kein Kindergeld mehr gezahlt wird, können die Eltern Unterhalt für bedürftige Personen im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend machen. A erzielt in 2020 negative Einkünfte i. H. v. 500 EUR. An Bafög erhielt er 5.000 EUR.
Das Finanzamt errechnete den abzugsfähigen Unterhaltsbetrag wie folgt:
Höchstbetrag | 9.408 EUR |
Bafög 5.000 EUR abzgl. Kostenpauschale 180 EUR | -4.820 EUR |
= abziehbar | 4.588 EUR |
Die negativen Einkünfte verrechnete das Finanzamt nicht mit den Ausbildungsbeihilfen, da die als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln erhaltenen Zahlungen gemäß § 33a Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 EStG steuerlich als Zuschüsse zu behandeln und damit in vollem Umfang von dem nach § 33a Abs. 1 EStG ermittelten Höchstbetrag abzuziehen sind. Eine Anrechnung von negativen Einkünften dürfe nicht erfolgen. So argumentierte ein Finanzamt im Rahmen eines Klageverfahrens beim FG Rheinland-Pfalz.
FG Rheinland-Pfalz verrechnet negative Einkünfte
Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 13.02.2020, 6 K 1753/19) ist dieser Auffassung aber nicht gefolgt. Bezüglich der Saldierung des Verlustes beziehe sich das Finanzamt auf die Definition der Einkünfte in § 2 Abs. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten und schließt daraus, dass negative Einkünfte im Rahmen der Ermittlung des Kürzungsbetrages nicht zu berücksichtigen seien. Zwingend sei diese Argumentation allerdings nicht, da § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG auch einen negativen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zulässt.
In der Literatur werde ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass auch negative Einkünfte zu berücksichtigen und mit etwaigen positiven Einkünften und Bezügen zu verrechnen sind. Nach Meinung des FG legt die Identität der Begriffsbestimmungen nahe, dass auch negative Einkünfte bei der Berechnung der für § 33a EStG maßgeblichen Einkünfte zu berücksichtigen sind. Das FG hat sich daher den Literaturmeinungen angeschlossen und nimmt eine Saldierung der positiven und negativen Einkünfte vor und zwar nicht - wie das Finanzamt - beschränkt auf den positiven Betrag, sondern in der Weise, dass auch ein negatives Ergebnis anzusetzen ist. Dies folgt nach Auffassung des Gerichts aus der Maßgeblichkeit der Definition der Einkünfte in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Dies führt im Beispiel dazu, dass nicht 4.588 EUR abziehbar, sondern nach der Verlustverrechnung nur 4.320 EUR Einkünfte und Bezüge angerechnet werden, sodass 5.088 EUR abziehbar sind.
Revisionsverfahren und Anmerkung
Die Revision wurde zugelassen, welche auch eingelegt wurde. Die Argumentation des Finanzgerichts vermittelt den Eindruck, dass das Finanzamt im Rahmen der Unterhaltsberechnung generell keine Verlustverrechnung von Einkünften und Bezügen zulassen möchte. M. E. geht es aber nur darum ob Verluste mit öffentlichen Ausbildungsbeihilfen verrechnet werden können, weil hier auch kein Anrechnungsfreibetrag (624 EUR bei Einkünften und Bezügen) berücksichtigt wird. Nur so ist auch die Rechtsfrage beim BFH zu erklären, welche wie folgt lautet:
Können negative Einkünfte (verbleibend nach Saldierung negativer und positiver Einkünfte bzw. Bezüge) einer i. S. von § 33a Abs. 1 EStG dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigten Person mit erhaltenen Ausbildungsbeihilfen aus öffentlichen Kassen (hier: BAföG-Leistungen) verrechnet werden?
Vergleichbare Fälle sollten offen gehalten werden, bis der BFH (Az VI R 45/20) entschieden hat.
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