bAV für Kanzleimitarbeiter
"Mit dem Thema ‚bAV’ muss sich eigentlich jedes Unternehmen befassen und für den Steuerberater wäre es doch geradezu ideal, wenn er das bAV-Modell der eigenen Kanzlei dem Mandanten als Erfolgsbeispiel vorstellen könnte", findet Lutz Schade, Geschäftsführer der Dr. Schade GmbH in Göttingen, die Firmen bei der bAV-Gestaltung berät. Die meisten Steuerberater glaubten jedoch, bei dem Thema lediglich viel verlieren, aber wenig gewinnen zu können, sagt der bAV-Experte. Tatsächlich ist die Realisierung eines bAV-Konzepts mitunter eine knifflige Angelegenheit. Viele Steuerberaterkanzleien halten sich daher mit Zuschüssen zur bAV zurück.
Beispiele für die Umsetzung
Die Dan Revision Gruppe bietet ihren Mitarbeitern eine Entgeltumwandlung an, sagt StB Ralph Böttcher, der dort die bAV koordiniert. Zusätzlich erhielten die Mitarbeiter die vom Arbeitgeber dadurch eingesparten Sozialversicherungsbeiträge. Die Rechtsanwalts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner handhabt das genauso. Etwas anders sieht das Modell von StB Thomas Vellante aus, der in seiner Kanzlei 10 Mitarbeiter beschäftigt: Seine Mitarbeiter erhalten 80 Euro pro Monat als bAV-Arbeitgeberzuschuss. „Früher bekamen sie 40 Euro als vermögenswirksame Leistungen, aber da fast alle über der Einkommensgrenze für die Arbeitnehmersparzulage liegen, bringt es ihnen mehr, wenn die 40 Euro plus Steuerersparnis in die bAV fließen“, so Vellante.
Die bAV als Zusatz zum Versorgungswerk
Die Resonanz ist jedoch verhalten. Bei Dan Revision, Rödl & Partner und bei Thomas Vellante nutzt weniger als die Hälfte der Mitarbeiter ein bAV-Angebot des Arbeitgebers. Michael Rödl, Leiter der Personalabteilung bei Rödl & Partner, hat den Eindruck gewonnen, dass gerade die Steuerberater ihre Altersvorsorge lieber in Eigenregie regeln, statt auf die bAV zu setzen – zumal es ja die berufsständische Versorgung gebe.
Dazu gibt bAV-Branchenspezialist Schade jedoch zu bedenken, dass Versorgungswerkbeiträge – anders als jene der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente – am Kapitalmarkt investiert werden.
„Solange Versorgungswerke mit Anlagen hohe Überschüsse erzielen, ist alles im Lot. Doch es lief auch schon mal nicht so gut“, weiß Schade. Zudem könnten Altersbezüge des Versorgungswerks in mageren Zeiten leichter gekürzt werden. Insofern kann sich eine bAV zusätzlich zur berufsständischen Versorgung lohnen.
Mitarbeiter richtig informieren
Die Basis für jedes solide bAV-Konzept ist eine gut organisierte, sorgfältige Aufklärung der Mitarbeiter und eine Versorgungsordnung. Denn: „Rechtsgrundlage für die bAV ist das Betriebsrentengesetz“, sagt der bAV-Rechtsberater Christian Kolodzik. Das biete jedoch große Interpretationsspielräume, die durch eine Versorgungsordnung verbindlich präzisiert werden sollten.
Bei Dan Revision werden Mitarbeiter etwa am Beginn ihres Arbeitsverhältnisses anhand einer Broschüre des Kooperationspartners aufgeklärt. Zudem gibt es für Mitarbeiter eine verpflichtende Informationsveranstaltung zur bAV.
Auch bei Rödl & Partner werden neuen Mitarbeitern bei der Einstellung die bAV-Angebote vorgestellt. Zusätzlich sind Informationen im Intranet abrufbar; bei Bedarf berät der Kooperationspartner auch individuell.
Besondere Haftungsprobleme bei Kooperations-Partnern
„Wichtig ist, genau festzulegen, welche Aufgaben Kooperationspartner im Beratungsprozess übernehmen - am besten in Form eines Pflichtenheftes“, empfiehlt Kolodzik. Denn Beratungsfehler können im Extremfall sogar zur Insolvenz von Unternehmen führen. „Schließlich sieht das Betriebsrentengesetz vor, dass im Zweifelsfall immer der Arbeitgeber für Schäden geradestehen muss“, sagt der bAV-Rechtsberater. Allerdings können Arbeitgeber anschließend den jeweiligen Makler oder die Versicherung - die sich für derartige Fälle versichern müssen - für deren Beratungsfehler in Regress nehmen.
Es kann aber auch ohne Kooperationspartner funktionieren. „Eigentlich reicht es, wenn die Arbeitgeber die Arbeitnehmer bei der Einstellung über die bAV-Angebote informieren“, sagt Christian Helbich, Geschäftsführer des Bundesversorgungswerks der Wirtschaft und Selbstständigen (BVW). Als Nachweis, dass diese Pflicht erfüllt wurde, sollten Arbeitgeber sich von Mitarbeitern schriftlich bestätigen lassen, wann sie unterrichtet wurden und diese Erklärung samt Informationsmaterial der Personalakte beifügen.
Risiko bei Übertragung bleibt
Ob gut ausgetüfteltes Kooperationsnetzwerk oder nicht: Steuerberater können sich nicht von allen Haftungsgefahren entledigen. „Entsprechend der EU-weit geregelten Portabilität der bAV können bei Arbeitgeberwechseln Versicherungsanwartschaften übertragen werden“, erklärt Rödl & Partner-Personalchef Michael Rödl. Diese seien jedoch an die Zustimmung des neuen Arbeitgebers geknüpft. Und bAV-Experte Schade ergänzt: „Vor allem Risiken, die Übertragungen von bAV-Verträgen mit sich bringen, werden unterschätzt.
Problematisch sei für den neuen Arbeitgeber etwa, dass dieser bei Überführung einer klassischen Direktversicherung in einen Vertrag mit niedrigerem Garantiezins später womöglich bei einer niedrigeren Ablaufleistung die Differenz nachschießen müsse.
Kniffliger sei die Situation bei Fondspolicen. In der bAV-Versorgungsordnung, sagt der Berater, dürfen Arbeitgeber festlegen, dass Direktversicherungen, etwa wegen des administrativen Aufwands oder des Ausfallrisikos, nicht fortgeführt und wertgleich auf eine andere Durchführungsoption übertragen werden. Der alte Vertrag werde beitragsfrei gestellt oder gekündigt. Bei Unterstützungskassen kann der Vertrag ausnahmsweise fortgeführt werden.
Arbeitsrechtliche Fallstricke
Und selbst wer die Risiken der bAV-Durchführungswege kennt oder minimiert, muss auch weitere Fallstricke, etwa aus dem Arbeitsrecht, bedenken. Wollen Kanzleiinhaber die bAV z. B. als Vorsorgeinstrument für angestellte Familienmitglieder, etwa über eine arbeitgebergeförderte Direktversicherung nutzen, ist das eine heikle Sache. „Gibt es keine Kriterien für die Vergabe der Zuschüsse, liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor“, warnt Helbich vom BVW.
Die Folge: Der Arbeitgeber hat den übrigen Arbeitnehmern die Förderung ebenfalls zukommen zu lassen, wenn diese das fordern – und zwar auch rückwirkend. Daher rät etwa StB Böttcher von Dan Revision den Unternehmen, die Mitarbeiter in Gruppen einzuteilen, für die einheitliche Förderkriterien gelten.
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