Digitalisierung: Steuerberater müssen Mandanten überzeugen

Digitalisierung wird für Steuerberater und Mandanten langfristig überlebenswichtig sein. Heute aber geht es durchaus noch, "analog" zu leben und zu arbeiten. Wir leben also in einer Übergangsphase, so dass im Gespräch mit Mandanten gute Argumente benötigt werden.

Digitale "Flugangst" besiegen

Vergleichen Sie die Angst vor der Digitalisierung einmal mit Flugangst. Flugangst kann man mit sachlichen Argumenten nicht erklären. Häufig hat die Angst mit einem Gefühl des Kontrollverlusts zu tun. Solange die Angst größer ist als der Nutzen, den er sich verspricht, wird jemand mit Flugangst ein Flugzeug nicht betreten. Gibt es aber plötzlich einen Nutzen, ändert sich das Bild: eines der Kinder studiert im Ausland. Der Besuch dieses Kindes kann den entscheidenden Nutzen darstellen, der die mit Flugangst geplagte Mutter doch dazu bringt, zu fliegen.

Der Mandantennutzen entscheidet

Über eines müssen Sie sich klar sein: der Nutzen des Steuerberaters ist für den Mandanten uninteressant. Wenn er das Gefühl bekommt, dass er seine Buchführung etc. nur dafür digitalisiert, dass sein Steuerberater schneller und einfacher seinen Job machen kann, wird er ganz klar auf einen anderen Nutzen aus sein: eine Honorarsenkung.

Die stärkste Motivation, die wir kennen, ist: Tu es für dich. Konkret bedeutet dies, dass der Mandant sich einen konkreten Vorteil verspricht. Starke Motivatoren sind hier das Sparen von Zeit oder das Sparen von Geld. Und genau das ist der Weg, der schnurgerade in die Digitalisierung führt. Ihre Aufgabe ist es, dem Mandanten klarzumachen, welche Vorteile die Digitalisierung ihm in seinem Unternehmen bringt.

Die konkreten Vorteile für den Mandanten

Da fallen ihnen sofort eine ganze Reihe von Vorteilen ein, oder? Hier mal eine kleine Auswahl:

  • Zeitnahe Buchführung,
  • Vermeidung des Pendelordners,
  • Belege nur noch einmal anfassen,
  • sichere Archivierung,
  • kein Kopieren von Thermopapier,
  • elektronische Notizen auf Belegen,
  • bessere Suchmöglichkeiten,
  • Standortunabhängigkeit,
  • Belege bleiben im Haus,
  • Anbindung zum Online Banking,
  • Diese Aufzählung ist sicher nicht abschließend.

Warum aber lassen sich manche Mandanten trotzdem nicht von der Digitalisierung überzeugen?

Die richtige Strategie

Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein neues Auto kaufen. Der Verkäufer rattert die vielen Vorteile des Auswahlmodells herunter: Schadstoffarm, großer Kofferraum, Sicherheitsaspekte, Sitzheizung, hohe PS Zahl, tolles Image. Und damit nicht genug - jedes der Features wird natürlich eingehend erläutert. Zwangsläufig werden aber nicht alle Features für Sie spannend sein. Im Gegenteil, wenn unter den vielen Vorteilen des Wagens nur 3 oder 4 für Sie von wirklichem Interesse sind, werden Sie insgesamt zu dem Ergebnis kommen: Eigentlich brauche ich das alles gar nicht; das Modell ist vielleicht doch nicht das richtige.

Ein guter Verkäufer wird versuchen, durch Fragen herauszubekommen, welches Feature für Sie das "Killer Feature" ist. Also die eine Funktion, bei der Sie sofort sagen: Ja, das will ich, unbedingt. Beim Familienvater sind es vielleicht Sicherheit und großer Kofferraum. Beim Zweitwagen ist es vielleicht der Spaßfaktor. Auch Sie sollten durch geschicktes Fragen den Nutzen des Mandanten herauskitzeln.

Der neue Mandant

Gerade bei neuen Mandanten möchten Sie auch möglichst modern anfangen oder? Wenn Sie beim Erstgespräch an den Punkt der Zusammenarbeit im Bereich Lohn, Fibu oder ESt kommen, ist das die Gelegenheit, durch herauszufinden, mit welchem Nutzen der Digitalisierung Sie Ihren neuen Mandanten ködern können.

Den Handelsvertreter mit vielen Tankrechnungen im Monat fragen Sie: "Wie wäre es, wenn Sie ihre Tankbelege nie wieder aufkleben und kopieren müssten?" Er wird auch auf den Nutzen des "immer und überall" anspringen. Den Handwerker mit ausgedehnten Kontokorrent werden Sie vielleicht fragen: "Wie wäre es, wenn Sie eine Lieferantenrechnung nur noch einmal scannen, alles andere von der Prüfung über die Bezahlung bis hin zum Forderungsmanagement passiert dann automatisch?"

Der bestehende Mandant

Bei bestehenden Mandanten liegt ihr Vorteil darin, dass Sie im Gegensatz zu dem oben erwähnten Autoverkäufer ihre Mandanten schon sehr gut kennen. Sie wissen eigentlich schon aus der bisherigen Arbeit, wo der Nutzen für den Mandanten sein kann. Stellen Sie die Frage genau zum "Killer Feature" aus ihrer Sicht.

Es geht eben genau darum, den Mandanten nicht mit Nutzenargumenten zu erschlagen, die für ihn persönlich gar nicht ausschlaggebend sind. Viele Mandanten möchten eben genau nicht jederzeit in die Auswertungen schauen können bzw. müssen. Sie wollen sich vielleicht außerhalb ihrer Arbeitszeit genau nicht mit der Arbeit beschäftigen. Und für den Mandanten, der immer an einem Standort arbeitet, ist das Feature "Standortunabhängigkeit" einfach uninteressant.

Das ergebnisoffene Gespräch bringt den Erfolg

Es geht zumindest im Moment noch nicht darum, jeden Mandanten auf Teufel komm raus zu digitalisieren. Wenn ihre Mandanten den Eindruck gewinnen, dass Sie ihnen die Digitalisierung verkaufen möchten, weil die Kanzlei den Nutzen davon hat, werden Sie scheitern.

Ihre Mandanten schätzen Sie als einzigen wirklich neutralen Begleiter und Ratgeber. Der Vertrauensvorschuss, den unser Berufsstand genießt, fußt nicht zuletzt auf der Tatsache, dass wir den Mandanten eben nicht irgendetwas "verkaufen", dass er nicht wirklich braucht. Dieser Vertrauensvorschuss sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Führen Sie mit Ihrem Mandanten ein Gespräch, das zum Ziel hat, seinen Betrieb wirklich gut kennen zu lernen. Er wird schätzen, dass Sie sich für seine Prozesse interessieren. Die einzelnen Bestandteile der Digitalisierung, die für den einzelnen Mandanten heute schon von Nutzen sind, sind für Sie der "digitale Fuß" in der Tür.

Und selbst, wenn das erste Gespräch über die Digitalisierung nicht sofort dazu führt, dass Ihr Mandant in die Digitalisierung einsteigt, war das Gespräch doch wertvoll. Sie haben ihre "digitale Visitenkarte" abgegeben. Wenn der Mandant von anderer Seite in die Digitalisierung gezwungen wird (durch Lieferanten oder Kunden), weiß er, dass er sich an Sie wenden kann.


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