Kein anschaffungsnaher Aufwand vor Anschaffung
In einem Urteilsfall des FG Rheinland-Pfalz hatte ein Steuerpflichtiger vor der Anschaffung eines Gebäudes Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an diesem Gebäude durchgeführt. Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.11.2019 - 2 K 2304/17) hat es abgelehnt, diese Aufwendungen als anschaffungsnahen Herstellungsaufwand zu beurteilen.
BFH bestätigt die günstige Rechtsauffassung
Der BFH hat die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen und die Auffassung bestätigt, dass die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen gilt, die innerhalb von 3 Jahren "nach" der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden (BFH Beschluss vom 28.04.2020 - IX B 121/19).
Die genannte gesetzliche Regelung ordnet die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, fiktiv den Herstellungskosten des Gebäudes zu. Eine Ausweitung des Regelungsbereiches des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf einen nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich fiktiv als Herstellungskosten eines Gebäudes zu behandelnden Erhaltungsaufwand ist nach Auffassung des BFH nicht gerechtfertigt (Rn. 6 des genannten Beschlusses).
Tipp: Erhaltungsaufwand vor Anschaffung sofort abziehbar
Wer also an einem Gebäude im Hinblick auf die geplante Anschaffung bereits vor dem Zeitpunkt der Anschaffung Instandhaltungsmaßnahmen durchführen lässt, kann diese Aufwendungen als (ggf. vorweggenommene) Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehen, wenn er das Gebäude zur Einkünfteerzielung nutzt. Das gilt auch wenn die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG überschritten ist. Aufwendungen, die nach allgemeinen Grundsätzen als Herstellungsaufwand zu behandeln sind, können jedoch nicht als Werbungskosten, sondern nur im Wege der AfA abgezogen werden.
Durchführung der Arbeiten vor dem Anschaffungszeitpunkt
Eine i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG berücksichtigungsfähige Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme muss vor dem Anschaffungszeitpunkt lediglich tatsächlich durchgeführt worden, aber weder abgeschlossen (auch nicht ein Bauabschnitt), abgerechnet noch bezahlt sein (so jedenfalls SenFin. Berlin, Erlass v. 20.11.2012 - III B - S 2211 - 2/2005 - 2, für Baumaßnahmen innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung).
Anschaffungszeitpunkt beim Kauf eines Gebäudegrundstücks
Anschaffungszeitpunkt ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Bei Grundstücksübertragungen geht das wirtschaftliche Eigentum im Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren über, wenn wie üblich das zivilrechtliche Eigentum, d. h. die Eigentumsumschreibung im Grundbuch, zeitlich nachfolgt.
Wird das zivilrechtliche Eigentum ausnahmsweise bereits vor dem Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren übertragen, erfolgt also die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bevor Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren übergehen, geht auch das wirtschaftliche Eigentum bereits im Zeitpunkt des Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums auf den Erwerber über. Der Veräußerer bleibt nach dem Eigentumserwerb des Käufers regelmäßig nicht wirtschaftlicher Eigentümer (BFH Urteil vom 18.05.2006 - III R 25/05).
Gehen Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr an einem bestimmten Tag (z. B. "am 1. Januar" oder "mit Wirkung zum 1. Januar" oder "vom 1. Januar") über, ist i. d. R. dies der Anschaffungstag (BFH Urteil vom 07.11.1991 - IV R 43/90, für die Anschaffung eines Reinvestitionsgrundstücks i. S. d. § 6b EStG).
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