Hälftige Aufteilung von Frei- und Pauschbeträgen bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

Hintergrund: Zurechnungsregelung des § 26a Abs. 2 EStG
Kommt die Einzelveranlagung von Ehegatten zur Anwendung, werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat (§ 26a Abs. 2 Satz 1 EStG). Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden diese Aufwendungen jeweils zur Hälfte abgezogen (§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG).
Bisher stand die Frage im Raum, ob bei entsprechender Antragsstellung auch personenbezogene Frei- und Pauschbeträge jeweils zur Hälfte abgezogen werden können.
BFH-Entscheidung: Abzug des hälftigen Behinderten-Pauschbetrags möglich
Der BFH vertritt – entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis – die Auffassung, dass eine hälftige Übertragung des (im Urteilsfall) Behinderten-Pauschbetrages auf den anderen Ehegatten im Rahmen der Einzelveranlagung zulässig ist, weil § 33b Abs. 1 bis 3 EStG keine gegenüber § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG spezielle Aufteilungsregelung enthält. Zusätzlich ergäbe sich bereits aus dem Wortlaut des § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG „außergewöhnliche Belastungen“, dass auch solche Aufwendungen erfasst werden, die über den Behinderten-Pauschbetrag i.S. des § 33b Abs. 1 EStG abgedeckt werden. Denn unter die außergewöhnlichen Belastungen fielen von Gesetzes wegen auch solche Aufwendungen, die – unter näher bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen – ohne Einzelnachweis als Pauschbeträge geltend gemacht werden könnten (BFH, Urteil v. 20.12.2017, III R 2/17). Die Entscheidung ist im Bundessteuerblatt (BStBl 2018 II S. 468) veröffentlicht und ist demnach in der Praxis zu berücksichtigen.
Anwendung auf weitere Pauschbeträge
Neben dem Behinderten-Pauschbetrag sollten die Grundsätze des BFH auch für den Hinterbliebenen-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 4 EStG) und den Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) gelten.
Kind bezogene Pauschbeträge
Dagegen enthält § 33b Abs. 5 EStG (Übertragung des Behinderten- und Hinterbliebenen-Pauschbetrags für Kinder) und § 33a Abs. 2 EStG (Ausbildungsfreibetrag) eine spezielle Aufteilungsregelung, welche § 26a Abs. 2 EStG vorgeht. Hier stehen beiden Elternteilen die Pauschbeträge jeweils hälftig zu; auf gemeinsamen Antrag ist aber auch eine andere Aufteilung möglich (z. B. § 33b Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG).
Beispiel 1: Ausbildungsfreibetrag für gemeinsames Kind
Die Ehegatten A und B wählen die Einzelveranlagung mit hälftiger Aufteilung gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG. Für das gemeinsame Kind haben sie einen Anspruch auf einen Ausbildungsfreibetrag.
Die besonderen Aufteilungsregelungen nach § 33a Abs. 2 Sätze 4 und 5 gehen vor. Danach steht der Freibetrag A und B je zur Hälfte zu. Auf gemeinsamen Antrag ist eine abweichende Aufteilung (z. B. 70:30) möglich.
Beispiel 2: Ausbildungsfreibetrag bei Kindschaftsverhältnis (nur) zu einem Ehegatten
Die Ehegatten A und B wählen die Einzelveranlagung mit hälftiger Aufteilung gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG. A hat ein Kind für das er (auch) einen Anspruch auf einen Ausbildungsfreibetrag hat. Mit der leiblichen Mutter des Kindes wählt er übereinstimmend das Aufteilungsverhältnis 70:30.
Nach der besonderen Aufteilungsregel beträgt der Anteil von A (924 EUR x 70% =) 646,80 EUR. Im Rahmen der Einzelveranlagung von A und B finden die besonderen Aufteilungsregelungen aber keine Anwendung, weil B nicht die leibliche Mutter des Kindes ist. Dies hat zur Folge, dass der Anteil des A am Ausbildungsfreibetrag bei der hälftigen Aufteilung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist. Im Steuerbescheid werden bei A und B somit jeweils 323,40 EUR steuermindernd berücksichtigt.
Fazit: Die Beispiele verdeutlichen, dass § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG (bei den Kind bezogenen Pauschbeträgen) nicht zur Anwendung kommt, wenn für die Eltern des Kindes das gemeinsame Veranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG gilt (Sachverhalt aus Beispiel 1).
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