Gleichzeitig hat er die Gelegenheit wahrgenommen in Teilbereichen, ein deutlich einfacheres und damit praxisfreundliches Regelwerk zu schaffen (Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbeteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BStBl 2013 I S. 188).
Dies trifft insbesondere auf die inhaltliche Neuabgrenzung der regelmäßigen Arbeitsstätte als wichtigsten Bestandteil der Reisekostenreform zu, die durch die "erste Tätigkeitsstätte" ersetzt wird. Der neue Arbeitsstättenbegriff ist vorrangig durch die arbeitsrechtliche Festlegung des Arbeitgebers geprägt. Nachfolgend wird zum einen der sich hieraus ergebende Handlungsbedarf hinsichtlich der in den Betrieben und Firmen bestehenden Reisekostenbestimmungen aufgezeigt, zum anderen wird aber auf Gestaltungsspielräume hingewiesen, die das neue Reisekostenrecht ab 2014 dem Arbeitgeber bietet.
Arbeitsrechtliche Festlegung durch den Arbeitgeber
Die Frage, welche Tätigkeit an den in der Berufswelt unterschiedlichen Beschäftigungs- und Einsatzstätten eine berufliche Auswärtstätigkeit begründet, bestimmt sich ab 2014 nicht mehr danach, wo der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte hat. Eine reisekostenrechtliche Auswärtstätigkeit liegt künftig immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird. Mit der begrifflichen Ablösung der regelmäßigen Arbeitsstätte durch die erste Tätigkeitsstätte vollzieht der Gesetzgeber auch eine inhaltliche Neuausrichtung durch Festschreibung geänderter Abgrenzungskriterien. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte wird vorrangig durch den Arbeitgeber im Rahmen von dessen Direktionsrecht bestimmt und dient damit der Vereinheitlichung von arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Reisekostenvergütungen.
Die gesetzliche Definition verlangt folgende Kriterien, damit ein Beschäftigungsort des Arbeitnehmers zur ersten Tätigkeitsstätte wird (§ 9 Abs. 4 EStG). Von der ersten Tätigkeitsstätte ist immer dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung
des Arbeitgebers,
eines verbundenen Unternehmens nach §15 AktG
eines vom Arbeitgebers bestimmten Dritten tätig ist,
der er dauerhaft zugeordnet ist.
Der reisekostenrechtliche Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist damit durch 2 Voraussetzungen gekennzeichnet: Das Vorhandensein einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung und der dauerhaften Zuordnung zu diesem Tätigkeitsort. Wie bisher kann der Arbeitnehmer pro Dienstverhältnis maximal eine erste Tätigkeitsstätte haben. Das Gesetz geht nennt abschließend die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen - arbeitsrechtliches Zuordnungsprinzip - zu einer betrieblichen Einrichtung oder zeitlichen Grenzen (mindestens 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit oder 2 volle Arbeitstage wöchentlich oder arbeitstäglich) der an der betrieblichen Einrichtung zu leistenden arbeitsvertraglichen Arbeitszeit - quantitatives Zuordnungsprinzip -, um eine erste Tätigkeitsstätte zu begründen.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes hat die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte vorrangig nach der arbeitsrechtlichen Zuordnung zu erfolgen. Die zeitliche Abgrenzung ist als subsidiäre Alternative festgelegt, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitgeber keine dienst- bzw. arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte getroffen hat oder diese nicht eindeutig ist. Bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung bestimmt der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechtes, wo der Arbeitnehmer tätig wird. Dieser arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung schließt sich das Steuerrecht an.
Die Bestimmung der erster Tätigkeitsstätte obliegt damit vorrangig dem Arbeitgeber im Rahmen dessen Direktionsrechts. Er hat es damit in der Hand, entsprechend seiner betrieblichen Bedürfnisse und der steuerlich gebotenen Möglichkeiten jedem Mitarbeiter diejenige erste Tätigkeitsstätte zuzuordnen, die diesen Anforderungen am besten Rechnung trägt. Die Entscheidung wird dabei aus steuerlicher Sicht häufig nicht nur unter dem Blickwinkel des betrieblichen Reisekostenrechts zu treffen sein, sondern insbesondere bei Firmenwageninhabern auch mit Rücksicht auf eine günstige Dienstwagenbesteuerung (s. dazu das Beispiel im letztem Kapitel).
Wichtig: Grenze der arbeitsrechtlichen Zuordnung Die arbeitsrechtliche Zuordnung findet dort ihre Grenze findet, wo der Arbeitnehmer in der festgelegten Einrichtung des Arbeitgebers keine Arbeiten verrichtet. Die erste Tätigkeitsstätte muss zumindest einen Bezug zu der tatsächlichen Tätigkeit aufweisen. Sofern der Arbeitnehmer in einer vom Arbeitgeber festgelegten Tätigkeitsstätte wenigstens in geringem Umfang seine Arbeitsleistung erbringt, ist dagegen der Zuordnung des Arbeitgebers zu dieser Tätigkeitsstätte zu folgen. Aufgrund des Vorrangs des arbeitsrechtlichen Zuordnungsprinzips sind hierfür auch Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung ausreichend, etwa vorbereitende Außendiensttätigkeiten im Betrieb, Material- bzw. Werkzeugfahrten zum Arbeitgeber oder andere Hilfs- und Nebentätigkeiten wie die Abgabe von Krankmeldungen und Urlaubsanträgen. |
Bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung ist die Abgrenzung anhand einer im Voraus zu treffenden Prognoseentscheidung vorzunehmen, deren Grundlage die dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Festlegungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind. Diese sog. Ex-ante-Betrachtung hat regelmäßig zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen. Deshalb sind auch Zeiträume vor 2014 in die Prüfung der dauerhaften Zuordnung einzubeziehen. Evtl. Änderungen hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber sind auch in anderen Fällen nur mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen.
Beispiel: Änderungen nur für die Zukunft Ein Bankmitarbeiter ist laut dienstlicher Anweisung 3 Tagen in der Woche an der als erste Tätigkeitsstätte festgelegten Hauptstelle A und donnerstags sowie freitags an der Zweigstelle in B beschäftigt. Ab 1.7.2014 legt der Arbeitgeber B als erste Tätigkeitsstätte fest. Bis 30.6.2014 hat der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsrechtlichen Zuordnung seine erste Tätigkeitsstätte an der Hauptstelle A. Ab 1.7.2014 wird die Zweigstelle B zur ersten Tätigkeitsstätte, obgleich die Tätigkeit an der Hauptstelle 3 der 5 Arbeitstage umfasst. Die zeitlichen Grenzen sind im Fall der dienstlichen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte nicht zu prüfen. |
Die arbeitsrechtliche Zuordnung muss eindeutig sein. Der Arbeitgeber hat aus diesem Grund seine Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren. In Betracht kommen hierfür z. B. Regelungen im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in Protokollnotizen, dienstrechtliche Verfügungen, Einsatzpläne, Reisekostenabrechnungen, der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Dienstwagens zu Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte oder vom Arbeitgeber als Nachweis seiner Zuordnungsentscheidung vorgelegte Organigramme. Da bei Firmen-Organigrammen häufig organisatorische Zuordnungen im Vordergrund stehen, können solche Übersichten nicht gegen den Arbeitgeberwillen als Nachweis der arbeitsrechtlichen Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte zugrunde gelegt werden.
Tipp: Arbeitsrechtliche Festlegung vor dem 1.1.2014 Es ist davon auszugehen, dass es in der aktuellen betrieblichen Praxis an einer arbeitsrechtlichen Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte fehlen wird. Nach dem derzeit noch gültigen Reisekostenrecht besteht für eine solche arbeits- bzw. dienstrechtliche Regelung keine praktische Notwendigkeit. Wer also beim neuen Reisekostenrecht auf Nummer sicher gehen möchte, sollte die erforderliche arbeitsrechtliche Festlegung bis zum 1.1.2014 nachholen, um die ansonsten als 2. Alternative gebotene zeitliche Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte zu vermeiden. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte auch der Reisekostenabrechnungsstelle bekannt ist. |
mich würde das Thema günstigere Firmenwagenbesteuerung in Verbindung mit der KFZ Umsatzsteuer interessieren.
Bei mir greift ab Mai die neue Regelung und ich werde dann keine erste Tätigkeitsstätte mehr haben.
Ich muss aktuell die Umsatzsteuer für den PKW tragen.
Diese berechnet sich 19/119* 772 ( 442 Euro 1% Wagenwert + 330 Euro Entfernungspauschale)
und beträgt 123 Euro Netto pro Monat.
Nun zu meiner Frage. Wenn ich keine erste Tätigkeitsstätte mehr habe und somit die 330 Euro entfallen, müsste sich doch auch die Umsatzsteuer verringern. 19/119*442= 70 Euro.
Ist dies korrekt?
Vielen Dank und viele Grüße
auf konkrete Beträge Ihrer Rechnung können wir nicht eingehen, da wir nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes keine Einzelfallberatung vornehmen dürfen.
Vom Grundsatz her gebe ich Ihnen Recht, dass ohne eine erste Tätigkeitsstätte auch keine der Umsatzsteuer unterliegenden Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorliegen können.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Holst, Redaktion haufe.de/steuern
wie ist Ihr letzter Absatz in diesem Artikel zu verstehen?
Wenn der AG keinen Verfpl.Mehraufwand zahlt und die Rechnungen auf den AG ausgestellt sind, entfällt die Kürzung - klar. Aber der AN wird immerhin verpflegt und ist das nicht grundsätzlich steuerpflichtig?!
Könnten Sie Ihre Überlegungen dazu noch etwas ausführlicher beschreiben?
Besten Dank
nach Rücksprache mit dem Autor lautet die Antwort wie folgt:
Die Gewährung unentgeltlicher Mahlzeiten bei Dienstreisen führt ab 1.1.2014 nicht mehr zu einer Besteuerung, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag für die Verpflegung dem Grunde nach Werbungskosten in Form der Verpflegungspauschalen beanspruchen kann. Der Vorteil der unentgeltlichen Verpflegung ist anders als im alten Reisekostenrecht durch eine Kürzung der Verpflegungspauschalen zu korrigieren. Der Gesetzgeber nimmt also im Ergebnis eine Saldierung vor. Deshalb ist beim Verzicht des Arbeitgebers auf die Gewährung von Verpflegungsspesen weder eine Kürzung noch eine Vorteilsbesteuerung im Lohnbüro durchzuführen. Lediglich der Arbeitnehmer hat bei seiner Steuererklärung bzgl. des möglichen Wk-Abzugs die Kürzung zu beachten.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Holst, Redaktion haufe.de/steuern