Im Rahmen der Selbstanzeigeberatung können verschiedene zivilrechtliche Haftungskonstellationen auf den (Steuer-)Berater zukommen. Ganz grundsätzlich gelten die üblichen Sorgfaltsanforderungen an den Berater. Dieser ist gem. § 33 BOStB verpflichtet, stets den sichersten und besten Weg für den Mandanten zu wählen bzw. diesen zu empfehlen.
Rechtliche Grundlagen
Bereits vor Vertragsschluss kann nach den Grundsätze der culpa in contrahende (cic= Verschulden vor Vertragsschluss) bis nach Beendigung des Mandats wegen Verletzung nachvertraglicher Informationspflichten (z.B. nach Mandatsende muss der Berater auf noch laufende unerledigte fristen hinweisen) ein Schadenersatzanspruch entstehen. Der Berater haftet für Erfüllungs- (§ 278 BGB) und Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB). Steuerrechtlich ist stets das Verschulden des Beraters dem Steuerpflichtigen zuzurechnen, so dass Wiedereinsetzungen in den vorigen Stand bei Beraterverschulden oder Büroverschulden etwa bei Fristversäumnissen dem Steuerpflichtigen nicht gewährt wird.
Als Anspruchsgrundlage gegen den Berater kommt (außer dem Sonderfall der cic) in der Regel der Anspruch aus positiver Vertragsverletzung (pVV) i. V. m. dem entgeltlichen Dienstvertrag, der Geschäftsbesorgungscharakter hat (§§ 611, 675 BGB), in Betracht (BGH, Urteil v. 11.5.2006, IX ZR 63/05, ZIP 2006, 2320).
Handelt es sich bei dem Auftrag nur um einen Einzelauftrag, etwa wie bei einem isolierten Gutachten oder nur der einzelnen Erstellung einer Bilanz, oder etwa nur der Erstellung einer wirksamen Selbstanzeige, kann dies auch als Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter (§§ 631, 675 BGB) angesehen werden, bei dem dann die positive Vertragsverletzung bei nicht ordnungsgemäßer fehlerfreier Abwicklung zum Schadenersatz führt. Beim Werkvertrag bestehen jedoch Nachbesserungsrechte und -pflichten. Je nach Fehler in der Selbstanzeige können diese dann aber faktisch ausgeschlossen sein. So kann die unwirksame, weil aufgrund eines Fehlers der Berater unvollständige Selbstanzeige ggf. später mit den richtigen vollständigen Zahlen nicht mehr nachgeholt werden – jedenfalls nach Eintritt eines Sperrwirkungstatbestandes wohl nicht mehr bzw. wenn es sich bei der ersten unvollständigen Selbstanzeige um eine unzulässige Teilselbstanzeige handelt.
Nur mal so gefragt
Am Ende eines Beratungsgesprächs kommt die Frage nur mal so: "Welche Unterlagen brauche ich für eine Selbstanzeige, wenn ich ein Konto in der Schweiz habe?" oder "was kostet eigentlich eine Selbstanzeige bei Ihnen?" oder "wie lange dauert eigentlich so ein Selbstanzeigeverfahren?" oder ähnliche Fragen. Dies sollte den Berater alarmieren und motivieren weiter nachzufragen. Handelt es sich um allgemeine Fragen, also eher neugierige Fragen oder steckt ein echtes Problem dahinter – ist das gar ein versteckter Mandatsantrag? Bei der zweiten Frage könnte diese auf eine Mandatsanbahnung schon abzielen; die erste und dritte Frage sind eher indifferent.
Auch wenn die Frage (angeblich) nur mal so für einen guten Freund oder einen Verwandten gefragt wird, sind das häufig nur Ausflüchte. Der Grenzbereich zwischen beiläufigen Fragen im Gefälligkeitsbereich und geschäftsmäßigen Vertragsanbahnungen ist hier fließend. Der Berater haftet nicht für aus Gefälligkeit unentgeltlich erteilte Ratschläge oder Empfehlungen gemäß § 676 BGB. Dennoch sollte hier der Berater hellhörig werden und zu einem Informationsgespräch einladen und die Situation in den offiziellen geschäftlichen Bereich bringen. Denn die Belehrungspflicht des Beraters ist gefordert, wenn dem Mandanten erkennbar Schäden durch wirtschaftliche, steuerliche oder rechtliche Gefahren drohen.
Der Berater muss zwar nicht nach hypothetischen Schäden suchen – aber die scheinbar belanglose Frage nur mal so oder für einen guten Freund könnte auch aus Scham vorgeschoben sein und der Mandant selbst betroffen sein. Seine Pflicht besteht, wenn konkrete Umstände erkennbar sind, die ihm zeigen, dass dem Mandanten ein Vermögensschaden entstehen kann. Damit wird der Berater aber darauf hinweisen, dass das weitere Beratungsgespräch den Gefälligkeitsbereich verlässt und dies mit Gebühren verbunden ist. Lehnt der Mandant das Gespräch ab, kommt kein geschäftsmäßiger Beratungsvertrag zustande, da das Angebot des Beraters auf Beratung und ggf. Fertigung einer Selbstanzeige vom Mandanten abgelehnt wird.
Auch dem Freund (usw.) gegenüber ist kein Mandat zustande gekommen: Fehlt es an einem Auskunftskontakt, kommt kein Vertrag mit einem unbekannten Dritten zustande. Es fehlt hier schon an dem wesentlichen vertraglichen Gegenleistungsmoment: Wem gegenüber sollte der Berater was abrechnen können? Da die Preisgestaltung aber die Hauptleistungspflicht des Steuerpflichtigen ist, kommt ohne Vereinbarung der Hauptleistungspflicht insoweit auch kein Beratungsvertrag zustande, wenn nicht der Berater ausnahmsweise die Auskunft gegenüber demjenigen erteilen will, den es angeht (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3.A., RN 430; BGHZ 12, 105, 109; OLG Köln MDR 1967, 839). Schließlich kommt auch damit kein Vertrag zugunsten Dritter oder mit Schutzwirkung des (vermeintlichen) Freundes/Familienangehörigen zustande. Denn regelmäßig kommen Schutzpflichten nur dann in Betracht (etwa gegenüber Ehegatten), wenn er mit der Anfertigung der Erklärung auch etwas für und gegen den Ehegatten erklärt (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3.A., RN 443; BGH WM 1985, 1274; OLG Düsseldorf GI 1988, 231).
Telefonische Auskünfte
Ähnlich kritisch ist die Situation des Anrufs: der Mandant möchte nur mal schnell eben eine Auskunft. Auch hier stellt sich die Frage: Gefälligkeit oder Mandat? Geht es um die Abrechnung, wird der Mandant wohl kein Mandat wollen. Ist ein Schaden entstanden, wird der Mandant möglicherweise von den Schutzpflichten eines Mandats ausgehen. Es sollte immer für Klarheit gesorgt werden: Ist das Telefonat wirklich unverbindlich? Ruft der Mandant als Freund oder als Kunde an, gehen sollte generell davon ausgegangen werden, dass man als Fachmann gefragt wird. Das Gespräch sollte in eine professionelle Schiene gebracht werden. Das dient dem eigenen Schutz und dem des Mandanten.
Der BGH entschied, dass auch bei einem kurzen Telefonat ein telefonischer Auskunftsvertrag zustande kommen kann (BGH, Urteil v. 18.12.08, IX ZR 12/05) und dann der Berater für falsche oder unvollständige Informationen haftet. Dies insbesondere dann, wenn der Berater das hohe wirtschaftliche oder rechtliche Interesse (etwa das der Vermeidung der Strafverfolgung bei einer Frage über eine Selbstanzeige) erkennt. Ob der auf verschiedenen Briefbögen zu sehende Haftungsausschluss für telefonische Auskünfte wirksam ist, ist fraglich.