Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags bei Einzelveranlagung
Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden diese Aufwendungen jeweils zur Hälfte abgezogen (§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG).
Finanzverwaltung: Pausch- und Freibeträge nicht aufteilbar
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. hierzu auch OFD Nordrhein-Westfalen v. 16.02.2017 – Kurzinfo ESt 9/2017, Haufe Index I10483102) sind bei entsprechender Antragstellung personenbezogene Frei- und Pauschbeträge nicht in die Aufteilung mit einzubeziehen (anders bei der bis 2011 geltenden getrennten Veranlagung). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 2 EStG handele es sich um "Aufwendungen". Pausch- und Freibeträge seien keine Aufwendungen und blieben daher bei der Zurechnung außer Betracht
Dementsprechend werden im Rahmen der Einzelveranlagungen der Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 1 EStG), der Hinterbliebenen-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 4 EStG) und der Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) demjenigen Steuerpflichtigen in voller Höhe zugerechnet, der die Abzugsvoraussetzungen in seiner Person erfüllt (die Behinderten- und Hinterbliebenen-Pauschbeträge für Kinder sowie Freibeträge zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, werden dagegen den Kindeseltern hälftig zugeordnet, soweit keine anderer Regelung greift.
Beispiel zur Einzelveranlagung
Die Ehegatten A und B beantragen für 2016 die Einzelveranlagung von Ehegatten. A steht aufgrund einem Grad der Behinderung von 80 % ein Pauschbetrag i. H. v. 1.060 EUR zu. In Zeile 92 des Mantelbogens beantragten die Eheleute übereinstimmend, dass die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen sowie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen je zur Hälfte aufzuteilen sind.
Dem folgte das Finanzamt ohne aber den Behinderten-Pauschbetrag hälftig aufzuteilen, weil der Betrag keine Aufwendungen darstelle und an persönliche Voraussetzungen gekoppelt sei, welche nur A erfülle.
Praxis-Tipp: FG Thüringen ist anderer Auffassung
Das FG Thüringen ist hierzu erfreulicherweise anderer Auffassung (Urteil v. 01.12.2016, 1 K 221/16) und lässt eine hälftige Übertragung auf den anderen Ehegatten im Rahmen der Ein-zelveranlagung zu. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, mit der Neufassung des § 26a EStG und der damit verbundenen "Systemumstellung" von der getrennten zu der Einzelveranlagung von Ehegatten (ab 2012) eine Aufteilung außergewöhnlicher Belastungen auszuschließen.
Eine Aufteilung von außergewöhnlichen Belastungen sei grundsätzlich möglich. Zwar sei der Hinweis in § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Behinderten-Pauschbetrag in § 33b EStG entfallen. Dies führe aber zu keiner materiellen Gesetzesänderung. Denn unter die außergewöhnlichen Belastungen fielen von Gesetzes wegen auch solche Aufwendungen, die – unter näher bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen – ohne Einzelnachweis als Pauschbeträge geltend gemacht werden könnten. Es sei nicht erkennbar, dass im Gesetzgebungsverfahren zu dieser Frage Überlegungen angestellt worden seien.
Nach dem Vorschlag des Bundesrates sollte lediglich die bisherige Möglichkeit der freien "steueroptimalen Zuordnung" bestimmter Kosten bei der Einzelveranlagung von Ehegatten entfallen. Der Behinderten-Pauschbetrag gem. § 33b EStG pauschaliere gesetzlich vorausgesetzten Aufwand nach § 33 EStG. Auch der Verweis in § 26a Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG auf das "wirtschaftliche Tragen" von Aufwendungen soll einer Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrages nicht entgegenstehen.
Revisionsverfahren anhängig
Gegen die Entscheidung des FG Thüringen läuft ein Revisionsverfahren vor dem BFH, welches es abzuwarten gilt. Vergleichbare Fälle sollten offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat (Az. III R 2/17). Einsprüche ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 EStG. Eine Verfahrensruhe sollte auch für die übrigen personenbezogenen Frei- und Pauschbeträge in Betracht kommen.
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