Unterbrechung der Zahlungen bei Betriebsübergabe gegen Versorgungsleistungen

Spezialgesetzliche Regelung
Werden auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung z. B. eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt, stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar. Diese Leistungen sind spezialgesetzlich beim Leistenden den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 1, Satz 2 Buchst. b EStG) und beim Empfänger den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 1a EStG) zugeordnet.
Bei einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen behält sich der Übergeber in Gestalt der wiederkehrenden Leistungen Erträge des mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge übertragenen Vermögens vor. Dementsprechend stellt sich der Vorgang – aus "spezifisch steuerrechtlicher Sicht" – als unentgeltlich i.S.v. § 6 Abs. 3 EStG dar, obwohl die wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich die Voraussetzungen von Anschaffungskosten erfüllen. Die Übertragung der betrieblichen Sachgesamtheit vollzieht sich daher zu Buchwerten.
Beispiel: Übertragung eines Gewerbebetriebs gegen Versorgungsleistungen
Der damals 70 Jahre alte A hat seinen Bäckereibetrieb Anfang 2014 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit allen Aktiva und Passiva auf seinen Sohn S übertragen. Dieser verpflichtete sich, seinem Vater für dessen teilweisen Unterhalt bis zum Lebensende einen monatlichen Betrag von 1.000 EUR zu zahlen. In seinen Einkommensteuererklärungen 2014 bis 2016 machte S die Geldleistungen von 12.000 EUR als Sonderausgaben in Gestalt von Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 1, Satz 2 Buchst. b EStG steuerlich geltend.
Im Jahr 2017 bis einschließlich Juli 2018 setzte S mit den Zahlungen wegen der schlechteren Ertragslage des Bäckereibetriebs mit den Zahlungen aus, obwohl die Nettogewinne des Bäckereibetriebs auch während dieser Zeit die Versorgungsleistungen überstiegen. Ab August 2018 hat S die Zahlungen wieder aufgenommen.
Übertragung einer betrieblichen Sachgesamtheit gegen Versorgungsleistungen ist prinzipiell gestaltungssicher
Die Übertragung einer betrieblichen Sachgesamtheit gegen Versorgungsleistungen ist prinzipiell gestaltungssicher. Es muss aber darauf geachtet werden, dass die Versorgungsleistungen wie vereinbart erbracht werden (s. BMF, Schreiben v. 11.3.2010, Haufe Index 2311334).
Welche Folgen hat die längerfristige vollständige Aussetzung der Versorgungsleistungen?
Werden die auf der Grundlage eines Vermögensübergabevertrags geschuldeten Versorgungsleistungen "willkürlich" ausgesetzt, sodass die Versorgung des Übergebers gefährdet ist, sind die weiteren Zahlungen nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 15.9.2010, X R 13/09, HI2548941) auch nach Wiederaufnahme der ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht als Sonderausgaben abziehbar.
Das gravierende vertragswidrige Verhalten während eines längeren Zeitraums (im Beispiel 17 Monate) zeigt nach Ansicht des BFH den fehlenden Rechtsbindungswillen der Parteien, der zur künftigen Nichtanerkennung des Vertrags führt. Nach einer Phase schwerwiegender Abweichung vom Vereinbarten kommt eine Rückkehr zum vertragsgerechten Verhalten nicht in Betracht.
Obwohl der Übernehmer S ab 1.8.2018 die vereinbarten Versorgungsleistungen wieder vertragsgemäß erbringt, sind diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abziehbar. Andererseits hat der Vermögensübergeber A, der über einen längeren Zeitraum von 17 Monaten vertragswidrig keine Versorgungsleistungen erhalten hat, trotz Wiederaufnahme der Zahlungen ab 1.8.2018 keine sonstigen Einkünfte zu versteuern. Die später wieder aufgenommenen Zahlungen sind als Unterhaltsleistungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG zu qualifizieren.
Schriftliche Rentenanpassung ratsam
Der BFH hat klargestellt, dass ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG zwar auch dann möglich ist, wenn einzelne Zahlungen in wirtschaftlich schwieriger Situation des übergebenen Betriebs nicht erbracht werden. In seiner Entscheidung hat er zugleich darauf hingewiesen, dass nachträgliche Beschränkungen der Versorgungsleistungen zivilrechtlich nicht formbedürftig sind. Angesichts der Tatsache, dass bei Abweichungen vom Vereinbarten jedoch geprüft werden muss, ob dies durch eine Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt oder willkürlich ist, fordert der BFH, dass künftig nachträgliche Einschränkungen der Rentenverpflichtung schriftlich belegt werden müssen. Mündliche oder konkludente Vereinbarungen können steuerlich nicht berücksichtigt werden. In einschlägigen Fällen sollte unter konkreter Berücksichtigung der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse durch ausdrückliche, schriftlich fixierte Vereinbarung die Rente an die veränderten Verhältnisse angepasst werden.
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