Erste Hilfe und Rettung auf Baustellen im Ausland

Baustellen im Ausland, fernab urbaner Zentren mit lokaler Flora und Fauna, bergen besondere Gefahren, die in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden müssen. Das Unfallrisiko auf internationalen Baustellen in abgelegenen Regionen wird häufig unterschätzt und es existiert oft nicht die notwendige Erste Hilfe und Rettung durch ausgebaute oder vorhandene Rettungsketten.

Internationale Unterschiede in der Erste-Hilfe-Kultur erschweren den Umgang mit Notfällen. Während in vielen Ländern wie Deutschland eine Hilfeleistungspflicht besteht, gibt es Regionen, in denen Ersthelfer für ihre Hilfe sogar haftbar gemacht werden können. Die medizinische Versorgung nach europäischem Standard ist in vielen Ländern nicht gewährleistet, was stets improvisiertes Handeln durch Laien bedeutet. Sprachbarrieren und fehlende Notfallinfrastruktur erschweren eine notwendige Rettung zusätzlich.

Bedingungen und Realitäten im Ausland

Mögliche kritische Situationen:

  • Keine oder leere Verbandskasten vorhanden
  • Keine betrieblichen Ersthelfer vorhanden, bekannt oder geschult
  • Keine ineinandergreifende Rettungskette
  • Kein ausgebauter öffentlicher oder nur mangelhafter, Rettungsdienst
  • Rettungswagen ohne Notfallmedikamente, lebensrettende Ausrüstung kaum oder nicht vorhanden
  • Krankenhäuser weit weg und mangelhaft ausgestattet
  • Vorauszahlung vor Erhalt medizinischer Behandlung

Rettungskette

Die Rettungskette umfasst die Schritte der Ersten Hilfe bis zur Übergabe an professionelle Rettungskräfte. Diese sollte auch auf Auslandsbaustellen sichergestellt werden. Fehlende Notfallausrüstung, unzureichend geschulte Ersthelfer oder unzuverlässige Rettungsdienste sind schwerwiegende Warnsignale, die nicht nur die Reise zum Projekteinsatz in Frage stellen können. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen vor Ort entscheidend, um den Einsatz überhaupt sicher zu beginnen.

Örtliche Gegebenheiten analysieren

Vor einem Auslandseinsatz ist eine umfassende Analyse der örtlichen Gegebenheiten unerlässlich, um Risiken zu minimieren. Unterschiedliche rechtliche, kulturelle und soziale Rahmenbedingungen sowie fehlende oder mangelhafte medizinische Infrastruktur und Arbeitsschutz müssen dabei berücksichtigt werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, Sicherheitsstandards auch im Ausland sicherzustellen. Fachkundige Beratung, z. B. durch Betriebsärzte oder externe Experten, ist hierbei wichtig, um z. B. die Rettungskette zu etablieren und geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu entwickeln. Eine rechtzeitige Planung und Abstimmung auf Basis der lokalen Gegebenheiten sind entscheidend.

Wichtige Aspekte der Analyse

Folgende Aspekte sollten Sie durch Expertise herausfinden und mit wirksamen Maßnahmen hinterlegen:

1) Rechtliche und soziale Unterschiede zum Herkunftsland:

  • niedrigeres Schutzniveau
  • höheres Schutzniveau
  • andere Zuständigkeiten

2) Soziale und kulturelle Besonderheiten (mit Einfluss auf Rettung/Erste Hilfe, Grundrechte, Arbeitsschutzverhalten insgesamt):

  • Religion
  • Ethnien
  • Staatsform
  • u. a.

3) Zusätzliche/andere Gefährdungen (mit Einfluss auf Rettung/Erste Hilfe u. a.)

  • Straßen-/Baustellenverkehr
  • Kriminalität/Unruhen/Kriege/Terroranschläge
  • Erschwerte Kommunikation durch Sprachbarrieren
  • Ungewohnte Arbeits-(platz)-Verhältnisse
  • Ungewohnte Arbeitsorganisation/Arbeitszeiten
  • Arbeitsfreie Zeit (Aufenthalt, Aktivitäten, Transfers)
  • Ungeeignete Kleidung, fehlende/ungeeignete PSA
  • Hygienestandards/ Ernährungsgewohnheiten
  • Klima, Wetter, Flora und Fauna

4) Durchführung lokaler Transporte der Mitarbeiter

  • Flughafen zur Unterkunft
  • Unterkunft zum Arbeitsplatz
  • Täglich notwendige Fahrten vor Ort

5) Übernachtungssituation

6) Verpflegung

7) Erste Hilfe vor Ort:

  • Meldeeinrichtungen
  • Erste-Hilfe-Räume
  • Erste-Hilfe-Material
  • Lokaler Rettungsdienst
  • Anfahrzeiten
  • Ausstattung
  • Qualifikation
  • u. a.

8) Krankenhäuser:

  • Entfernung
  • Erreichbarkeit (geeignete Transportwege)
  • Ausstattung
  • Qualifikation
  • Kommunikation (Sprache)
  • Kostenübernahmen
  • u. a.

9) Notfallevakuierung (Einsatzort, Unterkunft u. a.)

Standard für Travel Risk Management

Die ISO 31030 für Travel Risk Management (TRM) ist ein internationaler Standard, der in vielen Unternehmen wenig bekannt ist. Dieser Leitfaden unterstützt beim Thema Erste Hilfe und Rettung, indem er systematisch auf die Risikobewertung und Planung für Notfallsituationen eingeht. Er hilft Unternehmen, potenzielle Gefahren am Einsatzort zu erkennen, z. B. durch die Analyse der Verfügbarkeit medizinischer Versorgung und Rettungsdienste. Auf Basis dieser Erkenntnisse können entsprechende Maßnahmen, z. B. die Bereitstellung von Notfallausrüstung, die Schulung von Ersthelfern und die Einrichtung einer effektiven Rettungskette, geplant werden. Zudem erleichtert er die Vorbereitung von Mitarbeitenden, z. B. durch Notfallkontakte und klare Handlungsanweisungen.

Wenn Sie selbst kein geeignetes lokales Personal vor Ort haben, gibt es Dienstleister, die die Situation vor Ort genau analysieren und passende Konzepte ausarbeiten und für Sie umsetzen.

Fazit

Eine gründliche Planung und ausreichende Vorsorge sind lebenswichtig. Unternehmen, die an Sicherheitsmaßnahmen wie der Esten Hilfe sparen, riskieren das Leben ihrer Mitarbeiter. Projekte im Ausland sollten nur unter Einhaltung hoher Gesundheits- und Arbeitsschutzstandards durchgeführt werden.

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Schlagworte zum Thema:  Arbeitsschutz, Ausland