Viele Lageberichte sind lieblos abgefasst und wenig informativ. Dabei wird nicht bedacht, dass der Jahresabschluss ganz besondere Leser hat. Eigentümer, Banken oder Lieferanten sind wichtig für das Unternehmen. Der Lagebericht stellt eine einzigartige Möglichkeit dar, Inhalte direkt an vorgegebene Zielgruppen zu transportieren, also Marketing für das Unternehmen und für die Unternehmensführung zu betreiben.
Erstellung des Lageberichts: Pflicht oder Kür? - Gesetzliche Vorschriften
Grundsätzlich müssen kleine Gesellschaften keinen Lagebericht erstellen. Dabei ermittelt sich die Einordnung in die Gruppe der kleinen, mittleren und großen Gesellschaften nach der folgenden Tabelle:
Es gelten die folgenden Grenzen für Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Mitarbeiterzahl (nach BilRUG):
Kleine Gesellschaft | Mittlere Gesellschaft | Große Gesellschaft | |
Bilanzsumme | bis 6.000.000 EUR | bis 20.000.000 EUR | über 20.000.000 EUR |
Umsatzerlöse | bis 12.000.000 EUR | bis 40.000.000 EUR | über 40.000.000 EUR |
Mitarbeiterzahl | bis 50 | bis 250 | größer 250 |
Wenn 2 von den jeweils 3 Parametern erfüllt sind, gehört die Gesellschaft in die entsprechende Größenklasse. Geschäftsführer mittlerer und großer Gesellschaften sind verpflichtet, den Lagebericht im Rahmen des Jahresabschlusses zu erstellen.
Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften müssen nach § 289 HGB einen Lagebericht aufstellen. Andere Unternehmen sind durch Kreditverträge oder Gesellschafterbeschlüsse dazu verpflichtet. Aufbau und Inhalt des Lageberichts ergeben sich aus dem DRS 20, zumindest für Konzerngesellschaften. Wird der Abschluss testiert, wird der Wirtschaftsprüfer auch für nicht Konzerngesellschaften diesen Standard berücksichtigen.
Praxis-Hinweis: Erläutern der Werte und Entwicklungen Viele Lageberichte wiederholen zu den einzelnen Themen einfach die Zahlen aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Das ist nicht gewollt. Die Zahlen kann der Leser den Tabellen selbst entnehmen. Im Lagebericht geht es um Erläuterungen der Werte und Entwicklungen durch die Geschäftsleitung. |
Inhalt und Grundsätze
Inhaltlich legt der Standard fest, dass das Geschäftsmodell mit den Zielen und Strategien des Unternehmens beschrieben wird. Der Beschreibung des Steuerungssystems und der Entwicklungsaktivitäten folgt der Wirtschaftsbericht. Dieser gibt Auskunft über den Geschäftsverlauf, die Lage des Unternehmens bezüglich Ertrag, Finanzen und Vermögen. Besonderen Wert hat der Prognosebericht, ergänzt um den Risiko- und Chancenbericht, weil er von der vergangenheitsbezogenen Darstellung des Jahresabschlusses den Bogen in die Zukunft schlägt.
Die im DRS genannten Themen eignen sich hervorragend zur Darstellung mehr oder weniger detaillierter Inhalte. Hier setzt der Marketinggesichtspunkt an. In den einzelnen Kapiteln können, neben den notwendigen grundsätzlichen Informationen, auch die Inhalte angesprochen werden, die der Unternehmensführung wichtig sind. Sie erklären wesentliche Zahlen, weisen auf Erfolge hin und beschreiben die Aktivitäten in dem Licht, in dem sie gesehen werden sollen.
Regeln zur Aufstellung des Lageberichts
Dabei gilt es, die Regeln für die Aufstellung des Lageberichts aus den DRS zu berücksichtigen. Verlangt werden:
- Vollständigkeit des Berichts,
- Verlässlichkeit und Ausgewogenheit,
- Klarheit und Übersichtlichkeit,
- Wesentlichkeit.
Das sind alles Punkte, die in einem typischen Marketingtext nicht immer zu finden sind. Hier muss der Verfasser des Lageberichts die berechtigten Forderungen nach einer objektiven Information mit den subjektiv gezeichneten Inhalten von Marketingtexten in Übereinstimmung bringen. Der Aufwand lohnt sich.
Aufgaben ändern sich
Traditionell gibt der Lagebericht gemeinsam mit den Zahlen der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz einen Überblick über die aktuelle Lage der Gesellschaft, über Chancen und Risiken aus dem Geschäft und über die Planungen der verantwortlichen Manager. Je nachdem, wer den Bericht liest, werden die Inhalte aus anderem Blickwinkel gesehen.
Aktionäre müssen sich oft mit dem Lagebericht als einzige Quelle begnügen
Der Anteilseigener am Unternehmen, der Gesellschafter oder der Aktionär erhält gerade in kleinen und mittleren Unternehmen wesentlich mehr Informationen. Aktionäre in großen Konzernen müssen sich oft mit den Angaben im Lagebericht begnügen, entsprechend ausführlich sind diese für die Aktiengesellschaft dann auch. Banken verfügen über wesentlich bessere und detailliertere Branchen- und Umfelddaten als das Unternehmen. Als Kreditgeber haben sie auch wesentlich umfangreichere Informationspflichten in den Verträgen verankert. Sie verwenden die Lageberichte ihrer Kunden für einen Abgleich der individuellen Situation mit ihrer eigenen Bewertung.
Lieferanten, Kunden und Mitarbeiter sind auf den Lagebericht angewiesen
Alle anderen Leser wie Lieferanten, Kunden oder Mitarbeiter, sind mehr oder weniger auf den Lagebericht angewiesen. Weitergehende Informationen zum Unternehmen sind nur selten und zielgerichtet zu bekommen. Hier wirkt die Informationsaufgabe des Lageberichtes noch besonders. Durch die Nutzung des Lageberichtes als Marketinginstrument verändert sich die Aufgabe des Lageberichts. Die Pflicht zur Erfüllung rechtlicher Vorgaben bleibt selbstverständlich bestehen. Die Informationsaufgabe wandelt sich durch die zielgerichtete Ausrichtung der Inhalte im Lagebericht. Es soll etwas bewirkt werden. Die Beurteilung des Unternehmens und dessen Management wird beeinflusst.