Zuordnung von Vermögenswerten


Zuordnung von Vermögenswerten

Ausgangspunkt der Zuordnung von Vermögenswerten, Chancen und Risiken und des Dotationskapitals sind nach § 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 AStG die Personalfunktionen der Betriebsstätte. Im zweiten Teil erläutern wir die Schlagworte der Personalfunktion, die Zuordnung von Vermögenswerten und Geschäftsvorfällen und anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte.

Eine Personalfunktion ist laut § 2 Abs. 3 BsGaV eine Geschäftstätigkeit, wie beispielsweise die Nutzung, Anschaffung, Herstellung, Verwaltung oder Veräußerung eines Wirtschaftsguts, die von „eigenem“ Personal des Unternehmens für das Unternehmen ausgeübt wird. Als „eigenes Personal“ gelten dabei natürliche Personen mit arbeitsvertraglicher oder gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung, sowie dem Unternehmen vertraglich überlassenes fremdes Personal. Personalfunktionen sind nach § 4 Abs. 1 BsGaV der Betriebsstätte zuzuordnen, in der sie durch die handelnden Personen tatsächlich ausgeübt werden, es sei denn, sie werden dort nur kurzfristig, d.h. weniger als 30 Tage innerhalb eines Wirtschaftsjahres ausgeübt oder haben keinen sachlichen Bezug zur Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte. Wann eine Personalfunktion „maßgeblich“ ist, steht dabei in Abhängigkeit von der Art des zuzuordnenden Vermögenswertes.

Zuordnungsregeln nach der BsGaV

In den §§ 4 bis 15 BsGaV werden Zuordnungsregeln für die einzelnen Bestandteile der Hilfs- und Nebenrechnung konkretisiert. Für die Zuordnung von Vermögenswerten und Geschäftsvorfällen stellt die Finanzverwaltung auf zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen – die nutzungsbezogene Zuordnung und die risiko- oder entscheidungsbezogene Zuordnung – ab.

Nutzungsbezogene Zuordnung

Eine nutzungsbezogene Zuordnung sieht die Verordnung vor allem bei materiellen Wirtschaftsgütern (§ 5 BsGaV) sowie bei Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnlichen Vermögenswerten (§ 7 BsGaV) vor. Wird ein materielles Wirtschaftsgut von mehreren Betriebsstätten genutzt, erfolgt die Zuordnung bei der Betriebsstätte, in der die Nutzung überwiegend erfolgt. An die restlichen Betriebsstätten erfolgt dann eine „Nutzungsüberlassung“ gemäß § 16 BsGaV durch die überwiegend nutzende Betriebsstätte. Ändert sich die Nutzung eines Wirtschaftsguts so deutlich, dass die „überwiegende Nutzung“ auf eine andere Betriebsstätte übergeht, kommt es zu einer „Veräußerung“ des Wirtschaftsguts und damit zur Auflösung und Besteuerung der stillen Reserven. In Bezug auf Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnliche Vermögenswerte ist entscheidendes Zuordnungskriterium, dass ein funktionaler Zusammenhang zur Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte bestehen muss.

Risiko- und entscheidungsbezogene Zuordnung bei immateriellen Wirtschaftsgütern

Bei allen anderen Vermögenswerten und damit insbesondere bei immateriellen Wirtschaftsgütern erfolgt die Zuordnung risiko- bzw. entscheidungsbezogen. Entscheidend für die Zugehörigkeit zu Betriebsstätte oder Stammhaus ist prinzipiell die Zuordnung zu der Personalfunktion, die für die Anschaffung bzw. Schaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts (§ 6 BsGaV), die Entscheidung zur Übernahme eines Risikos (§ 9 BsGaV) oder den Abschluss eines Geschäftsvorfalls (§ 11 BsGaV) mit fremden Dritten verantwortlich ist. Im Falle von Geschäftsvorfällen wird auf dieser Ebene somit die Zuordnung von „echten“ Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erreicht. Bei Anwendung beider Methoden erlaubt die Verordnung als Ausnahme im Einzelfall eine alternative Zuordnung, falls eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist und die Alternative den erläuterten Grundsätzen nicht widerspricht. Weitere Ausführungen, wie ein für eine solche Abweichung notwendiger Nachweis zu führen wäre, unterbleiben allerdings.

Passivseite der Bilanz

Auf der Passivseite der Bilanz unterscheidet die BsGaV bei der Aufteilung des Eigenkapitals sowie übriger Passiva und Finanzierungsaufwendungen zwischen inländischen und ausländischen Betriebsstätten. Für inländische Betriebsstätte soll hier die Kapitalaufteilungsmethode – also eine anteilige Aufteilung des Kapitals nach dem Verhältnis der Vermögenswerte gegenüber dem übrigen Unternehmen – greifen, für ausländische Betriebsstätten die Mindestkapitalausstattungsmethode – also eine Zuteilung von Dotationskapital zur Betriebsstätte nur insoweit, als es aus betriebswirtschaftlicher Sicht erforderlich ist. Die Beweislast trägt hier das Unternehmen.

Interne Lieferungen und Leistungen

Der Begriff der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung stellt auf Geschäftsvorfälle zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ab, die ein fremder Dritter durch einen schuldrechtlichen Vertrag geregelt hätte. Solche internen Lieferungen und Leistungen müssen zukünftig zu fremdüblichen Preisen bewertet werden und führen zu fiktiven Betriebseinnahmen und Ausgaben, die in der Hilfs- und Nebenrechnung erfasst werden müssen. In der zugehörigen Begründung führt das BMF beispielhaft die folgenden Geschäftsvorfälle an. Die Ausübung einer unterstützenden Personalfunktion für eine andere Betriebsstätte oder das Stammhaus soll demnach eine „Dienstleistung“ für diese darstellen. Die Nutzung eines Vermögenswertes, der einer anderen Betriebsstätte zugeordnet ist, soll eine „Nutzungsüberlassung“ bewirken. Ändert sich aufgrund veränderter Personalfunktion die Zuordnung eines Vermögenswertes, führt dies zu einer „Veräußerung“ oder „Übertragung“ des Vermögenswertes. Schließlich wird auch durch die Überführung von Warenbeständen des Umlaufvermögens an eine andere Betriebsstätte der Tatbestand der „Veräußerung“ erfüllt. In all diesen Fällen müssen somit fiktive Betriebseinnahmen und -ausgaben anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt werden, die in der Hilfs- und Nebenrechnung zu erfassen sind.

Aufzeichnungspflichten

Für Aufzeichnungspflichten verweist die Begründung auf die Dokumentationspflichten für Beziehungen mit nahestehenden Personen gemäß §  90 Abs. 3 AO. In der Praxis kann diese Dokumentationspflicht durch den Abschluss eines Quasi-Vertrags oder eines „Memorandum of Understanding“ erfüllt werden.

Nutzung von Finanzmitteln

Abschließend wird in Absatz 3 klargestellt, dass die reine Nutzung von Finanzmitteln des übrigen Unternehmens nicht zu einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG führt. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Betriebsstätte eine Finanzierungsfunktion im Sinne des § 17 BsGaV einnimmt, d.h. wenn der Zweck der Betriebsstätte die Liquiditätssteuerung des Gesamtunternehmens ist.