„Zählprotokoll“ bei offener Ladenkasse nicht erforderlich
Protokoll über das Auszählen einer offenen Ladenkasse 2017
In einem Urteil zur Zulässigkeit des sog. Zeitreihenvergleichs hatte der BFH in seinen Entscheidungsgründen u.a. ausgeführt, dass das Fehlen einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung in seinen Auswirkungen auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung dem Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse gleichstehe. In beiden Fällen lasse der formelle Mangel zwar keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu. Gleichwohl gebe es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen (s. Rz. 27 des BFH-Urteils v. 25.3.2015, X R 20/13).
Hinzuschätzung wegen nicht ordnungsmäßiger Kassenführung
Im Anschluss an eine Außen- und Fahndungsprüfung nahm das Finanzamt im Streitfall erhebliche Hinzuschätzungen bei der Klägerin/Beschwerdeführerin vor. Die Hinzuschätzungen begründete das Finanzamt mit einer nicht ordnungsmäßiger Kassenführung, insbesondere dem weitestgehenden Fehlen von Grundaufzeichnungen sowie der fehlenden Aufzeichnung von Kassenbeständen. Das angerufene Finanzgericht setzte die Hinzuschätzungen zwar herab, wies die Klage im Übrigen jedoch ab. Mit ihrer Beschwerde beim BFH begehrte die Klägerin/Beschwerdeführerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängeln.
Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung erfordert einen täglichen Kassenbericht
Der BFH hat im Streitfall das angefochtene Finanzgerichtsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Für das Verfahren im zweiten Rechtsgang weist der BFH u.a. darauf hin, dass die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung bei Bareinnahmen, die ähnlich einer offenen Ladenkasse erfasst werden, einen täglichen Kassenbericht erfordert (vgl. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO und BFH v. 13.3.2013, X B 16/12, Rz 9). Dieser müsse auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden sein.
Ein „Zählprotokoll“ ist bei offenen Ladenkassen nicht erforderlich
Soweit die in Rz. 27 des BFH-Urteils v. 25.3.2015 gewählte Formulierung in der Praxis teilweise dahingehend missverstanden wird, dass über den Kassenbericht hinaus ein "Zählprotokoll" gefordert wird, in dem die genaue Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und -münzen aufgelistet werde, stellt der BFH nun klar, dass die dortige Formulierung – die im Übrigen den Begriff "Zählprotokoll" nicht enthält – nicht als Neuorientierung der Rechtsprechung angesehen werden könne. Erforderlich, aber auch ausreichend sei ein Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens erstellt worden ist.
BFH, Beschluss v. 16.12.2016, X B 41/16.
Praxishinweis: Stückzahl von Münzen und Geldscheinen muss nicht dokumentiert werden
Der BFH stellt damit eine Aussage richtig, die teilweise missverstanden wurde. So führt z.B. die OFD Karlsruhe in einem Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung v. 31.10.2016 aus, dass beim Einsatz von offenen Ladenkassen „die Ermittlung des Geldbestandes am Ende des Tages durch ein sog. Zählprotokoll nachgewiesen werden sollte“. Mit dem nun veröffentlichten Beschluss weist der BFH darauf hin, dass die Stückzahl der einzelnen Münzen und Geldscheine nicht gesondert protokolliert werden muss.
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