Abzinsung von Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen eines Deponiebetreibers
Praxis-Hinweis: Frage des Abzinsungszeitraums nach wie vor offen
Die Entscheidung betrifft die Abzinsung einer Rückstellung für die Nachsorgekosten durch den Nutzer einer Deponie. Letzte Klarheit schafft die Entscheidung dabei nicht, denn in seinem Urteil hat sich der BFH im Wesentlichen darauf beschränkt, der Vorinstanz vorzuhalten, welche handwerklichen Fehler dieser unterlaufen sind. Auf die eigentlich strittige Frage, ob die Abzinsung der Rückstellung für eine Nachsorgeverpflichtung ein oder zwei Phasen zu berücksichtigen ist, geht der BFH nur am Rande ein.
Der BFH wirft dem Finanzgericht vor, es sei seiner Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung nicht angemessen nachgekommen.
So habe er nicht geklärt,
- auf welcher gesetzlichen Grundlage die Nachsorgeverpflichtung beruhe und
- auch nicht, ob in den Rückstellungen Investitionskosten vorhanden waren, die unter das steuerliche Passivierungsverbot nach § 5 Abs.4b EStG fallen.
Hierbei trifft der BFH diese Aussage:
Für die Anwendung dieser Norm kommt es nicht darauf an, dass die Investitionskosten zu keinen Erträgen mehr führen können.
Diese Aussage, mit der sich der BFH wohl gegen die herrschende, im Urteil zitierte Ansicht in der Literatur stellt, ist letztlich das, was es für die Praxis zu beachten gilt. Wie das FG Münster in seiner nächsten Entscheidung urteilt, bleibt abzuwarten. Zunächst muss es seine ihm vom BFH auferlegten Hausaufgaben machen. Auch ein erneutes Verfahren vor dem BFH erscheint durchaus nicht unwahrscheinlich, da die Frage des Abzinsungszeitraums nach wie vor offen ist.
Der Betriebsprüfer zinste jede einzelne Rückstellung ab
Klägerin war eine GmbH, die Abfalldeponien für Kommunen betrieb. Für die Nachsorgeverpflichtungen hinsichtlich dreier Deponien stellte die Klägerin in dem Zeitraum 2001 bis 2005 aufgrund von Gutachten Beträge zurück. Diese Rückstellungen wurden in der Steuerbilanz der Gesellschaft über einen Zeitraum abgezinst.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung waren verschiedene Aspekte der Rückstellungsbildung streitig. Insbesondere vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass jede der drei gebuchten Rückstellungen gesondert abgezinst und genauer differenziert werden muss.
Hierbei sei es unter Anwendung eines Schreibens des BMF erforderlich, die zurückgestellten Aufwendungen in zwei Phasen zu unterteilen:
- Die Stilllegungungsphase bis zum Ende der Abdichtung der Deponie und
- die Nachsorgephase, die mit dem Ende des Nachsorgezeitraums endet.
Auf der Grundlage dieser Vorgaben berechnete die Finanzverwaltung die Rückstellungen neu und erhöhte dementsprechend den Gewinn. Gegen die geänderten Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Diese hatten nur teilweise Erfolg. Auf die Klage der GmbH hin wurde die Entscheidung des Finanzamts aufgehoben, allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen und auch eingelegt.
Begründung: Rechtliche Grundlage und Vorliegen von Investitionskosten nicht klar
Die Revision des Finanzamts hatte Erfolg, da der BFH die Entscheidung des Finanzgerichts Münster aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hat. Nach § 249 HGB, der auch im Steuerrecht gelte, seien Rückstellungen zu bilden, wenn ungewisse Verbindlichkeiten aufgrund einer Verursachung vor dem Bilanzstichtag bestehen. Zwar sei zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin dem Grunde nach berechtigt sei, eine Rückstellung zu bilden, es fehle aber an einer Feststellung seitens des Finanzgerichts, auf welcher rechtlichen Grundlage die Nachsorgeverpflichtung bestehe. Bereits aus diesem Grunde sei die Entscheidung des Finanzgerichts aufzuheben. Zudem komme hier § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG hinsichtlich der in den Rückstellungen enthaltenen Investitionskosten zur Anwendung.
Nach dieser steuerlichen Sonderregelung sei eine Rückstellung in der Steuerbilanz für Aufwendungen, die in zukünftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes zu aktivieren seien ausgeschlossen. Eine teleologische Reduktion des Wortlauts dahingehend, dass dies nicht gelte, wenn aufgrund der Aufwendungen in der Zukunft keine Erträge zu erwarten seien, greife nicht. Das Finanzgericht habe nicht festgestellt, welche Investitionskosten unter das Rückstellungsverbot fielen. Die Frage der Abzinsung der Rückstellung könne nicht abschließend beurteilt werden. Hinsichtlich der Frage des Abzinsungszeitraums spreche aber Einiges für die Rechtsauffassung des Finanzgerichts, dass von einem einheitlichen Abzinsungszeitraum auszugehen sei, letztlich komme es aber auf den Einzelfall an und könne hier nicht abschließend entschieden werden.
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