HGB Bilanz Kommentar: Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren?

§ 275 HGB regelt die Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). In der sog. Staffelform werden die Aufwendungen und Erträge untereinander positioniert. Zu wählen ist zwischen dem Gesamtkostenverfahren und dem Umsatzkostenverfahren. Unser Beitrag zeigt Ihnen, worin die Unterschiede dieser beiden Varianten bestehen und was bei der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung zu beachten ist.

Wahlrecht zwischen zwei Gliederungsvarianten

Bilanzierungspflichtige können zwischen zwei gleichwertige Gliederungsvarianten zur GuV-Aufstellung wählen: Gesamtkostenverfahren (GKV, in Deutschland üblich) und das Umsatzkostenverfahren (UKV, in angelsächsischen Staaten gängig). Beide Verfahren führen zu demselben Jahresergebnis und unterscheiden sich lediglich im Ausweis der Aufwendungen und Erträge.

Gesamtkostenverfahren oder Umsatzkostenverfahren: Welche Variante ist vorteilhaft?

Der unternehmensindividuell zu treffenden Entscheidung für eine dieser beiden zulässigen Gliederungsformen sind Kriterien wie bspw.

  • die bestehende Produktionspalette
  • die Unternehmensstruktur oder
  • der Aufbau der verfügbaren Kostenrechnung

zugrunde zu legen. Im Fall eines in einen Konzernabschluss einzubeziehenden Tochterunternehmen sollte die GuV-Gliederung jedoch in Anlehnung an die GuV-Gliederung des Mutterunternehmens erfolgen.

Stetigkeitsgebot: Gliederungsvariante ist beizubehalten und nur in Ausnahmefällen zu ändern

Eine einmal getroffene Entscheidung für ein Verfahren ist beizubehalten und darf nur in Ausnahmefällen geändert werden. Eine Änderung erfordert eine Angabe und Begründung im Anhang. Insbesondere die unzulängliche Vergleichbarkeit einer nach dem GKV und einer nach dem UKV gegliederten GuV bedingt es, besonders hohe Anforderungen an die Zulässigkeit eines Gliederungswechsels zu stellen. Als Gründe, die einen solchen Wechsel rechtfertigen können, lassen sich exemplarisch anführen:

  • wesentliche Änderung der Geschäftstätigkeit
  • Neugestaltung der Kostenrechnung
  • veränderte Konzernzugehörigkeit oder
  • Verschmelzung bzw. sonstige Umwandlung nach § 1 UmwG.

Wodurch sich die beiden Gliederungsvarianten unterscheiden

Die zentralen Unterschiede resultieren aus der voneinander abweichenden Aufwandsgliederung und dem Umgang mit den Bestandsveränderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie der aktivierten Eigenleistungen.

Die Ausgangsbasis der Erfolgsermittlung des GKV bilden sämtliche in dem Abrechnungszeitraum angefallenen Aufwendungen. Ihre Darstellung wird nach den wesentlichen Aufwandsarten geordnet. Dabei werden die betrieblichen Aufwendungen in die Kategorien Material- und Personalaufwand, Abschreibungen und sonstige betriebliche Aufwendungen unterteilt und somit der betriebliche Gesamtaufwand in seiner Zusammensetzung aufgezeigt.

Den Ausgangspunkt des UKV bilden die innerhalb der Abrechnungsperiode erzielten Umsatzerlöse, von denen zur Ergebnisermittlung die für den Absatzprozess angefallenen Aufwendungen (Umsatzaufwand) unabhängig von ihrem (ursprünglichen) zeitlichen Anfall in Abzug gebracht werden. D. h., dem effektiven Periodenumsatz werden nicht die gesamten Periodenaufwendungen gegenübergestellt, sondern nur die Aufwendungen, die für die verkauften Produkte angefallen sind, wobei diese auch Herstellkosten enthalten können, die für in vorhergehenden Perioden produzierte, aber nicht abgesetzte Erzeugnisse angefallen sind.

Vergleich Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren

Ein Unternehmen stellt im Geschäftsjahr 01 von einem Produkt 10.000 Stück her. Im Jahr 01 werden hiervon 8.000 Stück zum Preis von je 400 EUR abgesetzt.

In der Finanzbuchhaltung werden erfasst:

 TEUR
Umsatzerlöse3.200
Materialaufwand720
Personalaufwand880
Abschreibungen110
sonstige betriebliche Aufwendungen200

Die Berechnung der Herstellungskosten erfolgt auf Basis von Vollkosten. Zu Beginn des Geschäftsjahres sind keine Lagerbestände vorhanden.

Die im Jahr 01 entstandenen Aufwendungen verteilen sich entsprechend dem unternehmensindividuellen Verteilungsschlüssel wie folgt (Angaben in TEUR):

KostenartAusgangsbetragHerstellungVerwaltungVertrieb

Materialaufwand

720

648

36

36

Personalaufwand

880

748

44

88

Abschreibungen

110

77

11

22

sonstige betriebliche Aufwendungen

200

10

30

160

Summe

1.910

1.483

121

306

Auf Vollkostenbasis ergeben sich somit HK von insg. 1.604 TEUR bzw. 160,40 EUR/Stück.

Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gem. Gesamtkostenverfahren:

Umsatzerlöse3.200.000
Erhöhung des Bestands an fertigen Erzeugnissen+ 320.800
Materialaufwand./. 720.000
Personalaufwand./. 880.000
Abschreibungen./. 110.000
sonstige betrieblichen Aufwendungen./. 200.000
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit1.610.800

Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gem. Umsatzkostenverfahren:

Umsatzerlöse3.200.000
HK der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen./. 1.283.200
Bruttoergebnis vom Umsatz= 1.916.800
Vertriebskosten./. 306.000
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit1.610.800

Dies ist ein Auszug der Kommentierung zu § 275 HGB aus dem Haufe HGB Bilanz Kommentar.