Gewinn- und Verlustrechnung: Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren?
Wahlrecht zwischen zwei Gliederungsvarianten
Bilanzierungspflichtige können zwischen zwei gleichwertige Gliederungsvarianten zur GuV-Aufstellung wählen: Gesamtkostenverfahren (GKV, in Deutschland üblich) und das Umsatzkostenverfahren (UKV, in angelsächsischen Staaten gängig). Beide Verfahren führen zu demselben Jahresergebnis und unterscheiden sich lediglich im Ausweis der Aufwendungen und Erträge.
Gesamtkostenverfahren oder Umsatzkostenverfahren: Welche Variante ist vorteilhaft?
Der unternehmensindividuell zu treffenden Entscheidung für eine dieser beiden zulässigen Gliederungsformen sind Kriterien wie bspw.
- die bestehende Produktionspalette
- die Unternehmensstruktur oder
- der Aufbau der verfügbaren Kostenrechnung
zugrunde zu legen. Im Fall eines in einen Konzernabschluss einzubeziehenden Tochterunternehmen sollte die GuV-Gliederung jedoch in Anlehnung an die GuV-Gliederung des Mutterunternehmens erfolgen.
Stetigkeitsgebot: Gliederungsvariante ist beizubehalten und nur in Ausnahmefällen zu ändern
Eine einmal getroffene Entscheidung für ein Verfahren ist beizubehalten und darf nur in Ausnahmefällen geändert werden. Eine Änderung erfordert eine Angabe und Begründung im Anhang. Insbesondere die unzulängliche Vergleichbarkeit einer nach dem GKV und einer nach dem UKV gegliederten GuV bedingt es, besonders hohe Anforderungen an die Zulässigkeit eines Gliederungswechsels zu stellen. Als Gründe, die einen solchen Wechsel rechtfertigen können, lassen sich exemplarisch anführen:
- wesentliche Änderung der Geschäftstätigkeit
- Neugestaltung der Kostenrechnung
- veränderte Konzernzugehörigkeit oder
- Verschmelzung bzw. sonstige Umwandlung nach § 1 UmwG.
Wodurch sich die beiden Gliederungsvarianten unterscheiden
Die zentralen Unterschiede resultieren aus der voneinander abweichenden Aufwandsgliederung und dem Umgang mit den Bestandsveränderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie der aktivierten Eigenleistungen.
Die Ausgangsbasis der Erfolgsermittlung des GKV bilden sämtliche in dem Abrechnungszeitraum angefallenen Aufwendungen. Ihre Darstellung wird nach den wesentlichen Aufwandsarten geordnet. Dabei werden die betrieblichen Aufwendungen in die Kategorien Material- und Personalaufwand, Abschreibungen und sonstige betriebliche Aufwendungen unterteilt und somit der betriebliche Gesamtaufwand in seiner Zusammensetzung aufgezeigt.
Den Ausgangspunkt des UKV bilden die innerhalb der Abrechnungsperiode erzielten Umsatzerlöse, von denen zur Ergebnisermittlung die für den Absatzprozess angefallenen Aufwendungen (Umsatzaufwand) unabhängig von ihrem (ursprünglichen) zeitlichen Anfall in Abzug gebracht werden. D. h., dem effektiven Periodenumsatz werden nicht die gesamten Periodenaufwendungen gegenübergestellt, sondern nur die Aufwendungen, die für die verkauften Produkte angefallen sind, wobei diese auch Herstellkosten enthalten können, die für in vorhergehenden Perioden produzierte, aber nicht abgesetzte Erzeugnisse angefallen sind.
Vergleich Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren
Ein Unternehmen stellt im Geschäftsjahr 01 von einem Produkt 10.000 Stück her. Im Jahr 01 werden hiervon 8.000 Stück zum Preis von je 400 EUR abgesetzt.
In der Finanzbuchhaltung werden erfasst:
TEUR | |
Umsatzerlöse | 3.200 |
Materialaufwand | 720 |
Personalaufwand | 880 |
Abschreibungen | 110 |
sonstige betriebliche Aufwendungen | 200 |
Die Berechnung der Herstellungskosten erfolgt auf Basis von Vollkosten. Zu Beginn des Geschäftsjahres sind keine Lagerbestände vorhanden.
Die im Jahr 01 entstandenen Aufwendungen verteilen sich entsprechend dem unternehmensindividuellen Verteilungsschlüssel wie folgt (Angaben in TEUR):
Kostenart | Ausgangsbetrag | Herstellung | Verwaltung | Vertrieb |
Materialaufwand | 720 | 648 | 36 | 36 |
Personalaufwand | 880 | 748 | 44 | 88 |
Abschreibungen | 110 | 77 | 11 | 22 |
sonstige betriebliche Aufwendungen | 200 | 10 | 30 | 160 |
Summe | 1.910 | 1.483 | 121 | 306 |
Auf Vollkostenbasis ergeben sich somit HK von insg. 1.604 TEUR bzw. 160,40 EUR/Stück.
Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gem. Gesamtkostenverfahren:
Umsatzerlöse | 3.200.000 |
Erhöhung des Bestands an fertigen Erzeugnissen | + 320.800 |
Materialaufwand | ./. 720.000 |
Personalaufwand | ./. 880.000 |
Abschreibungen | ./. 110.000 |
sonstige betrieblichen Aufwendungen | ./. 200.000 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 1.610.800 |
Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gem. Umsatzkostenverfahren:
Umsatzerlöse | 3.200.000 |
HK der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen | ./. 1.283.200 |
Bruttoergebnis vom Umsatz | = 1.916.800 |
Vertriebskosten | ./. 306.000 |
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit | 1.610.800 |
Dies ist ein Auszug der Kommentierung zu § 275 HGB aus dem Haufe HGB Bilanz Kommentar.
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