Kaufpreisaufteilung bei Erwerb einer Eigentumswohnung
Bei der Aufteilung des Kaufpreises einer vermieteten Eigentumswohnung dürfen sich die Finanzgerichte nicht unkritisch an die diesbezügliche Arbeitshilfe der Finanzverwaltung halten. Dies hat der BFH mit Urteil vom 21.7.2020 entschieden.
Praxis-Hinweis: BFH deckt Schwächen der Arbeitshilfe der Finanzverwaltung auf
Die Arbeitshilfe der Finanzverwaltung zur Aufteilung von Grund und Gebäude hat in den vergangenen Jahren für einiges Aufsehen gesorgt. Die Ergebnisse, die sich auf der Grundlage dieser Arbeitshilfe ergaben, haben dabei in einigen Fällen erhebliche Verwunderung ausgelöst. Der Grundstücksanteil schien oftmals unangemessen hoch, dementsprechend niedrig waren die steuerlich anerkannten Abschreibungen auf den Gebäudeanteil.
Mit seiner Entscheidung hat der BFH die Schwächen der Arbeitshilfe klar aufgezeigt. Insbesondere werden durch die pauschalen Annahmen der Arbeitshilfe lokale Besonderheiten zu wenig berücksichtigt. Die Finanzverwaltung ist zwar nicht daran gehindert, weiterhin die Arbeitshilfe zu verwenden. Sobald jedoch der Streit über die Kaufpreisaufteilung zum Finanzgericht getragen wird, ist das Finanzgericht in der Regel gehalten, ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen. Das ist dann allerdings mit weiteren, nicht unerheblichen Kosten verbunden.
Insofern sollte bereits im Kaufvertrag eine realistische Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude vorgenommen werden. Der BFH weist nämlich auch auf seine Rechtsprechung hin, nach der grundsätzlich der Aufteilung der Vertragsparteien zu folgen ist – es sei denn, diese ist in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar.
FG sah Arbeitshilfe als geeignetes Wertermittlungsverfahren an
Die Klägerin erwarb im Jahr 2017 eine vermietete Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 110.000 EUR. Nach dem Kaufvertrag sollten von dem gesamten Kaufpreis 20.000 EUR auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Das Finanzamt berechnete demgegenüber einen Gebäudeanteil von lediglich rund 31 %. Dabei legte das Finanzamt seinen Berechnungen die vom Bundesfinanzministerium bereitgestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" zugrunde. Das Finanzgericht wies die gegen die Aufteilung des Finanzamts gerichtete Klage ab und sah in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung widerlegen zu können. Die Klägerin wandte sich daraufhin an den BFH.
BFH: Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nötig
Der BFH gab der Revision statt und hob die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg auf. Die Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums gewährleistet nach Ansicht des BFH die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht. Grundsätzlich ist dabei der Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag zu folgen, es sei denn, die Aufteilung ist unrealistisch. Dann hat das Finanzgericht nach einer Gesamtwürdigung eine Aufteilung nach den Verkehrswerten vorzunehmen. Hierfür kommen mehrere Bewertungsverfahren in Betracht, von denen das im Einzelfall sachgerechte auszuwählen ist.
Bei einer Anwendung der Arbeitshilfe des BMF schränkt sich das Finanzgericht indes auf das Sachwertverfahren ein. Hierbei hat das Finanzgericht nicht darüber entschieden, ob dieses Verfahren im Einzelfall das zutreffende Verfahren war. Eine der Schwächen der Arbeitshilfe ist dabei auch, dass lokale Belange nicht hinreichend gewürdigt werden. Deshalb ist ein Finanzgericht im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung in der Regel gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.
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