Keine Rückstellung für Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer
Praxis-Tipp: Beurteilung anhand des Einzelfalles
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass hier die zukünftigen Zusatzbeiträge auf der Grundlage von Steuerbescheiden aus abgelaufenen Jahren (jeweils drei Jahre zurück) festgesetzt wurden und der Kläger deshalb der Ansicht war, damit seien die Zusatzbeiträge der kommenden drei Jahre berechenbar und bereits verursacht. Der BFH hat hierbei durchaus die Wahrscheinlichkeit gesehen, dass diese Beiträge in der Zukunft zu entrichten seien, hat dann aber zutreffend ausgeführt, dass ja noch gar nicht feststehe, ob der Kläger im betreffenden Jahr auch Mitglied der Handwerkskammer sei. Und die Mitgliedschaft sei Voraussetzung für die Beitragspflicht.
In jedem Einzelfall einer Kammermitgliedschaft ist genau zu prüfen, wie die jeweilige Beitragspflicht ausgestaltet ist. In keinem Fall sind die Grundsätze des Urteils jedoch anzuwenden auf Rückstellungen für Kammerbeiträge, die am Jahresende für das abgelaufene Wirtschaftsjahr gebildet werden. Diese sind selbstverständlich im abgelaufenen Jahr verursacht.
Urteil betrifft nicht nur die Handwerkskammer
Die Entscheidung (BFH v. 5.4.2017, X R 30/15) betrifft die Rückstellung für Zusatzbeiträge einer Handwerkskammer, sie wird aber grundsätzlich auf alle anderen Kammern anzuwenden sein, die auf der Grundlage der jeweiligen Beitragsordnung Beiträge von ihren Mitgliedern erheben, die so ausgestaltet sind wie im Entscheidungsfall.
Sachverhalt
Der Kläger war Mitglied einer Handwerkskammer. Diese erhob von ihren Mitgliedern auf der Grundlage der Beitragsordnung Beiträge. Hierbei wurden Grund- und Zusatzbeiträge festgesetzt. Diese wurden jährlich von der Vollversammlung der Kammer beschlossen. Bemessungsgrundlage für den Zusatzbeitrag war hierbei der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Vollversammlung setzte hierbei seit Jahren für den Zusatzbeitrag als Bemessungsjahr jeweils das drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegende Steuerjahr fest. Der Beitragsbescheid erging dann im Frühjahr des jeweiligen Beitragsjahres. Auf der Grundlage der Überlegung, dass damit für die kommenden drei Jahre der Zusatzbeitrag feststehe, bildete der Kläger zum 31.12.2009 Rückstellungen für die zu erwartenden Zusatzbeiträge 2010 bis 2012. Diese Rückstellung erachtete die Finanzverwaltung im Rahmen einer Betriebsprüfung als nicht rechtmäßig, da der Zusatzbeitrag erst in dem jeweiligen Beitragsjahr wirtschaftlich verursacht sei. Das Finanzgericht gab jedoch der Klage des Klägers statt, worauf die Finanzverwaltung die Revision zum BFH einlegte.
Begründung der Entscheidung: Verursachung in der Vergangenheit nicht gegeben
Der BFH hob auf die Revision des Finanzamts die Entscheidung des Finanzgerichts Thüringen auf und wies die Klage ab. Eine Rückstellung, so der BFH, sei unter anderem für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Dies setze entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende oder überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, wobei die Tatsachen am Bilanzstichtag maßgeblich seien. Dies gelte auch für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen. Maßgeblich sei aber, ob eine wirtschaftliche Verursachung im abgelaufenen Wirtschaftsjahr gegeben sei. Unter Anwendung dieser Maßstäbe sei keine Rückstellung zu bilden gewesen. Zwar sei die Praxis in der Vergangenheit so gewesen, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Festsetzung der Zusatzbeiträge bestanden habe. Allerdings sei die Kammerzugehörigkeit im jeweiligen Zeitpunkt in der Zukunft unmittelbar und zwingende Voraussetzung für die Beitragspflicht. Insofern sei keine Verursachung in der Vergangenheit gegeben.
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