Sale-and-lease-back-Finanzierung: Wem wird der geleaste Gegenstand zugerechnet?
In einem aktuellen Urteil (BFH, Urteil v. 13.10.2016, IV R 33713) hatte der BFH die Frage der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an Leasinggegenständen im Rahmen von Sale-and-lease-back Gestaltungen zu entscheiden.
Zu klären ist: Decken sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die Grundmietzeit?
Die Entscheidung stellt einen wesentlichen Aspekt von sale-and-lease-back-Geschäften dar.
Bei sog. «Sale-and-lease-back»-Geschäften veräußert ein Unternehmen betriebliche Anlagegegenstände, immaterielle Wirtschaftsgüter oder bestellte und noch nicht gelieferte Wirtschaftsgüter an ein anderes Unternehmen und mietet/least diese anschließend wieder zurück.
Im Vordergrund solcher Transaktionen stehen zumeist
- die Steigerung der Liquidität des Veräußerers und Leasing-Nehmers und
- die Verbesserung von Bilanzkennzahlen.
Eine gesetzliche Grundlage zum Sale-and-lease-back gibt es nicht. Es sind jedoch die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Gerade für das Steuerbilanzrecht ist dabei die Zurechnung des Leasinggegenstandes wichtig, da sich hiernach die bilanzielle Behandlung richtet.
Sale-and-lease-back-Finanzierung: Diese BMF-Schreiben sollten Sie kennen
An BMF-Schreiben sind für die Praxis hinsichtlich der Zurechnung des Leasinggegenstandes die folgenden Schreiben von zentraler Bedeutung:
- Finanzierungsleasing bei Vollamortisationsverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter: BMF, Schreiben v. 19.4.1971, IV B/2 - S 2170 - 31/71, BStBl 1971 I S. 264
- Finanzierungsleasing bei Vollamortisationsverträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter: BMF, Schreiben v. 21.3.1972, F/IV B 2 - S 2170 - 11/72, BStBl 1972 I S. 188
- Finanzierungsleasing bei Teilamortisationsverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter: BMF, Schreiben v. 22.12.1975, IV B 2 S 2170 - 161/75, DB 1976 S. 172
- Finanzierungsleasing bei Teilamortisationsverträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter: BMF, Schreiben v. 23.12.1991, IV B 2 – S 2170 – 115/91, BStBl 1992 I S.13
Diese BMF-Schreiben sollten herangezogen werden, wenn in der Praxis geprüft wird, wem ein Leasinggegenstand zuzurechnen ist. Die Entscheidung selber hilft hierbei zunächst wenig, da der BFH das Urteil des Finanzgerichts zwar aufgehoben, aber dem Finanzgericht Hausaufgaben für das weitere Verfahren auferlegt hat. So ist nur schwer absehbar, ob der Kläger mit seiner Rechtsauffassung durchdringen wird oder nicht.
Andienungsrecht maßgeblich für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums?
Auf die Frage, ob das Recht des Leasinggebers, den Rückkauf der Wirtschaftsgüter zu verlangen (Andienungsrecht), maßgeblich für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist, kommt es nämlich nach Ansicht des BFH nicht an. Denn: zunächst ist zu klären, ob sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die Grundmietzeit von hier 48 Monaten im Wesentlichen decken. Ist dies der Fall, spricht allerdings vieles dafür, dass dann der BFH die Wirtschaftsgüter dem Leasingnehmer zuweisen wird. Dies erscheint wohl auch zutreffend. Wie dann zu verfahren ist, stellt der BFH in weiteren Rechtsausführungen dar, die zwar mit der eigentlichen Entscheidung nichts zu tun, die aber durchaus beachtenswert sind. Insbesondere stellt dann der Kaufvertrag im Rahmen des sale-and-lease-back-Verfahrens keinen gewinnrealisierenden Umsatzakt dar. Das Verfahren ähnelt dann einem Darlehen.
Der Fall: Unternehmensgegenstand war die Abwicklung von sale-and-lease-back-Finanzierung
Der Kläger war der Rechtsnachfolger einer KG, deren Geschäftszweck die Abwicklung von sale-and-lease-back-Geschäften mit verschiedenen Unternehmern war, Gegenstand des Klageverfahrens waren zwei solcher Geschäfte. Die KG kaufte hierbei Wirtschaftsgüter und stellte sie anschließend den Verkäufern wieder zur Verfügung.
Die Leasingverträge hatten eine Laufzeit von 48 Monaten. Während der Laufzeit waren Leasingraten zu leisten, die einen Zins- und Tilgungsanteil beinhalteten. Gegenstand der Verträge war auch eine Klausel, nach der die KG den Rückkauf zu einem genau bezeichneten Preis verlangen konnte. Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung 2007 aktivierte die KG die erworbenen Gegenstände in ihrem Anlagevermögen und machte die AfA geltend. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, die Leasinggegenstände seien nicht in der Bilanz der KG zu aktivieren und versagte die Geltendmachung der AfA. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte in den wesentlichen Aspekten keinen Erfolg, so dass der Kläger Revision zum BFH erhob.
Begründung: Finanzgericht hat fehlerhaft das wirtschaftliche Eigentum der KG verneint
Der Revision wurde durch den BFH stattgegeben. Das Urteil des Niedersächsischen FG wurde aufgehoben und der Fall an das Finanzgericht zur neuen Entscheidung zurückverwiesen. Wirtschaftsgüter seien
- grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, jedoch
- dem wirtschaftlichen Eigentümer, wenn dieser die tatsächliche Sachherrschaft über das Wirtschaftsgut ausübe.
Dies gelte insbesondere dann, wenn
- der Nutzungsberechtigte statt des zivilrechtlichen Eigentümers die Kosten der Anschaffung eines von ihm selbst genutzten Wirtschaftsgutes trägt und
- ihm für die voraussichtliche Nutzungsdauer Substanz und Ertrag des Wirtschaftsgutes wirtschaftlich zustehen.
Ob dies bei einer Leasing-Gestaltung der Fall sei, müsse anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hier habe das Finanzgericht fehlerhaft das wirtschaftliche Eigentum der KG verneint, weil der KG ein Andienungsrecht eingeräumt worden sei, das sie wirtschaftlich in sinnvoller Weise habe ausüben müssen. Auf diese Frage komme es aber nicht an, da maßgeblich zunächst die allgemeinen Kriterien seien. So habe das Finanzgericht bislang nicht geklärt, ob die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter und die Grundmietzeit annähernd deckungsgleich seien. Dies müsse das Finanzgericht im weiteren Verfahren klären.
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