Umsatzsteuer bei Fahrschulen fraglich
Der BFH hat erhebliche Bedenken, ob die derzeitige Rechtslage zur Umsatzsteuerpflicht von Leistungen einer Fahrschule dem EU-Recht entspricht. Dementsprechend hat er mit Beschluss vom 16.3.2017 (V R 38/16) dem EuGH die Rechtsfrage vorgelegt, ob es EU-rechtskonform ist, dass nach aktuellem deutschem Recht die Erteilung von Fahrunterricht der Umsatzsteuer unterliegt.
Praxis-Hinweis: Bei Steuerbescheiden Einspruch einlegen und Aussetzung der Vollziehung beantragen
Nach dem nationalen deutschen Recht sind die Unterrichtsleistungen zur Erlangung einer Fahrerlaubnis zum Betrieb eines Pkw offensichtlich nicht umsatzsteuerfrei. Der BFH hat aber Bedenken, ob diese Rechtslage mit dem einschlägigen EU-Recht konform ist. Da für die Auslegung des EU-Rechts auf dem Gebiet der Umsatzsteuer der EuGH zuständig ist, hat er die Rechtsfrage dem EuGH vorlegt. Welche Folgen ergeben sich aber hieraus für die betroffenen Unternehmen?
Wie der BFH in seiner Pressemitteilung zu dem Urteil ausführt, dürfte es aufgrund der bestehenden Zweifel möglich sein, eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) zu erlangen.
Vor-/Nachteile der AdV sind abzuwägen
Es erscheint fraglich, ob es sinnvoll ist, die Umsatzsteuer nicht zu zahlen. Sollte der EuGH später zu der Ansicht kommen, dass das deutsche Recht EU-Rechts-konform ist,
· muss nicht nur die Steuer gezahlt werden,
· sondern es drohen auch Aussetzungszinsen von 6% p.a. nach §§ 237, 238 AO.
Insofern erscheint es sinnvoller, die Umsatzsteuer weiterhin zu zahlen, aber entsprechende Bescheide offen zu halten, um diese später gegebenenfalls zurückfordern zu können. Hierbei ist zu beachten, dass nach § 168 Satz eine Umsatzsteuer-Voranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Selbst wenn die Rechtsfrage nicht in den Katalog des § 165 AO zur vorläufigen Steuerfestsetzung aufgenommen wird, bedarf es damit keines Einspruchs, um später eine Änderung herbeiführen zu können. Dies gilt zumindest bis zum Eintritt einer etwaigen Festsetzungsverjährung.
Für Fahrschule wurde beantragt, die Umsatzsteuer auf Null herabzusetzen
Klägerin war eine GmbH, die eine Fahrschule für den Erwerb des Führerscheins betrieb. Nachdem sie zunächst in der Umsatzsteuererklärung steuerpflichtige Leistungen erklärt hatte, beantragte sie anschließend, die Umsatzsteuer auf Null herabzusetzen, da sie ausschließlich steuerfreie Leistungen zu Schul- und Bildungszwecken erbracht habe. Das Finanzamt lehnte die Änderung ab und verwies auf die Rechtslage. Das Einspruchsverfahren hatte ebenso wenig Erfolg wie das sich anschließende Klageverfahren vor dem Finanzgericht.
BFH bezweifelte Übereinstimmung mit EU-Richtlinie
Im Revisionsverfahren hegte der BFH erhebliche Zweifel an der Frage, ob die bestehende deutsche Rechtslage mit der maßgeblichen Mehrwertsteuer Systemrichtlinie der EU übereinstimmt. Er legte deshalb dem EuGH diese Rechtsfrage, die er in mehrere Unterfragen untergliederte, zur Entscheidung vor. Zwar sei es, so der BFH, offensichtlich, dass nach der aktuellen deutschen Regelung in § 4 Nr. 21a UStG keine Steuerfreiheit gegeben sei, da es für die Fahrschule an der erforderlichen staatlichen Genehmigung oder der landesrechtlichen Erlaubnis fehle. Allerdings sei die Rechtslage nach dem EU-Recht nicht zweifelsfrei. Der Senat neige zu der Ansicht, dass die Tätigkeit der Klägerin als Schulunterricht im Sinne der Mehrwertsteuer Systemrichtlinie anzusehen sei, da die Befähigung zum Führen eines Fahrzeuges nicht allein der Freizeitgestaltung zuzurechnen sei. Zweifelhaft sei, ob eine Fahrschule eine einer öffentlichen Schule vergleichbare Einrichtung sei. Hier sprächen Argumente für und gegen eine Anerkennung. Schließlich sei im Fall einer Verneinung der Vergleichbarkeit zu klären, ob ein Fahrschullehrer als Privatlehrer anzusehen sei.
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