So wurde der Regierungsentwurf in Bezug auf die Cum/Cum-Regelung angepasst
Regierungsentwurf erfährt wesentliche Änderungen
Am 9.6.2016 hat der Bundestag das Investmentsteuerreformgesetz beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrates erfolgte am 8.7.2016. Die noch in § 36 Abs. 2a EStG-RegE enthaltenen Vorschriften zur Vermeidung des Dividendenstrippings in Form der sog. Cum/Cum-Gestaltungen wurden durch den Finanzausschuss aufgrund zahlreicher Petita des Bundesrates einer nochmaligen Bearbeitung unterzogen und in § 36a EStG-E neugefasst.
Ursprüngliche Regelung des § 36 Abs. 2a EStG-RegE
§ 36 Abs. 2a EStG-RegE machte die Anrechenbarkeit der auf Dividendenzahlungen erhobenen Kapitalertragsteuer davon abhängig, ob der Steuerpflichtige
- den der Dividendenzahlung zugrunde liegenden Aktien- oder EK-Genussrechtebestand nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG für einen Mindestzeitraum von 45 Tagen vor und 45 Tagen nach der Fälligkeit der Kapitalerträge hielt (wobei der Tag der Veräußerung nicht mitgerechnet wird),
- rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer war und
- dabei ein Mindestmaß in Höhe von 30 % gegenüber dem gemeinen Wert bei Anschaffung des entsprechenden Bestandes an Wertänderungsrisiko trug, sofern die Gesamtsumme der Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG den Betrag von 20.000 Euro nicht überstieg oder es sich um eine CTA-Struktur handelte oder eine langfristige Investition in solche Aktien oder Eigenkapitalgenussscheine nachgewiesen werden konnte.
Anpassung der Regelung in Form des beschlossenen § 36a EStG
Nach § 36a EStG setzt die volle Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG ferner, neben den Anforderungen des § 36 EStG, voraus, dass der Steuerpflichtige
- hinsichtlich der diesen Kapitalerträgen zugrunde liegenden Anteile oder EK-Genussscheine während der Mindesthaltedauer ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer ist,
- während der Mindesthaltedauer ununterbrochen das Mindestwertänderungsrisiko trägt und
- nicht verpflichtet ist, die Kapitalerträge ganz oder überwiegend, unmittelbar oder mittelbar anderen Personen weiterzuleiten.
Werden die erhaltenen Kapitalerträge ganz oder überwiegend (zu mehr als 50 %) direkt in Form von Ausgleichszahlungen oder Leihgebühren weitergereicht oder erfolgt eine indirekte Weitergabe bspw. durch Einpreisung im Rückkaufpreis oder in Derivaten oder ein gesonderter Ausgleich der Dividende zwischen den Vertragspartnern z. B. durch Swaps, Repo- oder Buy and Sell Back-Geschäfte und Sachdarlehen, ist die Anrechnung ausgeschlossen. Gleiches gilt für den entsprechenden Abschluss von auf die betreffenden Anteile gerichteten Derivaten, wie beispielsweise Aktienoptionen oder Futures. Ferner wurde unter Beibehaltung der Ausnahmetatbestände derjenige für Treuhandstrukturen, wonach Treugeber und Treuhänder in Pensionstreuhandfällen als eine Person gelten, auf Fälle erweitert, in denen Versicherungsunternehmen für fondgebundene Versicherungsverträge intern Fonds bilden.
Zweifel an Notwendigkeit der Haltedauer ausgeräumt
Zugleich wurden die Zweifel an der diskutierten Notwendigkeit einer ununterbrochenen Haltedauer ausgeräumt. Die Definition der Mindesthaltedauer selbst wurde beibehalten, lediglich wurde konkretisierend ergänzt, dass bei der Ermittlung zu unterstellen ist, dass die zuerst angeschafften Anteile oder EK-Genussscheine zuerst veräußert wurden (Fifo-Methode) und bei der Ermittlung des Mindesthaltezeitraums nicht auf Handels- sondern auf Kalendertage abzustellen ist.
Mindestwertänderungsrisiko verschärft
Hingegen wurde die Definition des Mindestwertänderungsrisikos überarbeitet und verschärft. Anstatt mindestens 30 % hat der Steuerpflichtige nun mindestens 70 % Wertänderungsrisiko zu tragen. Zudem muss dieses während der Mindesthaltedauer ununterbrochen getragen werden. Eine Unterbrechung schließt, wie bei der Mindesthaltedauer, eine Anrechnung aus. Zuvor wurden die Tage, an denen die Voraussetzungen nicht vorlagen, nicht in die Berechnung der Mindesthaltedauer einbezogen. Zudem sind zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen, insbesondere bei verbundenen Unternehmen und Konzernstrukturen, nicht nur Kurssicherungs- oder Termingeschäfte des Steuerpflichtigen selbst, sondern auch solche über eine nahestehende Person in die Ermittlung des Wertänderungsrisikos miteinzubeziehen.
Folge der Nichterfüllung der Voraussetzungen
Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, sind als Rechtsfolge 15 % anstatt bislang 25 % der Kapitalertragsteuer nicht anzurechnen. Dadurch werden Nachteile für Steuerinländer vermieden, da die DBA in der Regel einen Quellensteuerhöchstsatz von ebenfalls 15 % vorsehen.
Die nicht anrechenbare Kapitalertragsteuer kann auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden. Die Regelungen gelten entsprechend für Anteile oder EK-Genussscheine, die zu inländischen Kapitalerträgen nach § 43 Abs. 3 Satz 1 EStG führen und einer Wertpapiersammelbank im Ausland zur Verwahrung anvertraut sind. Darüber hinaus wurde gesetzlich geregelt, dass § 42 AO auch dann anwendbar bleibt, wenn die Voraussetzungen des § 36a EStG nicht erfüllt sind.
Rückzahlung erstatteter oder nicht in Abzug gebrachter Kapitalertragsteuer prüfen
Einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Personen, bei denen insbesondere aufgrund einer Steuerbefreiung kein Steuerabzug vorgenommen oder denen ein Steuerabzug erstattet wurde (insbesondere Investmentfonds) und die die Voraussetzungen für eine Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nicht erfüllen, haben dies gegenüber ihrem zuständigen Finanzamt anzuzeigen und eine Zahlung in Höhe des unterbliebenen Steuerabzugs zu leisten. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Rückwirkung der Regelung auf den 1.1.2016 wird sich § 36a EStG in Bezug auf die diesjährige Dividendensaison negativ auf den Fondsanteilswert (Net Asset Value) auswirken.
Ausschluss der Anrechnung auch bei mittelbaren Sicherungsbeziehungen
Neben unmittelbaren sind auch lediglich mittelbare Sicherungsbeziehungen schädlich. Letzteres trifft in der Praxis den Regelfall. Eine unmittelbare Absicherung, bei der ein einzelnes Papier durch ein konkret zuzuordnendes Geschäft abgesichert ist, stellt hingegen eher einen Ausnahmefall dar. Weit überwiegend werden Risikopositionen mittelbar durch eine fortlaufend dynamische Absicherung auf Portfolioebene über einen bestimmten Zeitraum beurteilt und abhängig vom Zu- oder Abgang bestimmter Risikopositionen abgesichert (Macro-Hedge). Nach wie vor ist die Ermittlung der Höhe des Wertänderungsrisikos auch bei nicht in direktem Zusammenhang stehenden Sicherungstransaktionen problembehaftet. Insoweit soll allerdings die Beweislast dem Steuerpflichtigen zukommen.
Weitere Änderungen sind absehbar
Durch die Überarbeitung wurde die überschießende Wirkung der Norm nicht beseitigt.
Selbst der Bundesrat stellt mit der Zustimmung zum InvStRefG fest, dass die Regelung in Bezug auf die genaue Feststellung des Mindestwertänderungsrisikos kaum praktikabel ist. Zudem konstatiert er, dass die konkrete Ausgestaltung des § 36a EStG weiterhin Spielraum für eine Umgehung der Dividendenbesteuerung zulässt und dass die Cum/Cum-Gestaltungen noch zielgenauer unterbunden werden müssen. Weitere Änderungen sind damit bereits absehbar. Weitere Konkretisierungen werden in Form eines BMF-Schreibens zeitnah zu erwarten sein.
Das
Investmentsteuerreformgesetz wurde in der Fassung des Finanzausschusses am 19.7.2016 unterzeichnet und am 26.7.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses steht auf den Seiten des Bundestages zum Download bereit.
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