Einkommensteuerpflicht eines Stipendiums

Wer sein Studium oder eine Weiterbildung mithilfe eines Stipendiums finanziert, sollte beachten, dass diese Einkünfte in der Regel der Einkommensteuer unterliegen. Voraussetzung dafür ist, dass eine Gegenleistung erbracht wird. Grund dafür ist der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. 

Anders als im angelsächsischen Raum sind Stipendien in Deutschland deutlich weniger verbreitet. Vor allem an den Elite-Universitäten der USA mit ihren hohen Studiengebühren ist diese Form der Förderung von Bedeutung. Schließlich können sich zahlreiche begabte junge Frauen und Männer nur auf diese Weise ihre Ausbildung dort überhaupt leisten. Doch auch hierzulande lohnt sich die Suche nach einem passenden Stipendium. Immerhin ist ein Studium für viele wegen hoher Lebenshaltungskosten in den Universitätsstädten immer schwerer zu finanzieren. Das Gleiche gilt für wichtige Weiterbildungen.

Stipendium für Weiterbildung zur Fachärztin

Gut zu wissen ist allerdings, dass die erhaltenen Leistungen aus einem Stipendium nicht zwingend steuerfrei sind. Dies musste eine libysche Ärztin erfahren, die im Rahmen ihrer Weiterbildung zur Fachärztin als Gastärztin an einem deutschen Krankenhaus arbeitete. Ihre Tätigkeit dort entsprach der Position einer Assistenzärztin, für die sie jedoch von der Klinik keinen Arbeitslohn erhielt. Stattdessen unterstützte die libysche Botschaft sie mit einem monatlichen Stipendium, das ihre Lebenshaltungskosten decken sollte. Zusätzlich wurden Aufwendungen für eine Krankenversicherung übernommen. In ihrem Heimatland hatte die Ärztin zuvor ihr Medizinstudium mit sehr gutem Ergebnis beendet und nach abgeschlossener Weiterbildung in Deutschland wollte sie dorthin zurückkehren.

BFH: Stipendium steuerbar da Ausgleich für fehlende Entlohnung

Die von der Landesvertretung Libyens überwiesenen Zahlungen wertete das zuständige Finanzamt zunächst als Arbeitslohn. Nach einem Einspruch der Ärztin sah es stattdessen im Stipendium wiederkehrende Bezüge, die es als sonstige Einkünfte besteuerte. Gegen diese Einstufung klagte die Libyerin vor dem Niedersächsischen Finanzgericht, das ihrer Klage stattgab. Die Richter begründeten ihre Einschätzung damit, dass es sich bei dem gezahlten Entgelt um eine freiwillige Unterhaltszahlung des libyschen Staates handelt. Anders sah dies jedoch der Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 08.07.2020 - X R 6/19). Nach Meinung der Richter sind die Bezüge der Ärztin als steuerbar einzustufen, wenn es sich um einen Ausgleich für die fehlende Entlohnung durch das deutsche Krankenhaus handelt.

Einordnung der Einnahmen entscheidet über Besteuerung

Um entscheiden zu können, ob es sich um steuerbare Einkünfte handelt, kommt es auf die Einordnung der erhaltenen Zahlung an. Dabei stellten die Richter zunächst klar, dass die Ärztin nicht als Arbeitnehmerin einzustufen war, obwohl ihre Aufgaben in der Klinik die einer Assistenzärztin waren. Entsprechend handelt es sich bei den erhaltenen Leistungen nicht um Arbeitslohn, der von einem Dritten übernommen wurde. Damit entfiel auch der zunächst vom Finanzamt gewählte Grund der Besteuerung. Der Zweck für die Unterstützung durch die Botschaft dürfte nach Meinung des Bundesfinanzhofs vielmehr ein Eigeninteresse des Landes sein. Dadurch dass die Ärztin nach ihrer Weiterbildung wieder in ihre Heimat zurückkehren wollte, sollte Libyen schließlich von ihrem Wissen profitieren.

Sollen die erhalten Leistungen als sonstige Einkünfte besteuert werden, kommt es nach Einschätzung der Richter nicht bloß darauf an, dass es sich um wiederkehrende Bezüge handelt. Hinzukommen muss die Tatsache, dass die Zahlungsempfängerin einen Zuwachs ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erzielte. Dies sieht der Bundesfinanzhof bei einem Stipendium in der Regel als gegeben an. Eine Ausnahme würde sich ergeben, wenn für das Stipendium keine Gegenleistung zu erbringen wäre. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht so, da die Ärztin im Rahmen ihrer Facharztweiterbildung im Krankenhaus arbeitete. Auch wenn sie damit die Gegenleistung gegenüber einem Dritten erbringt, erfüllt sie damit die Voraussetzung der Steuerbarkeit.

Praxistipp: Stipendien ohne Gegenleistung können steuerfrei sein

Trotz der engen Auslegung des Bundesfinanzhofs lohnt bei Stipendien immer ein Blick auf den Einzelfall. Wird keine Gegenleistung für die Unterstützung verlangt, können Leistungen durchaus steuerfrei bleiben. Dies gilt vor allem, wenn die Zahlung aus öffentlichen Mitteln erfolgt. Weitere Voraussetzungen sind, dass das Stipendium zur Förderung der Forschung oder der wissenschaftlichen Aus- oder Fortbildung dient. Außerdem darf es einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Verantwortlich für die Prüfung der Steuerfreiheit ist das Finanzamt, das für die Körperschaftssteuerveranlagung der Stipendiengebers zuständig ist. Auf Anforderung erhalten Stipendiaten dort eine Bescheinigung zur Vorlage bei ihrem Wohnsitzfinanzamt.

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