Kostenvoranschlag – Auf was müssen Unternehmen achten?
Unternehmer sollten also Angebote bzw. Kostenvoranschläge erstellen, bei denen sie keine Nachteile erleiden und nicht oder nur in geringem Umfang Korrekturen vornehmen müssen. De facto müssen bei Kostenvoranschlägen also die gleichen Sorgfaltsregeln angewandt werden, wie bei der Erstellung von Angeboten. Ansonsten drohen u.U. rechtliche Probleme, es entstehen unnötige Kosten und die Erlöse gehen zurück. Zudem können negative Imagewirkungen entstehen, wenn Kunden sich auf Grund fehlerhafter Kostenvoranschläge andere Anbieter aussuchen und sich so etwas herumspricht.
Was sind Kostenvoranschläge?
Kostenvoranschläge werden von Kunden verlangt, die so die Kosten eines Auftrags besser einschätzen und auch mehrere Anbieter miteinander vergleichen möchten. Unternehmer sind dann gefordert, den Wünschen der Kunden nachzukommen, wollen sie einen Auftrag erhalten. Ein Kostenvoranschlag ist für den Unternehmer im Grunde bereits so etwas wie die Erstellung eines Angebots. Allerdings ist ein Angebot verbindlich, wobei man beim Kostenvoranschlag unter bestimmten Bedingungen und in Grenzen von den veranschlagten Kosten abweichen darf. Denn ein Problem für Unternehmer ist, dass sie im Vorfeld eines Auftrags oft nicht genau übersehen und kalkulieren können, welche Kosten im Laufe der Arbeiten tatsächlich entstehen werden, so dass es bei der Durchführung häufig dennoch Abweichungen zum Kostenvoranschlag geben kann. Und bei einem Kostenvoranschlag besteht das Risiko, dass ein Kunde den Auftrag nicht erteilt, etwa, wenn ein Konkurrent preiswerter anbietet. Dann war die ganze Arbeit umsonst.
Bei der Erstellung von Kostenvoranschläge müssen Unternehmer verschiedene Dinge beachten, um später keine finanziellen Einbußen zu erleiden. Verschätzt sich ein Unternehmer bei der Erstellung des Kostenvoranschlags deutlich und die tatsächlichen Aufwendungen fallen höher aus als angegeben, kann er die Differenz nur unter bestimmten Voraussetzungen und meist nur in Teilen an den Kunden weitergeben. Und diese Möglichkeit existiert auch nur, wenn es sich um einen unverbindlichen Kostenvoranschlag handelt. Bezüglich der Abweichungen vom Kostenvoranschlag sind nach Ansicht vieler Gerichte „unwesentliche“ Überschreitungen von 10-15 % bei weniger komplexen Aufträgen grundsätzlich zulässig, so z.B. das LG Coburg (Az.: 12 O 81/09). In begründeten Einzelfällen darf die Abweichung auch bis zu 20-25 % betragen, etwa bei sehr komplexen Vorhaben.
Kostensteigerungen oberhalb der Bandbreite müssen Kunden nicht hinnehmen
Stellt sich während der Auftragsbearbeitung heraus, dass der Unternehmer den veranschlagten Gesamtpreis nicht halten kann, muss er prüfen, ob die Abweichung wesentlich oder unwesentlich ist. Liegt die Kostensteigerung unterhalb der 15-20-%- Grenze, muss der Kunde die gegenüber dem Kostenvoranschlag höhere Rechnung akzeptieren. Andernfalls muss der Unternehmer den Kunden sofort informieren (§ 650 Abs. 2 BGB). Sonst haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht und können Schadenersatz fordern (z.B. OLG Köln, Urt. v. 16.01.1998 - 19 U 98/97). Tritt der Kunde auf Grund einer höheren Kostensteigerung von seinem Auftrag zurück, muss er die bis zum Zeitpunkt der Kündigung mängelfrei erbrachten Leistungen dennoch bezahlen.
Praxis-Tipp: Transparente Kommunikation bei Kostensteigerung vermeidet Missverstädnnisse
Eine erkennbare Kostensteigerung von 15 % oder mehr während der Auftragsbearbeitung sollten Unternehmer ihren Kunden unverzüglich schriftlich und unter genauer Angabe der Gründe mitteilen. Die Mitteilung sollte einen Passus enthalten, mit dem der Kunde der weiteren Bearbeitung zustimmen kann – oder auch nicht. Auch ein Hinweis auf ein Zurücktreten vom Auftrag unter Übernahme der bisher angefallenen Kosten sollte nicht fehlen. In jedem Fall sollten alle Vereinbarungen und Änderungen schriftlich festgehalten werden. Diese Vorgehensweise verhindert eventuelle Missverständnisse und schafft auch juristische Klarheit.
Damit Abweichungen überhaupt möglich bzw. zulässig sind, muss der Kostenvoranschlag zwingend so formuliert werden, dass für den Kunden klar zu erkennen ist, dass er unverbindlich ist. Dies kann geschehen, indem der Kostenvoranschlag eine explizite Formulierung enthält ("Dieser Kostenvoranschlag ist unverbindlich") oder Angaben bei den Preisen mit "ca." oder "voraussichtlich". Auch eine Kombination ist möglich. Andernfalls handelt es sich i.d.R. um einen verbindlichen Kostenvoranschlag, bei dem der Unternehmer an seine (vorläufigen) Zahlen gebunden ist. Eventuelle Preissteigerungen kann er dann nicht weitergeben. Ausnahmen gelten, wenn der (potenzielle) Auftraggeber auf eigenen Wunsch eine Leistungsausweitung verlangt oder eine Kostenerhöhung auf Grund behördlicher Auflagen entsteht. Außerdem, wenn ein Kunde falsche Angaben gemacht hat und der Preis deshalb nicht gehalten werden kann. Dann muss er den höheren Preis im Zweifel akzeptieren und verliert sein Kündigungsrecht (BGH, Urt. v. 21.12.2010 - X ZR 122/07).
Entgelt für Kostenvoranschlag nur mit Zustimmung des Kunden
Für einen Kostenvoranschlag können Unternehmer ein Entgelt nehmen; müssen die Vergütung aber vorab mit dem Kunden vereinbaren. Gerichte sind in den meisten Fällen der Auffassung, dass ohne Vereinbarung kein Anspruch des Unternehmers auf Zahlung einer Gebühr besteht, da ein Kostenvoranschlag meist als Werbung gewertet wird. Kostenvoranschläge sind demnach ein Teil der Auftragsbeschaffung und nicht zu vergüten (§ 632 Abs. 3 BGB). Eine evtl. Klausel in den AGB, dass Kostenvoranschläge zu bezahlen sind, ist unwirksam. Unternehmer müssen die Aufwendungen für Kostenvoranschläge daher über Stunden- oder Zuschlagssätze in der Kalkulation auf alle Kunden umlegen.
Kostenvoranschläge richtig erstellen
Das Problem von Unternehmern bei der Erstellung von Kostenvoranschlägen ist grundsätzlich, dass sie nur selten den tatsächlich anfallenden Aufwand vor Auftragserteilung abschätzen können. Denn die Kosten liegen immer erst nach Abschluss der Arbeiten vor. Dem Kunden soll der Kostenvoranschlag aber helfen, Umfang und Kosten zumindest in etwa einschätzen zu können, damit er entscheiden kann, ob er sich z.B. einen Umbau der Küche oder eine Reparatur leisten kann.
Praxis-Tipp: Verbindliche Kostenvoranschläge vermeiden
Unternehmer sollten in keinem Fall einen verbindlichen Kostenvoranschlag erstellen. Denn dann sind sie in allen Punkten an den Preis gebunden, auch wenn die Aufwendungen später höher ausfallen sollten. Aussagen wie „Die Preise sind verbindlich“ sind in jedem Fall zu vermeiden. Unternehmer sollten mögliche Kunden aus Fairnessgründen darauf hinweisen, dass es sich um einen unverbindlichen Kostenvoranschlag handelt und Abweichungen im genannten Umfang möglich sind. Gleichzeitig sollte man sich als Unternehmer überlegen, wie man Kunden gegenüber Abweichungen kommuniziert, um sich diese auch für spätere Aufträge oder Empfehlungen gewogen zu halten.
Leistungen und Kosten möglichst detailliert auflisten
Ein Kostenvoranschlag sollte in jedem Fall schriftlich formuliert und möglichst detailliert erstellt werden, auch wenn wie gesagt die grundsätzliche Unsicherheit bezüglich des genauen Umfangs der Arbeiten und der Kosten besteht und man ggf. auch auf Schätzungen oder Erfahrungswerte zurückgreifen muss.
Kundenwünsche möglichst genau präzisieren
Je genauer der Kunde beschreibt, was er sich konkret wünscht, desto genauer lässt sich auch der Kostenvoranschlag erstellen und es können für beide Seiten negative Überraschungen vermieden werden. Daher sollten Unternehmer sich in jedem Fall die Mühe machen, sich mit dem potenziellen Auftraggeber intensiv auszutauschen. So lassen sich gewünschte Leistungsmerkmale und deren Kosten in den meisten Fällen gut abschätzen.
Die nachstehenden Punkte sollten immer Bestandteil von Kostenvoranschlägen sein:
- Korrekte Daten von Auftraggeber und -nehmer
- Art und Umfang der Arbeiten und Arbeitsschritte
- Die für jede Arbeit bzw. für jeden Arbeitsschritt voraussichtlich anfallenden Arbeitszeiten sowie die hierfür entstehenden Kosten je Arbeitsstunde. Ggf. auch Angaben dazu, wer diese Arbeiten durchführt. In vielen Betrieben wird je nach Berufsgruppe oder Ausbildung mit unterschiedlichen Stundensätzen gearbeitet. Meister werden z.B. anders entlohnt als Gesellen oder Aushilfen. Wichtig: Wenn absehbar ist, dass auch Arbeiten außerhalb der regulären tariflichen Zeiten anfallen werden, sollten Zuschläge für Überstunden etc. angesetzt und ausgewiesen werden. Sollen Dritte eingebunden werden, z.B. Subunternehmer, sollte auch das separat mit Kosten und Stunden aufgelistet werden.
- Falls erforderlich, voraussichtliche Materialkosten möglichst nach (wichtigen) Positionen mit voraussichtlichen Mengen und Preisen. Bei kleineren Positionen kann dann mit pauschalen Beträgen gearbeitet werden.
- Mögliche weitere Kosten, etwa für Wegzeiten oder Kosten für den Einsatz von Maschinen.
- Der auf Basis der Schätzungen und Annahmen berechnete – ungefähre – Endpreis als Netto- und Bruttowert. Hinweis: Die Umsatzsteuer muss nicht zwingend angegeben werden, da es sich bei einem Kostenvoranschlag nicht um eine Rechnung handelt. Allerdings ist es sinnvoll, die Steuer auszuweisen, damit es zu keinen Missverständnissen kommt, vor allem gegenüber Privatkunden.
- Dauer der Auftragsbearbeitung, falls möglich auch mit konkretem Start- und Enddatum.
- Auch wenn es nicht zwingend erforderlich ist, sollten Kostenvoranschläge Angaben zu den Arbeits- und Erledigungszeiten enthalten. Damit weiß ein Kunde z.B., dass die Arbeiten 3-4 Tage dauern werden und er kann sich besser darauf einstellen.
- Bei Kostenvoranschlägen sollte noch die Gültigkeitsdauer angegeben werden. Denn kommt ein Kunde erst nach mehreren Wochen oder gar Monaten auf den Voranschlag zurück, kann es inzwischen Preissteigerungen z.B. bei Material oder Subunternehmern gegeben haben, die sich dann nicht mehr oder nur teilweise auffangen lassen.
Praxis-Tipp: Strategische Preisgestaltung
Falls Kunden Preise und Mengen für Materialien nicht kennen, kann überlegt werden, diese etwas höher anzusetzen als geschätzt. Gleiches gilt für die Stundenzahlen bei Mitarbeitern und Subunternehmern. Damit hat man bei der Umsetzung der Arbeiten etwas mehr Spielraum und kann ggf. eine Kostensteigerung von mehr als 10 % vermeiden. Allerdings ist der Rahmen begrenzt, weil man ja damit rechnen muss, dass Kunden sich bei mehreren Unternehmen Kostenvoranschläge einholen, um diese zu vergleichen. Wird der Puffer nicht benötigt, kann man dem Kunden auch eine niedrigere Rechnung ausstellen als im Kostenvoranschlag vorgesehen. Der Kunde ist dann positiv überrascht und empfiehlt den eigenen Betrieb weiter und/oder erteilt weitere Aufträge.
Kostenvoranschlag schriftlich und eindeutig formulieren
Sind die Daten zur Erstellung eines Kostenvoranschlags zusammengetragen, muss dieser klar und eindeutig formuliert werden. Das heißt nicht nur, dass alle Positionen möglichst detailliert mit den voraussichtlichen Kosten aufgeführt sind. Der Kunde muss auch auf den ersten Blick und zweifelsfrei erkennen können, dass der Kostenvoranschlag unverbindlich ist. Das lässt sich entweder erreichen, indem man vor jede Position ein „ca.“, „ungefähr“, „etwa“ oder „voraussichtlich“ setzt. Oder man kann mit Zusätzen arbeiten, die die Unverbindlichkeit deutlich herausstellen, wie etwa: „Alle Angaben zu Zeit-, Material- und sonstigem Aufwand beruhen auf einer Schätzung. Auch die Kombination ist möglich. Die spätere Rechnung erfolgt auf Basis des tatsächlichen und nachgewiesenen Aufwands.“
Fazit und Ausblick
Kostenvoranschläge werden von Kunden häufig verlangt, wenn sie sich zum einen eine Vorstellung von den Kosten eines Auftrags machen möchten. Zum anderen wollen sie einen Kostenvoranschlag nutzen, um mehrere Anbieter miteinander zu vergleichen.
Unternehmer, die einen Auftrag erhalten möchten, sind dann gefordert, einen Kostenvoranschlag zu erstellen. Damit sie hier aber keine finanziellen Nachteile erleiden, und später alle Kosten berechnen können, müssen sie bei der Erstellung einige Punkte beachten. Ein Kostenvoranschlag sollte explizit als unverbindlich gekennzeichnet sein. Dann können Unternehmer vom errechneten bzw. geschätzten Preis zwischen 10 und 15 % abweichen, im Einzelfall, bei komplexen Arbeiten, sogar bis 20 %, und der Kunde muss das akzeptieren.
Ist abzusehen, dass die Kosten doch höher ausfallen werden, muss der Kunde unverzüglich darüber informiert werden. Dann hat er ein Sonderkündigungsrecht, muss aber für bereits erbrachte Leistungen bezahlen. Kommt es zu solchen Änderungen, sollte unbedingt auf die Schriftform geachtet werden, um Missverständnisse und evtl. unnötige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.
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