Vorsorgeuntersuchungen leitender Angestellter


Vorsorgeuntersuchungen leitender Angestellter

In Arbeitsverträgen mit leitenden Angestellten oder Geschäftsführern ist häufig vereinbart, dass diese bestimmte Vorsorgeuntersuchungen durchführen müssen, um gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Fraglich ist, ob diese Kosten überwiegend im Interesse des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.

Die Frage, ob vertraglich vereinbarte Vorsorgeuntersuchungen, die der Geschäftsführer turnusmäßig durchführen lassen muss, als steuerfrei zu behandeln sind oder nicht, taucht immer wieder bei Lohnsteuerprüfungen auf. Es ist lange her, dass sich der BFH (Urteil v. 17.9.1982, VI R 75/79, BStBl II 1983, 39) konkret mit dieser Frage beschäftigt hat, aber die Praxis zeigt, dass dieses Thema immer noch aktuell ist.

BFH entscheidet über Steuerfreiheit für vom Arbeitgeber bezahlte medizinische Check-ups für leitende Angestellte/Manager

Im entschiedenen Fall gewährte eine GmbH aufgrund der betriebsinternen Bestimmungen ihren Führungskräften als Ergänzung der eigenen Gesundheitsvorsorge regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen. Dabei wurden so genannte Grunduntersuchungen im Rahmen eines Gruppenvertrags, welchen die GmbH mit einer bestimmten Klinik abgeschlossen hatte, durchgeführt.
Die Untersuchungen fanden turnusgemäß alle drei Jahre, bei Mitarbeitern, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, alle zwei Jahre statt. Das Untersuchungsprogramm war zwischen der GmbH und der Klinik im Einzelnen festgelegt, dauerte ein bis zwei Tage und die entsprechend hohen Kosten wurden von der GmbH übernommen.
Der untersuchte Arbeitnehmer erhielt von der Klinik einen Befund und Arztbericht an seine Privatadresse zugesandt. Eine Kopie davon musste er dem Werksarzt zur Einsicht überlassen, der unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber den Arbeitnehmer in Bezug auf eine weitere ärztliche Behandlung beraten sollte. Die GmbH erwartete, dass die betroffenen Mitarbeiter von den Versorgungsmaßnahmen regelmäßig und bereitwillig Gebrauch machten.
Im Fall der Nichtteilnahme waren Sanktionen vorgesehen.

Entscheidung des FG: Besonderes Interesse des Arbeitnehmers

Der Lohnsteuerprüfer sah aufgrund solch umfangreicher Untersuchungen primär ein besonderes Interesse der Arbeitnehmer und unterwarf diese Leistungen der Lohnbesteuerung. Die GmbH klagte, das zuständige Finanzgericht gab aber dem Finanzamt Recht, denn es sah in den Vorsorgeuntersuchungen einen individuell abgrenzbaren geldwerten Vorteil in Form eines Sachbezugs.

Entscheidung des BFH: Besonderes Interesse des Arbeitgebers

Der BFH kam im Revisionsverfahren zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelte, weil die Untersuchungen seiner Ansicht nach im überwiegenden betrieblichen Interesse erfolgten. Nach Ansicht des BFH wurden die Untersuchungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der GmbH und deshalb nicht als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Dienste der leitenden Arbeitnehmer durchgeführt.

Dies wird schon dadurch deutlich, dass der betroffene Arbeitgeber

  • den Personenkreis, der untersucht werden sollte, sowie
  • den Untersuchungsturnus und
  • das Untersuchungsprogramm

bestimmt hat.

Die Arbeitnehmer konnten also die Untersuchungen nicht beantragen oder sich aussuchen, ob sie die Maßnahmen häufiger oder weniger häufig als vom Arbeitgeber vorgesehen durchführen lassen. Wenn die Arbeitnehmer andere als vom Arbeitgeber vorgesehene Untersuchungen wollten, mussten sie die Kosten dafür selbst tragen. Der Arbeitgeber war es auch, der Wert auf ein objektiv festgestelltes Gesundheitsbild seiner Arbeitnehmer legte. Deshalb hat er die Untersuchungen gerade bei einer Klinik seines Vertrauens verlangt und die Kosten für Untersuchungen durch andere Ärzte nicht übernommen.
Der BFH hat sein Urteil des Weiteren damit begründet, dass gerade der eingeschränkte Personenkreis der leitenden Angestellten für das betriebliche Interesse sprach und dabei eine Antwort auf die Frage, wie er geurteilt hätte, wenn alle Arbeitnehmer betroffen gewesen wären, bewusst offen gelassen.

Weitere Indizien für überwiegendes Arbeitgeberinteresse

  • Sanktionen: Dass der Arbeitgeber ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an den Untersuchungen hatte, ergibt sich auch aus dem mittelbaren Zwang, den er dadurch ausübte, dass er finanzielle Nachteile in Aussicht stellte, falls ein Arbeitnehmer sich nicht untersuchen ließ.
  • Untersuchungsbericht für Werksarzt: Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an den Untersuchungen kommt ferner darin zum Ausdruck, dass der Werksarzt eine Ausfertigung des Untersuchungsberichts erhielt und dass er die Arbeitnehmer ggf. in Bezug auf eine weitere ärztliche Behandlung beraten sollte.

Hinweis: Bericht an Werksarzt ist Indiz für Arbeitgeberinteresse

Unabhängig davon, ob der Werksarzt trotz der ärztlichen Schweigepflicht zur Offenbarung etwaiger Krankheiten gegenüber der Geschäftsführung berechtigt war oder nicht, dient die Tatsache allein, dass er die Untersuchungsergebnisse kannte und die Arbeitnehmer bei einer nötigen Behandlung zu beraten hatte, dem Interesse des Arbeitgebers. Denn dadurch war für den Arbeitgeber in gewissem Umfang sichergestellt, dass die Arbeitnehmer in einem durch die Untersuchungen evtl. festgestellten Krankheitsfall sich einer Behandlung unterziehen und damit plötzliche Ausfälle aus Gesundheitsgründen seltener sein würden.

Fazit: Urteil entspricht wirtschaftlich ausgerichteter Betrachtungsweise

Das BFH-Urteil entspricht einer wirtschaftlich ausgerichteten Betrachtungsweise, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Führungskräfte besonders stressgefährdet und weniger leicht auswechselbar sind, so dass es im Rahmen sowohl der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht als auch im Eigeninteresse des Unternehmens liegen muss, den Gesundheitszustand leitender Angestellter durch intensive Vorsorgeuntersuchungen rechtzeitig und regelmäßig zu überprüfen.