Erste Auslegungen der Finanzverwaltung
Durch BMF-Schreiben vom 12.1.2017 (BMF, Schreiben v. 12.1.2017, IV A 3 – S 0062/16/10005), wurde der Anwendungserlass zu Abgabenordnung (AO) das erste Mal in diesem Jahr geändert. Diese Änderung ist vor allem deshalb bedeutsam, da sie die erste Änderung darstellt, die zumindest teilweise auf das im letzten Jahr beschlossene Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Bezug nimmt.
Praxis-Hinweise für den Umgang mit der Finanzverwaltung
- Der Anwendungserlass zur AO stellt eine in der Praxis teilweise etwas stiefmütterlich behandelte Verwaltungsanweisung dar. Dabei bindet sich die Finanzverwaltung mit dieser Verwaltungsanweisung selber im Hinblick auf die Auslegung des Gesetzes.
- Im Anwendungserlass finden sich dabei nicht selten Argumente, die der Finanzverwaltung selber entgegengehalten werden können. Ein Blick in den Anwendungserlass lohnt deshalb oftmals.
- Zu den neuen Ausführungen gemäß Schreiben vom 12.1.2017 kommt hinzu, dass diese erstmals in Teilbereichen die Verwaltungsauffassung zu neuen Bestimmungen nach dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 (BGBl. I 2016, S, 1679) beinhalten. Diese schaffen zwar auch neue gesetzliche Verpflichtungen, aber auch einige neue Möglichkeiten des Steuerpflichtigen im Umgang mit der Finanzverwaltung. Dies gilt insbesondere für die Änderung von bestandskräftigen Verwaltungsakten.
Überblick über die wichtigsten Themen
Folgende Themen sind durch das BMF-Schreiben vom 12.1.2017 von der Änderung des Anwendungserlasses zur AO betroffen:
- Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers
- Elektronische Übermittlung von Vollmachtsdaten an Landesfinanzbehörden
- Elektronische Kommunikation
- Untersuchungsgrundsatz
- Datenübermittlung durch Dritte
- Verlängerung von Fristen
- Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf
- Abgabe der Steuererklärungen
- Form und Inhalt der Steuerbescheide
- Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer Steuererklärung
- Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen
- Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte
- Form, Inhalt und Erteilung der Einspruchsentscheidung
Es ist ersichtlich, dass nicht alle der vorgenannten Themen von Allgemeinbedeutung sind. Auch sind noch nicht alle Bestimmungen angesprochen, die durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens geändert oder neu eingefügt worden sind. Weitere Ergänzungen des Anwendungserlasses dürften deshalb im 2017 folgen.
Bedeutsame Aussagen der Finanzverwaltung
Für viele Steuerpflichtige sind folgende Aussagen bedeutsam:
- Die elektronische Kommunikation mit dem Finanzamt ist weiter ausgebaut worden. Die Ausführungen zur zentralen Bestimmung des § 87a AO wurden vollständig neu gefasst.
- Nach der Neufassung des § 89 Abs. 2 Satz 4 AO sollen Anträge auf eine verbindliche Auskunft ab 1.1.2017 innerhalb von sechs Monaten erteilt werden. Kann diese Frist nicht eingehalten werden, hat das Finanzamt dies zu begründen.
- Nach dem neuen § 122a AO kann ein Verwaltungsakt auch durch Bereitstellung zum Datenabruf bekannt gemacht werden. Dies setzt allerdings eine Einwilligung des Steuerpflichtigen voraus.
- Der neue § 173a AO ergänzt die steuerlichen Korrekturnormen für bestandskräftige Steuerbescheide. Demnach sind Schreib- oder Rechenfehler des Steuerpflichtigen bei der Erstellung einer Steuererklärung zu korrigieren. Hierzu trifft das BMF erstmalig Aussagen. Das schlichte Vergessen ist demnach kein Schreib- oder Rechenfehler.
- Neu ist auch die Regelung des § 175b AO. Nach dieser Bestimmung kann eine Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte erfolgen. Diese Änderung kann sich sowohl positiv als auch negativ für den Steuerpflichtigen auswirken. § 175b AO gilt allerdings erst für Besteuerungszeiträume nach 2016.
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