Gastronomiebetrieb bewirtet Busfahrer kostenlos: Beschränkt oder unbeschränkt abziehbar?
Nach § 4 Abs. 4 EStG sind betrieblich veranlasste Aufwendungen Betriebsausgaben und handelsrechtlich zu 100% abzugsfähig. Das gilt auch für Bewirtungsaufwendungen. Steuerrechtlich ist das anders: Aufwendungen für die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass dürfen den Gewinn nur zu 70% der nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehenden Kosten mindern (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Fraglich ist, ob auch im Fall eines Gastronomiebetriebs, der Busfahrer mit dem Ziel bewirtet, diese zum Ansteuern der Gaststätte zu motivieren, eine Kürzung der abzugsfähigen Bewirtungskosten auf 70% vorzunehmen ist.
Beispiel: Busfahrer erhält kostenlose Bewirtung von Raststättenbetreiber
Die Betreiberin diverser Autobahnraststätten Z-GmbH bewirtet Busfahrer, die diese Raststätten mit einem mit potenziellen Kunden gefüllten Bus ansteuern, kostenlos. Auch wenn die Busfahrer die Raststätte privat besuchen, werden sie kostenlos bewirtet. Die Busfahrer erhalten von der Z-GmbH eine Kundenkarte, die ihnen als Anreiz dienen soll, die Raststätten der Z-GmbH anzufahren. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht.
Im Unternehmen der Z-GmbH findet eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer kommt zu dem Ergebnis, dass die – ordnungsgemäß nach § 4 Abs. 7 EStG aufgezeichneten – Aufwendungen i.H.v. 16.000 EUR als Bewirtungskosten i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren seien. Die Aufwendungen seien daher um 30%, d.h. 4.800 EUR, zu kürzen und insoweit als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln.
Die Einladung eines Geschäftsfreunds in eine Gaststätte unter Übernahme der anfallenden Kosten ist ein typischer Fall, in dem die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG greift. Mit der Abzugsbeschränkung auf 70% will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass durch die Bewirtung die Lebensführung der teilnehmenden Personen berührt ist. Außerdem soll dem sog. "Spesenunwesen" entgegengewirkt werden.
Das Abzugsverbot u.a. für Bewirtungsaufwendungen gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG greift nach § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG dann nicht, wenn der Steuerpflichtige die Betätigung mit Gewinnabsicht ausübt. Der Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs ist in diesen Fällen nicht angezeigt, weil die Aufwendungen keinen Bezug zur privaten Lebensführung aufweisen und weder der Spesensphäre noch den Repräsentationskosten zuzuordnen sind.
Entsprechend § 4 Abs. 4 EStG sind die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer durch den Betrieb der Z-GmbH veranlasst, damit handelt es sich zweifelsfrei um Betriebsausgaben. Die kostenlose Verpflegung soll die Busfahrer motivieren, nicht die Gaststätten der Konkurrenz, sondern die der GmbH anzusteuern, damit die Businsassen dort die Leistungen der GmbH entgeltlich in Anspruch nehmen.
Praxis-Tipp: Revision anhängig
Nach einer neuen Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil v. 24.4.2017, 2 K 11255/15, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 24/17) sind die Aufwendungen für die Bewirtung der Busfahrer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nur beschränkt i.H.v. 70% der Aufwendungen abziehbar. Die unentgeltliche Bewirtung der Busfahrer ist zwar nicht Gegenstand der mit Gewinnabsicht ausgeübten Tätigkeit der Z-GmbH i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG. Während in der früheren Rechtsprechung des BFH jedoch eine Unentgeltlichkeit der Bewirtung verlangt wurde, wird dieses Merkmal in der neueren Rechtsprechung des BFH ausdrücklich nicht mehr vorausgesetzt (BFH v. 6.6.2013, I B 53/12, BFH/NV 2013 S. 1561). Weder aus dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG lässt sich nach dieser neueren Rechtsprechung des BFH entnehmen, dass es sich bei der Bewirtung um eine unentgeltliche Zuwendung entsprechend dem bürgerlich-rechtlichen Begriff der Schenkung handeln muss.
Im vorliegenden Fall haben die Busfahrer Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr erhalten. Dies erfolgte unentgeltlich, denn die bewirteten Busfahrer haben kein besonderes Entgelt für die Verpflegung geleistet. Die Z-GmbH hat zwar die Busfahrer mit der kostenlosen Bewirtung dafür belohnt, dass diese ihre Busse mit potenziellen Kunden zu ihrer Gaststätte gebracht haben, aber nach Meinung des Niedersächsischen FG kann umgekehrt diese „Leistung“ der Busfahrer nicht als Gegenleistung oder Entgelt für die Verpflegung angesehen werden. Es liegt kein Leistungsaustausch vor, da für die Busfahrer jedenfalls keine Verpflichtung besteht, die Raststätten der Z-GmbH anzufahren. Folgt man der Auffassung des Niedersächsischen FG, ist eine Kürzung der Bewirtungsaufwendungen für die Busfahrer auf 70% geboten.
Die zugelassene Revision wurde gegen das Urteil eingelegt. Vergleichbare Fälle sollten im Hinblick auf die anhängige Revision offengehalten werden, bis der BFH über die praxisrelevante Streitfrage entschieden hat.
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