Vorkasse für Zahnbehandlung ist nicht absetzbar
Das deutsche Einkommensteuerrecht folgt dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Deswegen unterliegen Einkommen mit steigender Höhe einem steigenden Steuersatz (progressiver Einkommensteuertarif). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber ein Instrument geschaffen, auf das Steuerzahler in Jahren mit besonders hohen, einmalig anfallenden Ausgaben zurückgreifen können: die außergewöhnlichen Belastungen. Darunter fallen unter anderem Krankheitskosten, Ausgaben für den Unterhalt an Familienmitglieder oder Pflegekosten. Akzeptiert das Finanzamt derartige Ausgaben, sinkt die Steuerlast des Steuerpflichtigen spürbar.
Den Abzug dieser Kosten hat der Gesetzgeber allerdings an einige Voraussetzungen geknüpft, die sich an der Höhe des Einkommens, des Familienstands und Kinderzahl orientieren. Nur wenn der Steuerzahler diese Voraussetzungen erfüllt, erkennt das Finanzamt die Ausgaben als außergewöhnliche Belastung an. Dabei gilt. Je höher die Ausgaben in einem Jahr sind, umso stärker ist die Steuerentlastung. Darum ging es auch in einem aktuellen Streitfall, den das Finanzgericht München zu entscheiden hatte.
45.000 Euro Kosten für ein Zahnbehandlung über zwei Jahre
Der Kläger hatte im Streitjahr 2009 die Kosten für eine auf zwei Jahre angesetzte Zahnbehandlung in Höhe von 45.000 Euro vorausbezahlt und in der Einkommensteuererklärung 2009 als außergewöhnliche Belastung angesetzt. Es handelte sich dabei aber nicht um eine Zahlung aufgrund einer festen Kostenvereinbarung, sondern lediglich um die Vorkasse auf die noch nicht fest stehenden Gesamtkosten. Ein weiterer Aspekt kam in diesem Fall hinzu: Der Steuerpflichtige hatte im Jahr 2009 von seinem Arbeitgeber eine Abfindung über 250.000 Euro für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 erhalten.
Genau an dieser Stelle roch das Finanzamt den Braten. Es akzeptierte die außergewöhnliche Belastung nicht, sondern sah vielmehr einen Gestaltungsmissbrauch. Profan ausgedrückt: Das Finanzamt ging davon aus, dass der Steuerzahler lediglich die Steuerbelastung für die Abfindung drücken wollte. Daher erkannte es im Schätzwege nur die angefallenen Kosten im Jahr 2009 an.
Finanzgericht folgt dem Finanzamt
Auch vor dem Finanzgericht München kam der Steuerzahler keinen Schritt weiter. Denn das Gericht wies die Klage ab (7 K 3486/11). Grundsätzlich stellten die Richter klar, dass zwangsläufig entstandene Krankheitskosten nur in dem Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden können, in dem sie tatsächlich entstanden sind. Ein Abzug in voller Höhe sei daher dann nie möglich, wenn die Kosten ohne wirtschaftlich vernünftigen Grund vorausgezahlt werden. Hier liege vielmehr ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor.
Genau das trifft nach Ansicht des Finanzgerichts auch auf den Streitfall zu. So gebe es keinen vernünftigen Grund, der außerhalb des Steuerrechts liegt, dass der Steuerpflichtige die gesamten Kosten der zwei Jahre dauernden Zahnbehandlung bereits bei Beginn der Behandlung im Dezember 2009 vorausbezahlt habe. Einziges Motiv sei daher gewesen, dass der Kläger die hohe Steuerprogression bei der Abfindung senken wollte.
Praxistipp
Das Finanzgericht und das Finanzamt konnten in diesem Fall gar nicht anders entscheiden, da das Motiv, im Dezember des Veranlagungsjahres noch eine Zahnbehandlung zu beginnen, offenkundig war. Ein Hebel zu Senkung der Steuerlast in solchen Fällen könnte daher nur sein, die Zahnbehandlung möglichst früh zu beginnen. Als zweiter Hebel würde sich auch eine Festkostenvereinbarung anbieten. Damit ließe sich eine Vorauszahlung wirtschaftlich vernünftig begründen, weil dadurch dem Steuerpflichtigen das Risiko genommen wird, dass er zusätzlich belastet wird, wenn die Behandlungskosten ungeplant in die Höhe schießen.
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