Mietpreisbremse: Rüge durch einen Mieter, Rückforderung an alle
Hintergrund: Nur eine von mehreren Mieterinnen rügt Verstoß gegen Mietpreisbremse
Zwischen dem Vermieter und zwei Mieterinnen besteht seit März 2017 ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Berlin.
(Nur) eine der beiden Mieterinnen hat ein Inkassounternehmen beauftragt, einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse zu rügen und eine überzahlte Miete zurückzufordern. Eventuelle Rückzahlungsansprüche hat die Mieterin an das Unternehmen abgetreten.
Das Unternehmen hat sodann gegenüber dem Vermieter gerügt, die vereinbarte Miete verstoße gegen die nach der Mietpreisbremse zulässige Miethöhe sowie vom Vermieter Auskunft über die Vormiete verlangt und die Rückerstattung überzahlter Miete gefordert. Der anschließenden Klage haben Amts- und Landgericht teilweise stattgegeben und den Vermieter zur Rückzahlung von Miete verurteilt, weil die vereinbarte Miethöhe die nach der Mietpreisbremse zulässige Miethöhe übersteigt.
Der BGH hatte unter anderem darüber zu entscheiden, dass nur eine der beiden Mieterinnen den Verstoß gegen die Mietpreisbremse hat rügen und Miete zurückfordern lassen.
Entscheidung: Rückzahlung an alle Mieter
Der BGH bestätigt das Urteil des Landgerichts im Wesentlichen. Insbesondere schadet es nicht, dass nur eine der beiden Mieterinnen tätig geworden ist. Allerdings korrigiert der BGH das Urteil dahingehend, dass die Rückzahlung nur an alle Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs gemeinsam verlangt werden kann.
Mehrere Mieter sind Mitgläubiger
Bei einer Mietermehrheit sind die Mieter hinsichtlich der Rückzahlung überzahlter Miete Mitgläubiger gemäß § 432 BGB und nicht Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB.
Im Falle der Mitgläubigerschaft hat jeder Gläubiger ein eigenes Forderungsrecht gegen den Schuldner (hier den Vermieter) mit der Folge, dass er seine Rechtsposition selbständig und ohne Mitwirkung der weiteren Gläubiger abtreten kann.
Ein Mitgläubiger kann aber nicht Zahlung an sich allein, sondern nur an alle Gesamtgläubiger gemeinsam verlangen. Dies hat zur Folge, dass das Inkassounternehmen die Rückzahlung der überzahlten Miete nicht an sich allein beanspruchen kann, sondern nur Zahlung an sich und die andere Mieterin, die ihre Ansprüche nicht abgetreten hat, gemeinsam.
Ebenso stand der – im Laufe des Rechtsstreits erfüllte – Anspruch auf Auskunft über die im vorigen Mietverhältnis vereinbarte Miete nach § 556g Abs. 3 BGB den Mieterinnen gemeinschaftlich zu.
Im Gegensatz zur Mitgläubigerschaft kann bei der – hier nicht vorliegenden – Gesamtgläubigerschaft jeder Gläubiger Leistung an sich verlangen, wobei der Schuldner insgesamt nur einmal zur Leistung verpflichtet ist.
Mieter sind nicht deshalb Gesamtgläubiger, weil sie Gesamtschuldner sind
Mieten mehrere Personen eine Wohnung an, haften sie zwar für die Mietforderungen des Vermieters einschließlich der Nebenkosten als Gesamtschuldner, das heißt der Vermieter kann von jedem Mieter (einzeln) volle Zahlung fordern, insgesamt aber nur einmal.
Daraus folgt aber nicht, dass bei der Rückabwicklung gezahlter Mieten die Mieter nun Gesamtgläubiger im Sinne von § 428 BGB würden. Denn das Gesetz ordnet zwar für die Zahlungspflichten des Mieters im Zweifel eine Gesamtschuld an. Es besteht aber im Falle einer Rückabforderung keine entsprechende Regelung dahin, dass die früheren Gesamtschuldner nun Gesamtgläubiger werden. Vielmehr ist die Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB die Regel. Das gilt etwa auch für die Rückforderung eines Nebenkostenguthabens durch mehrere Mieter.
Rüge durch einen von mehreren Mietern reicht
Ein Anspruch auf Rückzahlung von Miete wegen Verstoßes gegen die Mietpreisbremse setzt voraus, dass die Mieter den Verstoß gegenüber dem Vermieter gerügt haben und – sofern das Mietverhältnis vor April 2020 begründet worden ist –, dass die zurückverlangte Miete nach der Rüge fällig geworden ist.
Bei einer Mehrheit von Mietern ist nicht erforderlich, dass sämtliche Mieter den Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen. Eine Rüge durch einen Mieter genügt und wirkt für alle. Daher reichte hier die für eine Mieterin erhobene Rüge aus.
Berliner Mietpreisbremse ist wirksam
In der Entscheidung bestätigt der BGH seine Rechtsprechung, dass die 2015 in Berlin erlassene Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse wirksam ist.
Insbesondere ist die Begründung der Verordnung an öffentlich zugänglicher Stelle bekanntgemacht worden, indem die Verordnung einschließlich Begründung auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses abrufbar war.
Die Begründung einer Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse muss nicht im Gesetzblatt veröffentlicht werden. Ebenso ist nicht erforderlich, dass die Verordnungsbegründung vom zuständigen Ministerium selbst bekanntgemacht wird. Vielmehr reicht die Bekanntmachung durch eine andere amtliche Stelle aus (im Gegensatz zu privaten Stellen wie Mieter- oder Vermieterverband). Dies war durch die Veröffentlichung auf der Internetseite des Berliner Abgeordnetenhauses erfüllt.
(BGH, Urteil v. 27.5.2020, VIII ZR 45/19)
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