Büromieten: Raus aus der Krise – Berlin hat Extra-Potenzial
Die Büromieten in Europa steigen so langsam wie seit 2015 nicht mehr. Der vom Immobilienberater JLL für das zweite Quartal 2021 ermittelte gewichtete nominale Spitzenmietpreis-Index hat sich gegenüber dem Vorquartal gar nicht geändert und liegt nur 0,2 Prozent über dem Wert des zweiten Quartals 2020 – laut JLL ist das hauptsächlich zurückzuführen auf den Mangel an einem verfügbaren Angebot an 1A-Flächen. Aus eben diesem Grund könnten im Gesamtjahr 2021 "einige europäische Städte einen Rückgang der Bürospitzenmieten im niedrigen einstelligen Bereich erfahren", sagt Hela Hinrichs, Senior Director, JLL EMEA Research & Strategy.
Die nominalen Bürospitzenmieten erholen sich stabil
Für die meisten Großstädte in Europa wird von JLL aber im zweiten Halbjahr 2021 eine stabile Entwicklung der Netto-Spitzenmieten erwartet – und 2022 dürfte sich die Erholung weiter fortsetzen. Mit Blick auf die deutschen Immobilienhochburgen sprechen die JLL-Researcher Berlin das größte Potenzial bei den Steigerungen der Spitzenmieten zu: Prognostiziert wird bis Jahresende ein Plus von 2,6 Prozent. Mit Abstand wird hierzulande von den sogenannten "Top 7" (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) nur Köln (plus 1,9 Prozent) mithalten können.
Gegenüber dem ersten Quartal 2021 gab es in den vergangenen drei Monaten nur noch in drei der von JLL untersuchten 24 Indexstädte* Veränderungen: Ein Plus bei neuen Büroentwicklungen im CBD von Lyon (plus 6,3 Prozent) und Stockholm (plus 1,3 Prozent) sowie ein Rückgang in Paris (minus 1,1 Prozent). Die Spitzenmieten in allen anderen Städten blieben im zweiten Quartal unverändert. Insgesamt könnte sich der nominale Büromietpreis-Index Ende 2021 bei einem Minus von 0,1 Prozent bewegen.
*Amsterdam, Barcelona, Berlin, Brüssel, Budapest, Den Haag, Dublin, Düsseldorf, Edinburgh, Frankfurt am Main, Hamburg, London, Luxemburg, Lyon, Madrid, Mailand, Moskau, München, Paris, Prag, Rotterdam, Stockholm, Utrecht und Warschau.
Effektive Bürospitzenmieten: Hamburg bleibt vermieterfreundlich
Anders sieht es beim Blick auf die effektiven (Kosten abzüglich der Incentives) Netto-Spitzenmieten aus. Der JLL-Index für diesen Bereich sank im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem ersten Quartal um 0,1 Prozent. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2020 verzeichneten gleich 15 Indexstädte einen Rückgang. Besonders Märkte wie Prag (minus 14,1 Prozent), Barcelona (minus 8,2 Prozent), Madrid (minus 7,9 Prozent), Moskau (minus 6,7 Prozent) und Utrecht (minus 6,6 Prozent) treiben die Marktdynamik hin zu mieterfreundlicheren Konditionen.
Städte wie Hamburg (plus 3,3 Prozent gegenüber Vorjahr) und Edinburgh (plus 2,8 Prozent) bleiben da eher vermieterfreundlich. JLL geht aber davon aus, dass es 2021 einen deutlichen Anstieg der Mietanreize geben wird, da Vermieter ihre Erträge sichern wollen, besonders bei Pipeline-Projekten für 2021 bis 2023.
Büros sind wieder gefragt: der Fächenumsatz steigt
Der Büroflächenumsatz in Europa stieg JLL zufolge im zweiten Quartal 2021 um neun Prozent gegenüber den ersten drei Monaten 2021 auf 2,3 Millionen Quadratmeter. Im Jahresvergleich bedeutet das ein Plus von 28 Prozent. Summiert kommen für das erste Halbjahr 2021 rund 4,5 Millionen Quadratmeter umgesetze Bürofläche zusammen. In 15 Märkten gab es einen Zuwachs, in neun einen Rückgang.
Etliche Mieter gaben an, sich vor dem Hintergrund der Pandemie für weniger Fläche entschieden zu haben als ursprünglich geplant, doch wie JLL beobachtet, nehmen die Vertragsverhandlungen wieder zu, das könnte ein Hinweis auf eine mögliche starke Erholung im zweiten Halbjahr 2021 sein. Von Nutzern stark nachgefragt sind laut JLL derzeit vor allem Bürogebäude, die ESG (Environmental Social Governance)-Kriterien erfüllen und eine hochwertige Ausstattung und Gesundheits-Zertifizierungen bieten.
Vor allem Unternehmen aus der Technologie- und Rechtsberatung sind interessiert an Büros. Größere Flächenanmietungen ab 5.000 Quadratmetern waren im zweiten Quartal 2021 in Paris und London zu sehen. In Deutschland gab es in München, Berlin, und Frankfurt solche Großabschlüsse, im gesamten ersten Halbjahr immerhin 27, schreibt JLL. Eurpaweit prognostiziert das Maklerhaus einen Anstieg des Umsatzvolumens 2021 um 15 Prozent gegenüber 2020.
Büroanmietungen: Dynamische Entwicklung in Frankfurt und Köln
Deutlich aktiver als noch im ersten Quartal 2021 waren Mieter im zweiten Quartal in Mailand (plus 79 Prozent), Madrid (plus 70 Prozent) und Barcelona (plus 20 Plus). Noch deutlicher fiel nach Berechnungen von JLL das Plus in Luxemburg (plus 106 Prozent) und Budapest (plus 88 Prozent) aus. Lyon kam auf einen Anstieg von 57 Prozent, Moskau legte um 35 Prozent zu. Einbußen mussten Brüssel (minus 34 Prozent) und Amsterdam (minus 26 Prozent) hinnehmen.
London notierte das stärkste Quartal seit Beginn der Pandemie: Der Büroflächenumsatz stieg im Vergleich der zweiten Quartale 2020 und 2021 um 42 Prozent. In Europas größtem Büroflächenmarkt Paris gab es ebenfalls eine starke Dynamik gegenüber dem Vorjahr (plus 107 Prozent).
In den sieben deutschen Immobilienhochburgen macht JLL im zweiten Quartal 2021 noch Unsicherheit aus. Am Ende des ersten Halbjahres wird aber für vier der sieben Städte ein Plus registriert, mit Köln und Frankfurt an der Spitze (jeweils knapp plus 50 Prozent). Es folgen Hamburg (plus 34 Prozent) und Berlin (plus sechs Prozent). Die in der Hauptstadt umgesetzten rund 366.000 Quadratmeter bilden das höchste Umsatzvolumen unter den deutschen "Top 7". Düsseldorf, Stuttgart und München liegen mit relativen Verlusten zwischen 30 und 37 Prozent deutlich hinter dem Vorjahr zurück.
Mehr Büros verfügbar – gefragt sind flexible Konzepte
Die Leerstandsquote in Europa stieg laut JLL im sechsten Quartal in Folge und lag Ende Juni 2021 bei 7,5 Prozent – das ist ein Plus von 30 Basispunkten gegenüber dem Vorquartal und der höchste Stand seit 2017. Der Leerstand in 1A-Flächen ist historisch niedrig.
Vier der 24 Indexstädte verzeichnen im zweiten Quartal 2021 einen Rückgang der Leerstände: Amsterdam (minus 30 Basispunkte auf 4,1 Prozent), Budapest (minus 20 Basispunkte auf 8,7 Prozent), Barcelona (minus zehn Basispunkte auf vier Prozent) und Lyon (minus Basispunkte auf 6,7 Prozent). In 16 Märkten gab es mehr verfügbares Angebot, vor allem in Dublin (plus 100 Basispunkte auf 12,7 Prozent), London City (plus 90 Basispunkte auf 8,2 Prozent, Berlin (plus 50 Basispunkte auf 3,9 Prozent), Warschau (plus 50 Basispunkte auf 11,9 Prozent), Stockholm (plus 50 Basispunkte auf elf Prozent) und Paris (plus 40 Basispunkte auf 7,3 Prozent). In Brüssel, Mailand, Edinburgh und Madrid blieb der Leerstand stabil.
In den sieben deutschen Metropolen stehen aktuell mehr als vier Millionen Quadratmeter Bürofläche kurzfristig zur Verfügung – das ist ein Plus von rund einer Millionen Quadratmetern (35 Prozent) im Vergleich zu Ende Juni 2020. Frankfurt hat den geringsten Leerstandsanstieg im Jahresvergleich (auf 6,6 Prozent). In Stuttgart ging der Leerstand um neun Prozent auf weniger als zwei Prozent zurück. JLL geht davon aus, dass die Leerstände in allen "Top 7" auf 4,5 Prozent im Schnitt steigen werden. Nachgefragt sind moderne und flexibel gestaltbare Büros, während Büros, die nur starre Konzepte ermöglichen und auch unter Nachhaltigkeitsaspekten nicht punkten können, kaum Abnehmer finden.
Projekt-Pipeline nimmt europaweit Fahrt auf
In ganz Europa dürfte JLL zufolge der Leerstand bis Ende 2021 leicht auf 7,7 Prozent steigen, während sich die Zahl der Untermietflächen weiter stabilisieren wird. In London beispielsweise wurden eine Reihe von Untermietverträgen gecancelt, da die Unternehmen von einer stärkeren Rückkehr der Mitarbeiter in die Büros ausgehen.
Die Projekt-Pipeline nimmt europaweit Fahrt auf: Rund 1,2 Millionen Quadratmeter Büroflächen wurden im zweiten Quartal 2021 fertiggestellt, 14 Prozent über dem Fünfjahresschnitt. Auf Paris (227.000 Quadratmeter), London (217.000 Quadratmeter) und Moskau (137.000 Quadratmeter) entfiel der Löwenanteil. Für das zweite Halbjahr 2021 erwartet JLL, dass weitere vier Millionen Quadratmeter auf den Markt kommen werden. Insgesamt würden die Bürofertigstellungen 2021 dann 6,9 Millionen Quadratmeter erreichen – 55 Prozent über dem Volumen von 2020.
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