Erstellen der WEG-Jahresabrechnung kann vertretbare Handlung sein
Hintergrund: WEG fordert Vorschuss für Jahresabrechnung
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der ehemaligen Verwalterin einen Vorschuss für die Neuerstellung mehrerer Jahresabrechnungen.
Die Verwalterin amtierte bis 2009. Während ihrer Amtszeit erstellte sie die Jahresabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2008. Die Beschlüsse, durch die die Jahresabrechnungen für 2005 bis 2007 genehmigt worden waren, wurden gerichtlich für ungültig erklärt, woraufhin die ehemalige Verwalterin die Abrechnungen neu erstellte. Indes wurden in einer Eigentümerversammlung im Jahr 2012 weder die neu erstellten Abrechnungen noch die Abrechnung für das Jahr 2008 genehmigt, weil diese fehlerhaft und unschlüssig seien.
Eine nochmalige Neuerstellung der Abrechnungen lehnte die ehemalige Verwalterin ab. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beabsichtigt nun, die Jahresabrechnungen für 2005 bis 2008 anderweitig erstellen zu lassen, und verlangt von der ehemaligen Verwalterin hierfür einen Kostenvorschuss von 3.800 Euro.
Entscheidung: Auf den Zweck der Abrechnung kommt es an
Der BGH gibt der Wohnungseigentümergemeinschaft Recht.
Der Verwaltervertrag ist zwar ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag, allerdings schuldet der Verwalter auch erfolgsbezogene Tätigkeiten. Dazu gehört die Aufstellung der Jahresabrechnung. Hierzu war der Verwalter nach § 28 Abs. 3 WEG a. F. verpflichtet und ist es nach der WEG-Reform gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG weiterhin. Danach schuldet der Verwalter nicht nur ein Tätigwerden, sondern einen Erfolg. Er muss die Belege auswerten und als Ergebnis dieser Auswertung eine Jahresabrechnung aufstellen, die dieses Ergebnis in beschlussfähiger Form darstellt, und dieses Zahlenwerk den Wohnungseigentümern zur Vorbereitung der Beschlussfassung vorlegen.
Kommt der Verwalter dieser Pflicht nicht nach, kommt ein Anspruch auf Kostenvorschuss aus § 637 Abs. 3 BGB zwecks anderweitiger Erstellung der Jahresabrechnung indes nur in bestimmten Fällen in Betracht, nämlich wenn die Erstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare Handlung ist. Andernfalls wäre der Besteller – hier die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – nicht imstande, sie selbst aufzustellen oder durch einen kundigen Dritten aufstellen zu lassen. Dann bestünde auch kein Anspruch auf einen Vorschuss.
Ob die Aufstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare oder nur vom Verwalter erfüllbare unvertretbare Handlung ist, hängt davon ab, welche Funktion sie im Einzelfall erfüllt:
- Strebt die Gemeinschaft mit der Vorlage der Jahresabrechnung durch den Verwalter auch oder nur die Rechnungslegung zur Kontrolle seiner Amtsführung an, und verlangt sie von ihm uneingeschränkt die Aufstellung der Jahresabrechnung und damit auch die Versicherung, alle Einnahmen und Ausgaben nach bestem Wissen angegeben zu haben, ist die Aufstellung der Jahresabrechnung eine unvertretbare Handlung.
- Soll der Verwalter die Jahresabrechnung dagegen nur vorlegen, um den Wohnungseigentümern die Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen und die Anpassung von Vorschüssen zu ermöglichen, und wird deshalb nur die Erstellung des Zahlenwerks verlangt, ist die Aufstellung der Jahresabrechnung eine vertretbare Handlung.
Der zweite Fall liegt hier vor. Die Wohnungseigentümer benötigen die neu aufgestellten Jahresabrechnungen, um (erneut) darüber beschließen und die länger zurückliegenden Wirtschaftsjahre abschließen zu können. Für diesen Zweck reicht es aus, wenn ein Dritter die Abrechnung erstellt. Da sich die ehemalige Verwalterin ernsthaft und endgültig weigert, die mangelhaften Abrechnungen nachzubessern beziehungsweise neu zu erstellen, kann die Gemeinschaft dies anderweitig in Auftrag geben und hierfür einen Vorschuss verlangen.
(BGH, Urteil v. 26.2.2021, V ZR 290/19)
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