BGH: Sportregeln beeinflussen Haftung des Mieters nicht

Der Mieter von Räumlichkeiten zum Sporttreiben (hier: Tennisplatz in einer Halle) kann für Schäden, die er am Mietobjekt beim Sport verursacht hat, auch dann haftbar sein, wenn er die für die Sportart geltenden Regeln eingehalten hat.

Hintergrund: Scheibe geht beim Tennis zu Bruch

Die Vermieterin eines in einer Tennishalle gelegenen Tennisplatzes verlangt vom Mieter Schadensersatz.

Der Mieter mietet in der Halle regelmäßig einen Tennisplatz an, um dort als Freizeitspieler seinem Hobby nachzugehen. Bei einer Nutzung des Tennisplatzes prallte der Mieter gegen eine im Abstand von 2,5 Metern parallel zur Außenlinie verlaufende Glasscheibe, die hierbei zerbrach. Die Vermieterin verlangt Ersatz der Reparaturkosten sowie entgangenen Gewinn, weil sie den Platz bis zur Reparatur nicht vermieten konnte.

Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht blieb die Klage ohne Erfolg. Den Mieter treffe an dem Schaden kein Verschulden, weil er sich bei der Nutzung des Platzes an die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) gehalten habe. Der Grundsatz, dass ein Sportler nicht für die Verletzung eines Gegners hafte, wenn er sich regelkonform verhalten habe, sei auf den hiesigen Fall einer Beschädigung der Sportstätte übertragbar.

Entscheidung: Mieter haftet auch bei regelgerechtem Verhalten

Der BGH hebt das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Ein Mieter ist aufgrund seiner Obhutspflicht gehalten, die ihm überlassenen Räumlichkeiten schonend und pfleglich zu behandeln und alles zu unterlassen, was zu einer vom vertragsgemäßen Gebrauch nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann. Dies ist eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht, die das Mietverhältnis begleitet. Verletzt der Mieter eine solche Nebenpflicht, kann dies einen Schadensersatzanspruch des Vermieters begründen.

Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter gemäß § 538 BGB nicht zu vertreten. Hierunter können grundsätzlich auch Beschädigungen fallen. Die Beschädigung der Glasscheibe ist allerdings nicht vom Vertragszweck des Tennisspiels gedeckt; dieser beschränkt sich auf die räumlichen Grenzen des Raums, der für die Sportausübung verfügbar ist. Der Schaden ist daher nicht im Rahmen vertragsgemäßen Gebrauchs entstanden.

Regelgerechtes Verhalten lässt Verschulden nicht entfallen

Es fehlt auch nicht an einem Verschulden des Mieters an der Beschädigung der Glasscheibe. Insbesondere kann nicht darauf abgestellt werden, ob der Mieter die Tennisregeln eingehalten hat.

Zwar setzt die Haftung eines Sportlers für die Verletzung eines Gegners nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass er schuldhaft gegen die Regeln eines sportlichen Wettkampfs verstoßen hat. Dagegen scheidet eine Haftung aus, wenn es sich um Verletzungen handelt, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem bei jeder Sportausübung zu beachtenden Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht.

Diese Erwägungen lassen sich auf Fälle wie den vorliegenden nicht übertragen. Die Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter ist nicht mit derjenigen zwischen zwei an einem Wettkampf teilnehmenden Sportlern vergleichbar. Denn Vermieter und Mieter stehen sich nicht wie Teilnehmer eines sportlichen Wettkampfs wechselseitig gegenüber. Durch eine Beschädigung der Mietsache verwirklicht sich keine Gefahr, die Vermieter und Mieter unter gleichen Bedingungen und gemeinsam in Kauf genommen haben. 

Vielmehr werden im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses die Verantwortungsbereiche von Vermieter und Mieter hinsichtlich einer Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache durch § 538 BGB abgegrenzt. Ein Vermieter, der Schadensersatz für eine von § 538 BGB nicht gedeckte Beschädigung der Mietsache geltend macht, verhält sich nicht widersprüchlich. 

Die Obhutspflichten des Mieters eines Tennisplatzes werden daher nicht allein durch die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) konkretisiert, die sich zudem naturgemäß nur mit den Spielregeln des Tennissports befassen und den berechtigten Erwartungen des Vermieters keine Rechnung tragen. Deshalb kann ein Tennisspieler, der in einer Halle auf einem gemieteten Tennisplatz spielt, eine vom vertragsgemäßen Gebrauch des Tennisplatzes nicht gedeckte Beschädigung der Tennishalle auch dann zu vertreten haben, wenn ihm kein Verstoß gegen die Tennisregeln anzulasten ist.

(BGH, Urteil v. 2.2.2022, XII ZR 46/21)


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