BGH stärkt Vermieterrechte bei der Eigenbedarfskündigung
BGH geht Weg der formalen Erleichterung
Wenn sich die Mieter im Übrigen pflichtgemäß verhalten, ist die Kündigung wegen Eigenbedarfs der am meisten verwendete vermieterseitige Kündigungsgrund. Gleichzeitig wird mieterseits keiner anderen Kündigungsart so oft widersprochen wie der Eigenbedarfskündigung. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht den Zivilgerichten in mehreren Entscheidungen einen roten Faden vorgegeben: Die Gerichte haben vernünftige und nachvollziehbare Selbstnutzungswünsche des Vermieters zu respektieren (BVerfG, Urteil v. 14.2.1989, 1 BvR 308/88). Gleichzeitig hat der Bundesgerichtshof die formalen Anforderungen an eine solche Kündigung zum Mieterschutz stets betont und somit weitere Voraussetzungen geschaffen. Eigenbedarfskündigungen scheiterten in der Folge meistens nicht dem Grunde nach, sondern weil der Vermieter diese Formalitäten, wie zum Beispiel das Anbieten einer freien Alternativwohnung, nicht eingehalten hatte.
Eigenbedarf für GbR-Gesellschafter bleibt möglich
Im zu entscheidenden Fall (BGH, Urteil v. 14.12.2016, VIII ZR 232/15) hatte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (GbR) für die Tochter eines Gesellschafters gekündigt. Eine vergleichbare Alternativwohnung wurde nicht angeboten.
Die Vorinstanz hatte der Kündigung in Kenntnis der Rechtsprechung des BGH widersprochen. Die Argumentation: Eine GbR sollte keinen Eigenbedarf anmelden können, alles andere bedeute für die Mieter „ein erhöhtes, schwerer überschaubares Risiko“. Der BGH revidiert das und bestätigt seine Auffassung, wonach auch GbR-Gesellschafter Eigenbedarf geltend machen können, denn diese ist in allen wesentlichen Punkten einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft vergleichbar. Diesen Gemeinschaften steht Eigenbedarf unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut zu. Der BGH ruft quasi den Gesetzgeber auf, korrigierend zugunsten des Mieters einzugreifen.
Neue Rechtsprechung zur Anbietpflicht
Darüber hinaus korrigiert der BGH seine formalen Anforderungen. Der BGH hält nicht länger daran fest, dass die Verletzung einer Anbietpflicht durch den Vermieter die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung zur Folge hat. Vielmehr zieht eine Verletzung der Anbietpflicht lediglich Schadensersatzansprüche nach sich.
Bedeutung für die Praxis
Der Vermieter bleibt weiterhin verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten, da der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz Bedeutung von Verfassungsrang zukommt. Der Vermieter hat dem betroffenen Mieter also nach wie vor eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung anzubieten. Unterlässt er das, stehen dem Mieter Ersatzansprüche in Geld für hierdurch entstandene Schäden (etwa Umzugs- und Maklerkosten) zu.
Zukünftig wird der Vermieter im Falle einer Alternativwohnung also rein wirtschaftlich abwägen zwischen dem Risiko des Entdecktwerdens und dem Anbieten an den zu kündigenden Mieter. Das prozessuale Risiko im ersten Fall trägt dabei allein der Mieter, dem es schwer fallen wird, seine Ansprüche darzulegen und zu beweisen. Zu Recht ist zu thematisieren, ob das nicht Missbrauch fördert: In dem (bewussten) Unterlassen des Anbietens einer vergleichbaren Wohnung zeigt sich doch gerade das (eigentliche) Nichtvorliegen des Selbstnutzungswunsches.
Der Autor:
Andreas Griebel ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Senior Associate bei der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner.
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