BGH: Mieterhöhung beim Einfamilienhaus und Mietspiegel

Eine Mieterhöhung bei einem Reihen- bzw. Einfamilienhaus kann auch dann formell wirksam mit einem Mietspiegel begründet werden, wenn der Mietspiegel ausdrücklich nicht auf solche Objekte anwendbar ist.

Hintergrund: Berliner Mietspiegel gilt nicht für Reihenhaus

Die Vermieterin eines Reihenhauses in Berlin verlangt von den Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 10,23 Euro/Quadratmeter. Zur Begründung bezieht sie sich auf den Berliner Mietspiegel 2011. Anhand von Baualter und Fläche sei das Haus in Mietspiegelfeld L 11 einzuordnen. Dieses weist einen Oberwert von 10,23 Euro/Quadratmeter aus.

Der Berliner Mietspiegel 2011 sieht ausdrücklich vor, nicht auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern anwendbar zu sein. Die Mieter meinen daher, die Vermieterin könne das Mieterhöhungsverlangen nicht mit dem Mietspiegel begründen und halten es daher für formell unwirksam.

Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger hat für das Haus eine ortsübliche Vergleichsmiete von 10,42 Euro/Quadratmeter ermittelt.

Entscheidung: Mietspiegel taugliches Begründungsmittel

Die Mieter müssen der Mieterhöhung zustimmen.

Insbesondere war das Mieterhöhungsverlangen formell wirksam. An die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558a Abs. 1 BGB dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Zweck des Begründungserfordernisses ist es lediglich, dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung Tatsachen mitzuteilen, die es ihm ermöglichen, die begehrte Mieterhöhung zumindest ansatzweise auf ihre Berechtigung überprüfen zu können. So genügt es normalerweise, wenn der Vermieter im Erhöhungsverlangen die ortsübliche Vergleichsmiete angibt und - soweit er einen Mietspiegel als Begründungsmittel heranzieht - die nach seiner Auffassung einschlägigen Kategorien des Mietspiegels benennt. Ob diese Einordnung richtig ist, ist keine Frage der formellen Wirksamkeit, sondern der materiellen Begründetheit des Erhöhungsverlangens.

Hier stand der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens nicht entgegen, dass im Berliner Mietspiegel ausdrücklich ausgeführt wird, dieser sei auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern nicht anwendbar.

Zur Begründung eines Erhöhungsverlangens für die Miete eines Einfamilienhauses reicht die Bezugnahme auf einen an sich nicht einschlägigen Mietspiegel jedenfalls dann aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Mietpreisspanne für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt. Es entspricht einem Erfahrungssatz, dass die Miete für Einfamilienhäuser im Regelfall über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt.

Der Berliner Mietspiegel 2011 enthält kein Datenmaterial für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise Reihenhäusern. Deshalb können die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern angegebenen Entgelte zwar bei der inhaltlichen Prüfung des Mieterhöhungsverlangens keine Indizwirkung für die gerichtliche Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise in Reihenhäusern entfalten. Sehr wohl aber können die genannten Entgelte dem Mieter eine Orientierungshilfe für die Einschätzung geben, ob die für eine Wohnung in einem Reihenendhaus neu verlangte Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht, weil für derartige Wohnungen gezahlte Mieten erfahrungsgemäß über den Mieten liegen, die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit vergleichbaren Wohnwertmerkmalen gezahlt werden. Mehr, als dem Mieter diese ansatzweise Überprüfung zu ermöglichen, muss das in einem Mieterhöhungsverlangen anzugebende Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB nicht leisten.

(BGH, Beschluss v. 26.4.2016, VIII ZR 54/15)

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