Vermieter muss bei Belegeinsicht Originale vorlegen

Nach einer Betriebskostenabrechnung kann der Mieter Einsicht in die Original-Abrechnungsbelege verlangen. Er muss sich auch dann nicht mit Kopien begnügen, wenn die Wohnung weit vom Sitz des Vermieters entfernt liegt, so das LG Kempten.

Hintergrund: Vermieterin legt Original-Belege nicht vor

Die Vermieterin eine Wohnung verlangt vom Mieter eine Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung.

Nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung verlangte der Mieter Einsicht in die Unterlagen, die der Abrechnung zugrunde liegen. Die Vermieterin weigerte sich wegen großer Entfernung zwischen ihrem Sitz und dem Ort der Wohnung, dem Mieter die Original-Belege zur Einsicht vorzulegen, sondern verwies den Mieter auf die Übersendung von Kopien. Der Mieter weigert sich mangels Vorlage der Original-Belege, die Nachzahlung zu leisten.

Entscheidung: Mieter darf Originale einsehen

Die Klage der Vermieterin bleibt erfolglos. Der Mieter kann die Nachzahlung verweigern, solange ihm die Vermieterin die Einsicht in die Original-Belege vorenthält.

Das Recht des Mieters, die Abrechnungsunterlagen einzusehen, erstreckt sich grundsätzlich auf die Originalunterlagen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter – wie hier – aufgrund der großen Entfernung zwischen dem Sitz des Vermieters und dem Ort der Wohnung die Vorlage der Unterlagen am Mietobjekt verlangen kann. Auch in diesen Fall muss er sich grundsätzlich nicht auf die Vorlage von Kopien verweisen lassen.

Solange ein Vermieter dem Mieter die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung nicht in der gebotenen Weise ermöglicht, kann der Mieter gegenüber der Nachforderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.

Welche Folgen die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts im Falle der Verweigerung der ordnungsgemäßen Belegeinsicht nach sich zieht, ist umstritten. Nach Auffassung des Gerichts stellt das Zahlungsverlangen des Vermieters in diesem Fall unzulässige Rechtsausübung dar, so dass eine Zug-um-Zug-Verurteilung, wie sie in § 274 BGB für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts vorgesehen ist, ausscheidet und die Fälligkeit des Nachzahlungsanspruchs verneint wird.

Dem liegt zugrunde, dass die Pflicht zur Einsichtsgewährung der Pflicht des Mieters, den Betriebskostensaldo auszugleichen vorgeht, sodass der Vermieter mit der Verweigerung der Belegeinsicht eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung wäre der Mieter verpflichtet, nach Einsicht in die Belege die Nachforderung zu bezahlen. Im Grunde hätte er daher sogleich nach Einsicht und damit gegebenenfalls vor der Überprüfung des Ergebnisses der Einsicht die Zahlung zu leisten.

Ein gewisser Ausweg für den Mieter wäre die Zahlung unter dem Vorbehalt der weiteren Prüfung. Dieser Weg ist aber nicht zufriedenstellend, denn der Mieter wäre gezwungen, bei berechtigten Beanstandungen Klage auf Rückzahlung zu erheben. Er müsste dann aktiv einen Prozess führen. Indes ist dies in einem solchen Fall Sache des Vermieters, denn die Vorlage der Belege zwecks Prüfung ist der Erfüllung des etwaigen Zahlungsanspruches voran zu stellen.

(LG Kempten, Urteil v. 16.11.2016, 53 S 740/16)

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