Häufiger als man denkt kommt es vor, dass in einer Wohnungseigentumsanlage die tatsächlichen baulichen Gegebenheiten vom geplanten, im Aufteilungsplan niedergelegten Zustand abweichen. So können etwa Räume anders aufgeteilt oder nicht geplante Räume errichtet worden sein, Fenster sich an anderer Stelle als geplant befinden oder Stellplätze eingerichtet sein, wo eigentlich Rasen sein sollte, um nur einige Beispiele zu nennen. Dabei kann die abweichende Bauausführung ihre Ursache in einer unbewussten oder bewussten Planabweichung haben.
Die Bauabweichung hat unterschiedliche Folgen, je nachdem, in welchem Bereich der tatsächliche Zustand von der „Papierform“ abweicht.
Am unproblematischsten sind Abweichungen innerhalb des Sondereigentums, z. B. eine andere Aufteilung der Wohnung. Solche Abweichungen haben keinen Einfluss auf die Entstehung und den Umfang des Sondereigentums.
Wenn sich die abweichende Bauausführung am räumlichen Übergang von Sonder- und Gemeinschaftseigentum befindet, stellt sich die Frage, welchen Einfluss dies auf die Eigentumszuordnung hat. Weicht die zeichnerische Darstellung von den tatsächlichen Verhältnissen so sehr ab, dass nicht ersichtlich ist, wie weit das Sondereigentum reichen soll, bleiben die entsprechenden Teilflächen Gemeinschaftseigentum. Bei kleineren Abweichungen entsteht hingegen in der Regel Sondereigentum nach Maßgabe des Plans. Werden Räume, die plangemäß dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet sind, tatsächlich in ein Sondereigentum einbezogen, bleiben diese Räume Gemeinschaftseigentum.
Die Abweichung kann sich auch an der Grenze von Sondereigentum zu Sondereigentum befinden, etwa dergestalt, dass sich ein Raum aus einem Sondereigentum in ein anderes Sondereigentum erstreckt. Der „Überbau“ gehört jedenfalls nicht zum anderen Sondereigentum, doch ist strittig, ob insoweit Gemeinschaftseigentum entsteht oder die Fläche zu dem Sondereigentum gehört, dem sie nach den baulichen Gegebenheiten zugeordnet ist.
Bauabweichungen können sich auch komplett im Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden. Solche Abweichungen haben naturgemäß keinen Einfluss auf die Eigentumszuordnung. Allerdings hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf erstmalige ordnungsgemäße Herstellung. Solche Maßnahmen folgen den Regeln über die Instandhaltung bzw. -setzung und können daher mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Schließlich ist denkbar, dass Räumlichkeiten errichtet werden, die überhaupt nicht vorgesehen waren oder – im umgekehrten Fall – geplante Räume tatsächlich nicht vorhanden sind. Mangels wirksamer Zuordnung zum Sondereigentum verbleiben „ungeplante“ Räume im Gemeinschaftseigentum, während bei geplanten, aber tatsächlich nicht errichteten Räumen grundsätzlich ein Anwartschaftsrecht auf Errichtung fortbestehen kann.
In allen Fällen abweichender Bauausführung können Vertragsansprüche gegen den Bauträger in Betracht kommen. Dies sollte jeweils sorgfältig geprüft werden; auch an eventuelle Verjährungsfristen sollte insoweit gedacht werden.