1,5 Sterne für die Digitalisierung – Tendenz steigend?
Es war ein bunt gemischter Haufen auf der Real PropTech Conference in Frankfurt am Main. Und das lag nicht nur an der Garderobe. Während die Veranstaltung generell eher von den PropTechs selbst besucht wurde, haben mittlerweile immer mehr etablierte Wohnungs- und Immobilienunternehmen erkannt, dass sie als Zielgruppe einen Mehrwert im Austausch mit den Industriepartnern gewinnen können.
Und das ist auch dringend nötig! Denn GdW-Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser stellte der hiesigen Branche ein vernichtendes Urteil aus: 1,5 von fünf Sternen für den Stand der Digitalisierung der deutschen Immobilienwirtschaft. Immerhin zeigen die Verbandsmitglieder Tendenzen in die richtige Richtung: Vor allem bei betrieblichen Abläufen wird der Digitalisierung großes Potenzial eingeräumt.
Wobei es hier eines genauen Blicks bedarf, was denn nun genau mit "der Digitalisierung" gemeint ist. Denn in anderen Veranstaltungen wurde deutlich, dass die Erwartungshaltung durchaus unterschiedlich ausfällt. Während einige Wohnungsunternehmen stolz darauf sind, Emails nicht mehr auszudrucken, entwickeln andere bereits BIM-Modelle für den Wohnungsbestand.
Liebe auf den ersten Klick? Tinder für die Immobilienwirtschaft
Esser ermutigte: Es gibt nicht nur "die eine IT", sondern digitale Prozesse ziehen sich durch die gesamte Arbeit von immobilienwirtschaftlichen Unternehmen. Und es gibt zahlreiche Partner, die bei der Umsetzung unterstützen – man müsse nur die richtigen finden und ins Gespräch kommen.
Auffallend waren die Analogien zum Dating-Leben. Es war die Rede vom Tinder für die Immobilienwirtschaft; auch sollten sich Unternehmen zum Speed-Dating treffen. Andere sagten ganz bewusst, dass sie eben nicht wie Tinder nur für ein kurzes Stelldichein zu gebrauchen seien, sondern die ganze große Liebe in Form einer nachhaltigen Partnerschaft suchen. Ob sich wirklich alle elf Minuten ein Match zwischen Wohnungswirtschaft und PropTech, beziehungsweise WowiTech, gefunden hat, war leider nicht herauszufinden.
ESG und Fachkräftemangel – wo geht’s hin?
Positiv hervorzuheben war die konstruktive Stimmung der Teilnehmenden bezüglich der Herausforderungen. Doch das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Multikrise großen Druck auf die Branche ausübt. Das Thema Daten und energieeffiziente Gebäude mag zwar in der Theorie als "Must Have" für ESG gelten, doch an der Umsetzung hapert es noch. Die PropTechs gaben sich selbstbewusst mit einfachen, digitalen Lösungen, doch hörte man in der Wohnungswirtschaft heraus, dass es am Faktor Mensch zu scheitern droht. "Was bringen mir Daten, wenn niemand etwas damit anfangen kann?" – war öfter zu hören.
In den Praxisteilen war immer wieder die Rede davon, wie wichtig es ist, die Mitarbeitenden mitzunehmen, da sonst neue Prozesse gebremst oder sogar komplett abgeblockt werden müssten. Die Branche hat nicht nur ein Problem mit der Umsetzung von neuen technischen Standards und Regulatorien der EU-Taxonomie: Es ist im allerersten Schritt ein Problem des Mindsets in den eigenen Reihen. Lobenswert ist es ja, dass sich die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer auf Veranstaltungen wie dieser inspirieren lassen. Wichtig wäre aber auch, das Change Management im Unternehmen voranzutreiben, Mitarbeitende zu schulen und zu motivieren.
Der spürbare Fachkräftemangel macht diese Herausforderung nicht unbedingt einfacher. Prognosen zeigen, dass das erst der Anfang der Talsohle ist. Der eigentliche demografische Fachmangel steht uns in zirka fünf Jahren bevor. Es ist also höchste Zeit, Prozesse effizienter zu gestalten, neue Talente zu gewinnen und die Belegschaft auf die Transformation vorzubereiten. Auch hier könnten PropTechs wieder helfen, doch die Veränderung muss aus den Unternehmen selbst heraus folgen.
Umsetzung statt Theorie
Worauf also fokussieren, wenn die Krisenherde omnipräsent sind? Darauf hatte auch die Real PropTech keine Antwort, doch lieferte sie zahlreiche Denkanstöße, wo man beginnen kann.
Eins hatten alle gemeinsam: Der Appell, in die Umsetzung zu kommen, statt sich nur in theoretischen Vorüberlegungen zu verfangen. Zwar ist eine gute Vorbereitung wichtig, aber ein vielversprechendes Projekt sollte nicht von zu viel "ja aber"-Zwischenrufen begraben werden. Denn die Erfahrungen aus der Praxis sind unumgänglich und können wiederum bei anderen Projekten helfen.
Die Wolken in der Branche sind also da, doch wie im echten Leben gilt auch hier: Regenschirme aufspannen, Lösungen finden und weitermachen. Eine Alternative gibt es ohnehin nicht.
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