Innenstädte: Online-Angebote schlagen, Ladenmieten steigern

Visuell, olfaktorisch, gustatorisch, haptisch und akustisch – Makler meinen: Der stationäre Handel muss den Onlinehandel mit Mitteln schlagen, die dieser nicht bieten kann. Was gegen Leerstand hilft und das Mietsteigerungspotenzial hebt.

Der Onlinehandel ist 2024 laut dem Branchenverband HDE weiter gewachsen – um 3,4 Prozent auf rund 88,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Damit nimmt der Druck auf den stationären Einzelhandel wieder zu, der nach dem Ende der Lockdowns kurzzeitig unterbrochen war.

Nach Erkenntnissen von Aengevelt Research hat der stationäre Handel wenig Chancen, den Onlinehandel mit Mitteln zu schlagen, die seine Stärke ausmachen: Warenangebot, Preis, Lieferservice, Kundenbewertungen.

Auch hybride Angebote wie lokale Einkaufs-Apps, Click & Collect, Lieferdienste, digitale Gutscheine oder Showrooming stoßen nur auf verhaltenes Interesse, wie eine Studie des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums zur "Zukunft des Handels" zeigt. Demnach wird etwa Click & Collect gerade einmal von 6,5 Prozent der Verbraucher häufig genutzt, Lieferdienste nur von 9,9 Prozent.

Stationärer Handel: Erlebnis als Umsatz-Booster

Will sich der stationäre Handel in der Konkurrenz zum Onlinehandel behaupten, muss er Aengevelt zufolge markant und gezielt mehr sinnliche Erlebnisse schaffen, die das Internet nicht bieten kann. Das sind Optionen für Innenstadthändler:

  • Visuelle, olfaktorische, gustatorische, haptische und akustische Reize. Bei Pasta- oder Schokoladenmanufakturen können die Kunden miterleben, wie Produkte entstehen. Verkostungsangebote locken nicht nur Kunden wegen des Erlebnischarakters an, sondern kreieren auch Umsatzchancen. Test-Parcours ermöglichen, Kleidung oder Schuhe gleich auszuprobieren.
  • Einkauf und Konsum werden zu einem sozialen Erlebnis, wenn Kommunikation zwischen Verkaufspersonal und Kunden, aber auch zwischen Kunden untereinander stattfindet. Das hat schon immer zur Attraktivität von Märkten beigetragen und kann in modernem Gewand reaktiviert werden, beispielsweise durch interessante Spiele, Wettbewerbe oder Auktionen.
  • Hybridangebote aus Einzelhandel und Gastronomie kommen dem nachweislichen Bedürfnis der Kunden entgegen, mit einem Citybesuch gleich mehrere Anliegen zu erledigen, und stellen im bedarfsgerechten Mix Umsatz-Booster dar.
  • Events wie Sales, saisonale Feste, Musikveranstaltungen, Shows, City-Dinners haben sich als effektive Frequenz- und Umsatzbringer erwiesen.
  • Während traditionelle Vormittagsmärkte an Werktagen nicht mehr den heutigen Zeitrhythmen entsprechen, weisen Samstagsmärkte, Feierabendmärkte und Markthallen, die Handel mit Gastronomie kombinieren, hohe Attraktivitäten auf.

"Dass Innenstädte sicher, sauber und mit verschiedenen, bedarfsgerecht getakteten Verkehrsmitteln gut erreichbar sein müssen, ist Pflicht", sagt Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. Zur Kür gehörten attraktive Angebote, die bei Verbrauchern die Lust wecken, in die City zu gehen. Im Bereich des Erlebniseinkaufs gebe es noch viel Raum für Kreativität, die der schleichenden Erosion der Zentren und Ladenmieten entgegengewirke.

Innenstadt beleben: Beispiel Stadthof in Hanau

Die Stadt Hanau hat am 12.3.2025, zwei Jahre nach der Schließung der Kaufhof-Filiale, den neuen Stadthof mit einer Mischung aus Läden, Gastronomie, Freizeit-, Kultur- und Bildungseinrichtungen zur Belebung der Innenstadt eröffnet.

Entstanden ist ein Mix aus Pop-up-Läden und Aktionsflächen. Herzstück ist eine Versammlungsfläche mit Sitzgelegenheiten und einer Bühne für Auftritte von Künstlern, für Vorträge oder als Speakers' Corner. Die anderen Stockwerke und das Tiefgeschoss sollen nach und nach saniert werden und Platz für Ausstellungen, Events und Bildungseinrichtungen bieten.

"Die Innenstädte befinden sich in einem Schicksalsjahrzehnt", so der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). Die Stadt hat die Immobilie für 25 Millionen Euro gekauft, etwa 40 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren in die Weiterentwicklung des Areals in Citylage investiert werden.

Maßnahmen gegen Leerstand von Innenstadtläden

"Attraktive Innenstädte sind Innenstädte, die alle Altersgruppen mit passenden Angeboten ansprechen", sagt Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter vom Institut für Handelsforschung (IFH) Köln. "Es reicht dabei nicht, nur attraktive Einkaufsmöglichkeiten zu bieten – vor allem jüngere Menschen wollen auch ansprechende Gastronomie und setzen auf Erlebnis und Vitalität."

Die Insolvenzschlagzeilen der vergangenen Jahre von relevanten Innenstadthändlern haben laut IFH vielerorts Spuren in Form leerstehender Läden hinterlassen. Die wichtigste Maßnahme für attraktivere Innenstädte sei die Vermeidung von Leerständen. Auch die Infrastruktur wie Parkmöglichkeiten, die Aufwertung der Fußgängerzonen und eine grünere Gestaltung der City sind Themen und die Aufenthaltsqualität entscheidend für die Attraktivität einer Innenstadt.


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