Bauhaus-Erbe: Zwischen Denkmalschutz und Weiterentwicklung

Bauten aus der Zeit der Moderne – mit dem Bauhaus-Stil als prominentem Beispiel – gereichen Wohnungsunternehmen zur Ehre. Doch der Umgang mit dem Kulturerbe birgt auch Herausforderungen, die ein stetes Abgleichen zwischen Denkmalpflege und Anpassung an moderne Wohnansprüche bedeuten.

Die Grundrisse von damals etwa entsprechen häufig nicht mehr in jeder Hinsicht dem Zeitgeist: Zwar begrüßten Interessenten häufig, dass alle Zimmer vom Flur abgehen, beschreibt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft WBG "Glück Auf" Gera eG, Uwe Klinger, die Problemlage. "Aber im Sanitärbereich haben wir Herausforderungen, da sind die Bäder klein und schmal zugunsten einer Speisekammer." Insofern lotet die Genossenschaft stets aufs Neue mit Denkmalschützern aus, welche Veränderungen im Inneren möglich sind.

In Erfurt, wo die Kommunale Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt (KoWo) Häuser mit 193 Wohnungen im Bauhaus-Stil verwaltet, gelang es in einigen Fällen, die Bäder zu vergrößern – indem die Flächen der angrenzenden Speisekammern hinzugenommen wurden. Dafür braucht es finanzielle Mittel: "Wir haben neue Versorgungsleitungen für Kalt- und Warmwasser verlegt, Abwasser, Telefon und Antennen", sagt KoWo-Sprecherin Cornelia Schönherr. Im Zuge der Sanierung sei ein Karree mit 143 Wohnungen zudem an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Erfurt angeschlossen und die Fassaden angestrichen worden. In diese Großsanierung in den Jahren 2015 und 2016 investierte die KoWo etwa zehn Millionen Euro; 50 Wohnungen im gegenüberliegenden Block wurden bereits mehr als zehn Jahre zuvor erneuert.

Laubenganggebäude in Bad Dürrenberg

Neue Zielgruppen als Mieter: Singles und Paare statt Familien

In größeren Städten kommt Unternehmen bei der Vermietung von Objekten, die nicht mehr den Ansprüchen an Größe und Zuschnitt von Wohnungen genügen, der Druck auf den Wohnungsmarkt entgegen, wie es der Stadtplaner Siegfried Berg von der Vonovia SE beschreibt. Er leitet die Bereiche Städtebau und Grundstücksmanagement des Konzerns, der beispielsweise in Frankfurt am Main Siedlungen im Bestand hat, bei denen der damalige Stadtbaurat Ernst May mit Walter Gropius zusammenarbeitete.

Darüber hinaus hält Vonovia ein 1920er-Jahre-Ensemble im Dresdner Vorort Laubegast im Portfolio. "Damals waren die Wohnungen für bis zu fünf Menschen konzipiert, heute ziehen Singles oder Paare ein", sagt Berg über die veränderten Zielgruppen. Wegen der allgemein hohen Wohnungsnachfrage sei jetzt eher Aus- als Umbau ein Thema – man überlege regelmäßig gemeinsam mit den Behörden vor Ort, ob und wo ein Dachausbau erfolgen oder das Dach erhöht werden könne.

"Letztlich sind die Denkmalschützer ja auch an Lebendigkeit in den Vierteln interessiert. Sie wissen, dass man über Siedlungen keine Käseglocke setzen darf." Stadtplaner Siegfried Berg, Vonovia SE

Auch Glück-auf-Vorstand Klinger bekräftigt das grundsätzliche Wohlwollen bei solchen Verhandlungen: "An Leerstand hat keiner Interesse". Schwieriger werden die Diskussionsprozesse, wenn es um die Umgestaltung von Außenbereichen und Fassaden geht. In Erfurt gelang es etwa der KoWo, an einem Teil des Bestands Balkone anzubringen.

Wenn die Fassade zum Problem wird: Denkmalschutz und Kompromisse

In Bad Dürrenberg, wo am Gesamtensemble einer Gartenstadt unter anderem die Architekten Gropius und Alexander Klein mitwirkten, profitiert die Leuwo Leuna-Wohnungsgesellschaft mbH bis heute von der weitsichtigen damaligen Planung – Balkone gab es an den Kleinschen Laubenganghäusern von vornherein, genauso wie den Anschluss an Fernwärme. Nur ein Aufzug fehlte der vorwiegend älteren Bewohnerschaft. Leuwo-Geschäftsführer Guido Födisch nahm Verhandlungen mit den Denkmalpflegern auf.

Laubenganggebäude in Bad Dürrenberg

"Eigentlich wollten wir den Aufzug mittig anbringen, aber das ließ der Denkmalschutz gar nicht zu", erzählt Födisch – zwei Jahre dauerten die Diskussionen. Eine Innenlösung, die den Kellerbereich mit erschlossen hätte, scheiterte an der Deckenhöhe. Schließlich einigte man sich auf einen Aufzug am Giebel, mit der Auflage, ihn bewusst schwebend und als neues Element zu gestalten. Ein Kompromiss, wie Födisch erklärt: Er hätte Beton als Material bevorzugt, es musste allerdings Glas werden – was zwar zweifelsohne elegant in dem ohnehin äußerst gepflegten Ensemble wirkt, sich aber als unpraktisch erwies: Die Leuwo musste weitere Mittel aufwenden, um das Konstrukt vor Überhitzung zu schützen.

Wie die Vertreter anderer Wohnungsunternehmen auch, betont Födisch gleichwohl die generell konstruktive Zusammenarbeit mit den Denkmalschützern. Auf sie sei es zurückzuführen, dass es heute eine Museumswohnung in den Laubenganghäusern gibt – schon bei den ersten Sanierungen hätten die Behörden darauf bestanden: Eine Weitsicht, die sich mit Blick auf die rege Besuchernachfrage auszahle, so Födisch.

Projektpläne zwischen Erhalt und Verfall: Herausforderung Energieeffizienz

Wie sensibel der Denkmalschutz zugleich bei Veränderungen in der äußeren Gestaltung, dem Gesicht einer Siedlung reagiert, zeigt sich bei Dämmvorhaben. In größerem Stil sind solche Maßnahmen ohnehin kaum möglich. Zugleich gilt es, als Wohnungsunternehmen energiepolitische Leitlinien im Blick zu behalten und im Gebäudebereich zum Klimaschutz beizutragen – ganz abgesehen davon, dass Fassaden, Stränge und Leitungen geschützter Siedlungen genauso in gutem Zustand gehalten werden müssen wie bei anderen Gebäuden.

Einen neuen Weg versucht hier die Karlsruher Volkswohnung GmbH zu gehen, deren Keimzelle in der Dammerstock-Siedlung liegt. Zwar entstand das zu sanierende Gebäude später als die "Blöcke der Moderne", für die das Viertel berühmt geworden ist; wegen des Ensembleschutzes gelten allerdings die gleichen, strengen Denkmalschutzauflagen. Es gehe um einen Spagat zwischen Erhalt und Verfall, sagt Mario Rösner, Leiter des Geschäftsbereichs Technische Dienstleistungen. Sein Plan: Über das gesamte Gebäude wird eine thermische Hülle gelegt. Aus Urzeichnungen rekonstruierten die Projektbeteiligten Fassadenabstände und Wandbreiten, beschäftigten sich außerdem mit der Zusammensetzung der Wandteile.

Dammerstock-Siedlung Karlsruhe

"Durch die Konzeption als Zwei-Schalen-Wand wäre gar keine herkömmliche Dämmung möglich gewesen", erklärt Rösner. Nun setzt das Unternehmen die Fassade kurzerhand eineinhalb Meter nach vorn. Die Luftschicht zwischen Wand und Außenfassade bringt die notwendige Wärmedämmung. Mit einer vertikalen Neugliederung im Innenbereich entstehen in der Gebäudezeile sechs Wohnungen aus bisher zwölf. Die Denkmalschützer gaben für das Vorhaben grünes Licht; einem alternativen Abriss hätten sie kaum zugestimmt.

So kritisch Rösner die restriktive Haltung der Behörde bisweilen sieht, in diesem Fall hält sie der Architekt für angebracht. Er konnte die Denkmalpfleger nicht zuletzt mit dem Argument auf seine Seite ziehen, dass im Zuge des Projekts bauliche Details wie etwa Brüstungen auf den Originalzustand zurückgebracht werden – ein Aspekt, der Unternehmen mit ähnlichen Sanierungsplänen zugute kommen könnte, da vielerorts einst prägende Details von Bewohnern oder Eigentümern abgeändert worden waren.

Die Volkswohnung, drittgrößtes kommunales Wohnungsunternehmen in Baden-Württemberg, konzipiert ihr Vorhaben als Forschungsprojekt mit der TU Darmstadt und dem Karlsruher Institut für Technologie und hofft auf Erkenntnisse für ähnliche Herausforderungen. 2020 sollen die Bauarbeiten starten, dann werde sich zeigen, ob der Plan in technischer wie in finanzieller Hinsicht aufgeht. "Der Preis für das innovative Verfahren ist eine aufwändige Anlagentechnik", sagt Rösner und schätzt die Kosten auf 3,5 Millionen Euro.

Der Artikel erschien im Magazin "DW Die Wohnungswirtschaft", Ausgabe 09/2019.


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