Bundessozialgericht lässt Wohngeld-Berechnung der Jobcenter prüfen
Die Wohnungswirtschaft sieht das anders und gibt die Schuld für die rückläufige Zahl der Wohngeldempfänger dem Staat. Das Wohngeld wurde unter anderem konzipiert, um zu verhindern, dass Haushalte nur wegen ihrer Mietkosten auf Hartz IV angewiesen sind. In keinem anderen Flächenland sind nach Angaben der beiden ansässigen wohnungswirtschaftlichen Verbände VdWg und VdW so viele Arbeitslose auf Grundsicherung angewiesen wie in Sachsen-Anhalt: 2017 erhielten 72,2 Prozent (70.025) der Arbeitslosen im Land Hartz IV.
Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes von Herbst 2018 ist die Zahl der Wohngeld-Haushalte 2017 gegenüber 2016 um 6,2 Prozent gesunken. Ein Beratergremium der Bundesregierung sprach sich kurz zuvor für ein reformiertes Wohngeld aus.
Gericht: Vorgehensweise zur Ermittlung einer angemessenen Miete unzulässig
Kern der Verhandlung des Bundessozialgerichts am 30.1.2019 war die Frage, wie teuer die Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern sein dürfen. Die Richter befanden die Vorgehensweise der Jobcenter zur Ermittlung einer angemessenen Miete für unzulässig und ordnete eine Überprüfung an. Geklagt hatten Betroffene aus dem Harz, der Börde und dem Salzlandkreis. Die Landkreise hatten von einer Hamburger Firma eine Durchschnittsmiete für Hartz-IV-Empfänger errechnen lassen, die deutlich unter den Richtwerten des Bundessozialgerichtes liegt.
Tausende Betroffene hoffen nun auf die Erstattung nicht übernommener Wohnkosten. Ziel muss es sein, sehr schnell Rechtssicherheit für die betroffenen Mieter und die regionale Wohnungswirtschaft herzustellen, sagten Ronald Meißner, Direktor des Verbands der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt (VdWg), und Burkhard Jarzyna, Direktor des Verbands der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VdW).
VNW: Nur jeder Dritte mit Anspruch empfängt Wohngeld
Nach Angaben des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg insgesamt 341 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften vertritt, erhält von den anspruchsberechtigten Haushalten nur jeder dritte den staatlichen Zuschuss.
"Wohngeld wäre das richtige Ventil, um den überhitzen Wohnungsmarkt zu entlasten. Aber hat ein Staat, für den das Mehrausgaben bedeutet, überhaupt Interesse daran? Angesichts der Zahlen darf man Zweifel haben." VNW-Direktor Andreas Breitner
Abhilfe könnten Breitner zufolge Aufklärungskampagnen oder Hinweise auf einen Anspruch auf Wohngeld, etwa durch das Finanzamt, schaffen.
Alleine in Schleswig-Holstein haben dem Statistikamt zufolge 2017 zirka 20.500 Haushalte Wohngeld bezogen (minus neun Prozent im Vergleich zu 2016), in Mecklenburg-Vorpommern lag die Zahl der Wohngeldempfänger bei rund 23.000 (minus 8,4 Prozent). In Hamburg war der Rückgang mit elf Prozent am höchsten. Ende 2017 bezogen in der Hansestadt 11.950 Haushalte Wohngeld.
Heil: Neben Grundrente soll Freibetrag beim Wohngeld kommen
Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hat gerade sein Konzept für die so genannte Grundrente vorgestellt. Ergänzend will er für diese Zielgruppe einen Freibetrag beim Wohngeld erreichen, damit diese Zahlungen nicht im Gegenzug zu einer höheren Grundrente verloren gehen.
Wohngeld ist neben geförderten Sozialwohnungen und der Mietpreisbremse eines der Instrumente, mit denen die Bundesregierung Wohnen derzeit bezahlbar halten will. Doch diese lieferten "nur einen sehr eingeschränkten Beitrag", konstatiert eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln hält die Sozialleistung für falsch konstruiert.
Mecklenburg-Vorpommern: SPD sucht Dialog mit Kommunen und Wohnungsgesellschaften
Mit einem staatlichen Bauland-Fonds, Krediten statt Investitionszuschüssen und ausgedehnteren Mietbindungsfristen will die SPD den sozialen Wohnungsbau in Mecklenburg-Vorpommern stärken. Bei einer "Dialogtour" sollen die Vorschläge mit Vertretern von Kommunen und Wohnungsgesellschaften diskutiert werden, kündigte SPD-Fraktionschef Thomas Krüger bei einer Klausurtagung in Wismar an.
Mit dem neuen Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen, der 2020 in Kraft treten soll, werde den Kommunen auch weiter finanzieller Druck genommen, so Krüger deutlich. Kritisch äußerte er sich zu der Praxis, dass einzelne Kommunen Mittel aus ihren Wohnungsgesellschaften abziehen, statt das Geld für Neubau und Sanierungen dort zu lassen.
Krüger unterstützte damit die Position des VNW. Nach dessen Angaben mussten kommunale Wohnungsunternehmen Mecklenburg-Vorpommerns im Jahr 2017 insgesamt 27 Millionen Euro an ihre jeweiligen Gemeinden abführen, die Wiro Wohnen in Rostock Wohnungsgesellschaft mbH alleine 14,5 Millionen Euro.
-
Heizkostenabrechnung: So viele müssen nachzahlen
3.705
-
Aufwertung der Baualtersklasse: Reicht's für die Mieterhöhung?
509
-
Mieter insolvent – Was bleibt dem Vermieter?
500
-
Asbest im Boden entfernen: Kosten und Vorschriften
473
-
Verschärfte Regeln für Energieausweise treten in Kraft
457
-
Berliner Wohnungsunternehmen dürfen Mieten wieder erhöhen
294
-
Zweckentfremdung: Neues Gesetz in Schleswig-Holstein
225
-
Vermietung von Wohnraum an Geflüchtete
150
-
KI – Gamechanger für die Immobilienwirtschaft
146
-
BilRUG: Umsatzerlöse neu definiert
142
-
Klimaneutralität – den Letzten beißen die Hunde
20.11.2024
-
Vorrang für Neubau bis zwölf Euro pro Quadratmeter
20.11.2024
-
Hipp, hipp, hurra: 100 Jahre GdW
18.11.2024
-
Manifest gegen Hochschrauben der Gebäudeeffizienz um jeden Preis
15.11.20241
-
Kommunale Wohnungsunternehmen in der Krise
13.11.2024
-
Dicke Bäume, stumpfe Äxte
08.11.2024
-
So bleibt bestimmt keine Tonne stehen
07.11.2024
-
Sozialer Wohnungsbau: So fördern die Bundesländer
07.11.2024
-
Genossenschaften stärken: Gesetz geht in die nächste Runde
06.11.2024
-
Sanierungsquote im Gebäudebestand viel zu niedrig
29.10.20241