Gebäude bis 2045 klimaneutral machen: Es wird eng, geht aber
Bis spätestens 2045 muss Deutschland klimaneutral werden. So sieht es das ambitionierte Klimaschutzgesetz des Bundes vor. Das gilt auch für den Gebäudebereich. Die Instrumente, mit denen das Ziel erreicht werden kann, werden in einem neuen Gutachten zur "Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045" (GSK) vorgestellt, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWSK) in Auftrag gegeben hat.
Im Kern lässt sich sagen, dass der Lösungskorridor sehr eng und steiler ist als in bisherigen Studien. Fehler können kaum noch kompensiert werden können. Aber noch sei nichts verloren: Net Zero im Gebäudesektor kann erreicht werden, wenn sofort gehandelt wird, heißt es in dem Hintergrundpapier.
Energetische Sanierung hat das größte Potenzial
Wie das Bundesumweltamt (UBA) am 15. März mitteilte, gingen die Emissionen in Gebäuden im Jahr 2022 gegenüber 2021 um knapp sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (minus 5,3 Prozent) auf rund 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Trotzdem überschreitet der Gebäudesektor die erlaubte Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz immer noch: Die liegt bei 107,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Angesichts dieser Entwicklungen und ambitionierteren Klimaschutzzielen wird der Pfad zum klimaneutralen Gebäudebestand zunehmend steiler und anspruchsvoller, heißt es im BMWSK-Gutachten. Der Spielraum werde kleiner, um das Ziel zu erreichen. Demnach hat die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden das größte Potenzial und sollte daher mit höchster Priorität behandelt werden. Die energetische Sanierungsrate müsse dringend gesteigert werden. Auch bei Neubauten müsse die Energieeffizienz konsequenter genutzt werden.
Heizen in Gebäuden: Wärmepumpen in den Fokus nehmen
Die Standardlösung müsse in sehr naher Zukunft möglichst vollkommen auf erneuerbaren Energien basieren, heißt es in dem Strategiepapier. Wärmepumpen seien in allen vorliegenden Szenarien zur Klimaneutralität die zentrale Technologie. Noch kämen sie überwiegend in Neubauten und energetisch weitgehend modernisierten Gebäuden zum Einsatz. Um den Absatz massiv auszubauen, müsse der Einsatz auf Bestandsgebäude mit weniger guten Effizienzstandards ausgeweitet werden.
Wärmenetze spielen eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Wärmewende im Gebäudesektor. Insbesondere in urbanen und dicht besiedelten Gebieten sollen Anschlüsse an Wärmenetze ausgebaut und verdichtet werden, fordern die Studienautoren.
Biomasse und Wasserstoff: Nur in kleinen Dosen
Der Brennstoff Holz soll laut Strategie zukünftig nur noch in begrenztem Maße im Gebäudebestand eingesetzt werden – vor allem dann, wenn Optionen wie Wärmepumpen und Wärmenetze technisch oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind. "Im Neubau spielt Biomasse zukünftig keine Rolle", heißt es im Fazit. Die stark begrenzten Mengen an Biomasse erlaubten keine weitere über Bestandsgebäude hinausgehende Nutzung – und der Einsatz des Brennstoff müsse auch dort mittelfristig zurückgehen.
Der breite Einsatz von Wasserstoff im Wärmemarkt würde die Erreichbarkeit bestehender Einsparziele für Primärenergie wegen des hohen Strombedarfs in weite Ferne rücken, lautet eine weitere Erkenntnis. Daher bedürfe es eindeutiger Regelungen im Ordnungsrecht, die die unzureichende primärenergetische Effizienz berücksichtigen und den Einsatz in Gebäuden ausschließen.
Solarthermie spielt kaum eine Rolle, Photovaltaik vom Dach schon
Schon heue ist absehbar, dass spätestens im Zieljahr 2045 nahezu keine Wärme mehr aus Gas und Öl erzeugt werden soll. Da mit einer üblichen Lebensdauer von neuen Wärmeerzeugern ein Betrieb auch über 2045 hinaus zu erwarten ist, wird den Autoren zufolge eine Strategie für den Ausstieg dieser Geräte benötigt, die mittel- und langfristig Anreize setze – das sei erkannt worden.
Im Vergleich zu anderen Wärmeerzeugern wird laut Gutachten auch gebäudenahe Solarthermie eine Nischentechnologie bleiben. Die Anzahl der Solarthermie Anlagen steigt zwar geringfügig, die Bedeutung bleibt mit Ausnahme der Nutzung in Wärmenetzen wegen steigender Energieeffizienz aber insgesamt gering. Sonnenenergie von Gebäuden und Dächern bleibt aber ein wichtiges Thema: Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Stromerzeugung mit Photovoltaik.
Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045: Plan für die Regierung
Die Studie "Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045" ist von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits bei seiner Eröffnungsbilanz 2022 angekündigt worden und soll der Bundesregierung den Weg zeigen. Erarbeitet wurde sie von einem Konsortium aus Adelphi, Becker Büttner Held, Dena, EY, FIW München, iTG, Öko-Institut, Prognos und Ifeu.
Das Projekt wurde von Prognos koordiniert, identifiziert insgesamt zwölf Handlungsbereiche, stellt konkrete Empfehlungen und Maßnahmen und bündelt wissenschaftliche Erkenntnisse – unter anderem der fünf großen Studien, die als "Big 5" der Klimaneutralitäts-Szenarien bekannt sind:
- "Klimaneutrales Deutschland 2045" (Stiftung Klimaneutralität, Agora)
- "Klimapfade 2.0 – Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft" (BDI)
- Dena-Leitstudie "Aufbruch Klimaneutralität"
- "Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland" (BMWK)
- "Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045" (Kopernikus-Projekt Ariadne)
Hintergrundpapier zur Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045
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