In den letzten sechs Jahren hat die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Augsburg über 3.000 Wohnungen umfassend modernisiert. Bei einem Bestand von 10.000 Wohnungen sind das rund ein Drittel aller Wohnungen, deren Sanitäreinrichtungen, energetischer Standard und äußeres Erscheinungsbild bereits auf aktuellen Stand gebracht wurden.
Auch in der Grüntenstraße im Osten der Stadt standen zwei Einzelgebäude mit 60 Wohneinheiten zur Modernisierung an. Die WBG entschloss sich, am Modellvorhaben "e%-Energieeffizienter Wohnungsbau" teilzunehmen, das die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern unter der Thematik Initiative Zukunft des Wohnungsbaus ins Leben gerufen hatte. Ziel des Modellvorhabens war es, die Anforderungen der EnEV 2009 um 40 Prozent zu unterschreiten und damit nachhaltig zum Klimaschutz beizutragen. Die WBG lobte einen Architektenwettbewerb mit der Vorgabe aus, dass die Modernisierung der betreffenden Wohnanlage in bewohntem Zustand zu erfolgen hatte.
Das Bauvorhaben sollte also bei tragbaren Baukosten nicht nur energetisch und gestalterisch durchdacht sein, sondern auch in Bezug auf einen zügigen Modernisierungsablauf optimale Bedingungen in enger Abstimmung mit den Mietern erfüllen.
Moderne Haustechnik
Um zur gewünschten dauerhaften Reduzierung der CO2-Emissionen beizutragen und die Möglichkeiten eines sparsamen, effizienten Umgangs mit Energie in der Praxis umzusetzen, war neben der Dämmung der gesamten Fassade auch der Einbau der Heizanlage in Kombination mit einer Lüftungsanlage erforderlich.
Die WBG entschied sich für eine zentrale Pellets-Heizanlage (zwei Heizkessel à 60 kW Leistung) mit zentraler Warmwasserbereitungsanlage. Diese versorgen das Gebäude Grüntenstraße 34/36 sowie über erdverlegte Rohrleitungen auch die Wohnungen in der Grüntenstraße 30/32 mit Wärme und Warmwasser.
Außerdem sorgt eine feuchtegesteuerte Abluftanlage in den durch die Modernisierung stark abgedichteten Wohnungen für stete Frischluftzufuhr. Sie strömt über selbstregulierende Nachströmöffungen in den Fensterrahmen der Schlaf- und Wohnzimmer ein, die verbrauchte Luft wird dabei aus Küchen und Badezimmern abgesaugt. Die hierfür benötigten Abluftgeräte wurden auf den bereits gedämmten Dächern der jeweiligen Häuser installiert.
Holztafelbauweise für Gebäudehülle
Um die Anforderungen der Energieeinsparverordnung von 2009 weit zu übertreffen, wie es die Teilnahme am Modellprojekt e% vorgab, lag das besondere Augenmerk auf der Dämmung der Fassade und der Montage neuer Fenster. Dabei nutzte die Bauherrin über die Erneuerung der Haustechnik hinaus gleichzeitig auch die Gelegenheit, der gestalterisch in die Jahre gekommenen baulichen Hülle eine moderne, elegante Ansicht zu geben. Die WBG entschied sich für eine Fassadenkonstruktion aus Holztafelbauelementen mit einer gestrichenen Bekleidung aus sägerauen Brettern. Diese liefert weit mehr als nur ein neues Äußeres. Sie bildet eine raumabschließende Fassadenebene und gibt der unruhigen Bestandsfassade mit den vorspringenden Balkonen eine zeitgemäße Anmutung, indem sie diese in verglaste Wintergärten verwandelt. Außerdem ermöglichte sie die geschickte Einbindung zusätzlicher Balkone.Die hochwärmegedämmte Hülle für diese Fassade planten die Architekten in vorgefertigter Holztafelbauweise mit einem U-Wert von Uw = 0,11 W/m²K. Bereits im Fertigungsprozess der geschosshohen, bis zu 12 Meter langen Holztafeln in der Fabrikationshalle wurden die Fenster mit einem U-Wert von Uf = 0,98 W/m²K integriert. Um die gesamte Außenhaut vor Ort insgesamt auch wärmebrückenfrei aufzubauen, wurden Hohlräume und Abstände zur Bestandsfassade mit einer Zellulosedämmung ausgeblasen. Nach der Ertüchtigung des Fundaments für die neue Fassadenkonstruktion rund um die Häuser konnte die gesamte Fassade in nur drei Monaten aufgebaut werden.
Modernisierung in bewohntem Zustand
Bei einem Bestand von 10.000 Wohnungen hat die WBG keinen Leerstand und bei anstehenden Modernisierungen daher kaum Möglichkeiten, freien Wohnraum als Ersatz anbieten zu können. Augsburg liegt im Einzugsbereich von München und verzeichnet – wie viele Städte in Metropolregionen – einen Bevölkerungszuwachs. Die Modernisierung in der Grüntenstraße musste daher bei bewohntem Zustand in einem möglichst optimierten Zeitablauf durchgeführt werden. Umsetzungen waren nur in Ausnahmefällen angedacht, etwa bei Krankheit oder fortgeschrittener Schwangerschaft. Im Vorfeld waren alle Bewohner durch Modernisierungsankündigung und mit Mieterinformationsabenden über die anstehenden Baumaßnahmen und die Auswirkungen für die einzelnen Wohneinheiten informiert worden. Denn während einer halbjährigen, umfassenden Bauphase ist die Belastung für die Bewohner enorm. Auch ist ein Großteil der Mieter der WBG über 50 Jahre alt und lebt teilweise schon sehr lange beim kommunalen Augsburger Unternehmen. Neben der nötigen Energieeinsparung war daher auch die barrierefreie Erschließung ein überzeugendes Argument. So erhielt das größere der beiden Gebäude zwei neue Aufzugstürme. Jeder der neuen Aufzüge führt zu 24 Wohnungen. Auf jeder der Etagen liegen vier unterschiedlich große Wohnungen, die nun über die vorhandenen Laubengänge barrierefrei erreicht werden können. Innerhalb der Gebäude wurden auch die Treppenhäuser modernisiert. Jede Wohnung erhielt neue Küchen, Bäder und Heizkörper. Hierzu mussten alle Installationsleitungen komplett ausgetauscht werden.
Gelungene Modernisierung – glückliche Mieter
Mit der erfolgreichen Modernisierung konnte die WBG ihren Erfahrungsschatz in puncto ökologisches Bauen rund um das Thema "Holztafelbauweise" erweitern. In der Grüntenstraße gelang dem Wohnungsunternehmen das Zusammenspiel von gestalterischem Anspruch, nachhaltiger Baukonstruktion sowie sozialer Verantwortung bei hohem Kostenbewusstsein.
Den Mietern brachte die Komplettmodernisierung eine gute Adresse – in Häusern, die einem Neubau nicht nachstehen. Die verglasten Wintergärten und die ergänzten Balkone bieten den Bewohnern deutlich mehr Wohnqualität. So dient der Wintergarten als Wärmepuffer und bringt fast ganzjährig zusätzlichen Wohnraum, ohne dass dies auf die Quadratmeterzahl einer Wohnung angerechnet wird.
Susanne Ehrlinger