Behördenkommunikation endlich kundenorientiert - per Google
Wie kann die öffentliche Verwaltung einfacher mit den Bürgern kommunizieren, wie lasssen sich Informationen besser finden? Mit diesen Fragen setzt sich unser Autor auseinander.
Zwei Erkenntnisse zur Behördenkommunikation
Erstens: Behördenkommunikation muss dort stattfinden, wo sich die Menschen informieren. Gerade in Krisensituationen ist das unverzichtbar. Versuche, mit irgendwelchen Plattformen die Menschen zu den Informationen zu tragen, sind sämtlich gescheitert und Unsinn.
Zweitens: Die Menschen nutzen Google und angegliederte Apps massenhaft und weit überwiegend zur Informations- und Jobsuche, für Bewertungen oder Fragen sowie Navigation.
Bringt man die beiden Erkenntnisse zusammen, ist das Zögern der Behörden beim Einsatz von Google für die Kommunikation nicht nur eine verpasste Chance für gute Kundenorientierung, sondern ein Fehler.
Webseite mit Blog und Stellenanzeigen
Wenn ich Arbeitgeber beim Employer Branding Prozess begleite, beschäftigen wir uns unter anderem mit der Außenwahrnehmung der Behörde. Die Bewertungen bei Google Maps zeigen da ungeschönt die Rückmeldungen der Bürger über den Umgang mit ihnen, berichten über sperrige Verwaltungsprozesse, fehlende Informationen, unpassende Öffnungszeiten, Wartezeiten oder auch defekte Toiletten. Diese Erkenntnisse passen so gar nicht zur Selbstwahrnehmung und dem Kununu-Ranking. Letzteres wohl auch, weil da wohlwollend „nachgesteuert“ wurde.
Für das Personalmarketing ist diese Situation der Supergau. Denn die Versprechen aus Stellenanzeige, Imagevideo und Karriereseite werden nur einen Klick weiter auf Google Maps ad absurdum geführt. Es geht aber nicht nur darum, die eigene Bewertung zu kennen, sondern auf die Kommentare zu reagieren. Die Übernahme der Einträge durch die Organisation ist dann ebenfalls Teil der Kommunikationsstrategie. Gerade kleinere Kommunen, aber auch dezentrale Behörden im engen Korsett des gemeinsamen Auftritts des Bundeslandes tun sich mit einem individuellen Webauftritt schwer. Eine Unternehmensseite bei Google kostet dagegen nichts.
Bilder, Videos und sogar ein eigener Blog sind schnell gestaltet. Natürlich alles optimiert für die in Deutschland meistgenutzte Suchmaschine. Wussten Sie, dass Google auch massenhaft für die Jobsuche genutzt wird? Der Arbeitgeberauftritt sollte daher mit Google for Jobs kombiniert werden.
Tourismus, Bürgerverkehr und Events
In den letzten Monaten bin ich durch Europa gereist. Was in jedem Land immer viel Zeit gekostet hat, war die Suche nach Parkplätzen, deren Einfahrtshöhen und Kosten, die Anbindung an den öPNV, die Recherche nach Öffnungszeiten von Museen, Erreichbarkeit von Sehenswürdigkeiten mit Kinderwagen sowie Strecken in Wandergebieten. Noch zu Beginn des Jahres haben viele Menschen zudem gemeinsam mit mir nach Corona-Bestimmungen, Test- und Impfzentren gesucht.
Gesicherte Infos der Behörden in all diesen Fällen schnell auffindbar im Internet und direkt per Navi anzusteuern? Fehlanzeige! Da ist einfach nichts da! Wenn man Glück hat, findet man Einträge, Kommentare und Bewertungen anderer User. Wenn diese denn stimmen. Wie war das gleich noch mit der Kundenorientierung?
Durch exakte Lokalisation von Parkplätzen und -häusern ergänzt mit Öffnungszeiten, Einfahrtshöhen und Preisen, Angaben von Haltestellen und Preisen von Bus und Bahn sowie Parkverboten und Sperrungen bei Events lassen sich komplexe Parkleit- und Transportsysteme abbilden. Die genaue Eingabe von Zugängen und Ticketshops hilft, Besucherströme zu steuern. Museen können sich mit Videos und Bilder präsentieren, aktuelle Informationen bei Stau, Sturm oder Hochwasser sind leicht darstellbar und erreichen vor allem sehr zuverlässig die Menschen. Die Außenstelle ihrer Behörde wird nicht nur mit Bürozeiten, barrierefreiem Zugang und Parkmöglichkeiten verzeichnet, sondern natürlich auch mit dem Link zu den Online-Services. Offizielle Beschreibungen und Pflege dieser und weiterer Informationen für Bürger, Touristen, Besucher, Wanderer und viele mehr auf Google Maps sind daher nicht Kür, sondern Pflicht der Behördenkommunikation!
Karten und Mängelmelder
Auf Google Maps können die Menschen mit klarer Positionierung über Beschädigungen berichten. Das geht viel einfacher als mit jedem maximal aufwändig gebastelten Mängelmelder, den man sich erst mal downloaden muss. Erinnern Sie sich an die Schulklasse, die sich auf einer Bergwanderung aufgrund fehlerhafter Einträge im Netz in bedrohliche Lage gebracht hat? Auch offizielle Wanderwege können auf Google angelegt werden. Das alles mit guter Übersetzung in andere Sprachen. Und wenn Sie schon dabei sind, nutzen Sie doch gleich den Chat – ganz im Sinne dieses „Open“, das sich die Verwaltungen überall auf die Fahnen schreiben.
Viele Kommunen werden jetzt entgegnen: „Wir haben doch eigenes Kartenmaterial ins Netz gebracht“. Dazu ein Gedanke: Da setzen Behörden eigene Karten auf, weil sie glauben, dass sie wichtige Informationen für Bürger liefern. Aber die nutzen Google Maps. Das passt nicht zusammen! Genauso wenig, wie auf dem „besseren“ Social Media Kanal Mastodon einen Behördenaccount zu betreiben. Auch das ist sehr lobenswert, bringt aber nichts, wenn niemand da ist, den man erreichen könnte.
Suchmaschinenoptimieren Sie schon oder Pressemitteilen Sie noch?
Es gibt diesen Spruch „Was nicht auf Google steht, gibt es nicht.“ Das ist richtig und gefährlich zugleich, weil hier eine enorme Marktmacht entsteht. Ich bin mir dieser Risiken bewusst. Aber solange sich die meisten Menschen hier informieren und die Nutzung ihrer Daten durch Alphabet dafür akzeptieren, ist die Suchmaschinenoptimierung (SEO) sämtlicher Informationen und des Contents, der Web- und Karriereseite von Behörden und die dahingehend optimale Funktionalität des Backends erfolgskritisch.
Was nutzt die beste Information, wenn sie nicht gefunden und damit nicht oder zu spät gelesen wird? Die in diesem Beitrag beschriebene Art und Weise diese Kanäle und Apps in der Behördenkommunikation zu nutzen, ist angesichts des Informationsverhalten der Bürger angezeigt. Kundenorientierung bedeutet hier: Die gewünschten Informationen, schnell und zuverlässig auf den von den Bürgern genutzten Kanälen zur Verfügung stellen.
Die in den Behörden dagegen leider immer noch an erster Stelle stehende Pressemitteilung hat auch natürlich ihren Stellenwert. Aber eben schon lange keinen zentralen mehr. Die Kommunikationsabteilungen des Public Sectors müssen sich endlich eingestehen, dass die Informationen längst auf Google und Social Media stehen, bevor die Pressemitteilung überhaupt frei gegeben wurde. Es bedarf dringend eines Umdenkens in den Behörden und Aufbau von neuen Kompetenzen und Kapazität.
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