Industrieverband fordert bessere digitale Verwaltung

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) setzt sich für mehr Tempo beim E-Government ein. Damit könnten erhebliche Einsparpotenziale erzielt und die Kluft zwischen digitalisierten Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung verringert werden.

Die deutsche Industrie hat deutlich mehr Tempo bei der Digitalisierung in Behörden gefordert. Es müsse einen «radikalen Wandel in der deutschen Amtsstube» geben, heißt es in einem am Montag vorgelegten Positionspapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Deutschland schneidet im internationalen Vergleich schlecht ab

Deutschland ist mit Blick auf seine digitale Verwaltung im EU-Vergleich weit abgeschlagen. Der Digital Economy and Society Index Report 2020 (DESI) der Europäischen Kommission belegt: Deutschland befindet sich auf Platz 20 von 27 im Bereich digitaler Dienste. Dies ist aus Sicht des BDI für die Industrienation Deutschland inakzeptabel. 

«Die Politik muss die Weichen schnellstmöglich stellen und Hindernisse aus dem Weg räumen», so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Dies betreffe jede Art von Verwaltungsprozessen, von Schulen über das Meldewesen bis zu Terminvergaben und Impfpässen.

Besonders der bürokratische Aufwand bei Unternehmensgründen sei hoch, so der BDI: Unternehmer sehen sich gerade bei der Gründung mit zahlreichen bürokratischen Anforderungen konfrontiert, die mit entsprechenden Onlineservices weitaus einfacher zu bewältigen wären. Bessere Verwaltungsprozesse sind laut BDI einer der häufig genannten Wünsche deutscher Gründer, deren Zahl in den letzten Jahren rückläufig war.

Defizite werden in Corona-Pandemie besonders sichtbar

Die Corona-Pandemie habe die bestehenden großen Defizite mehr als deutlich werden lassen. «Behörden waren nur unzureichend vorbereitet und in weiten Teilen völlig ungenügend digital fit.» Mit einer starken digitalen Verwaltung hätten zum Beispiel November-Soforthilfen deutlich effizienter und vermutlich schon im November verteilt werden können. 

Mangelhafte Digitalisierung als Standortproblem

Konsequentes E-Government sei Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen Standort im 21. Jahrhundert, so der BDI. Die zunehmende Kluft zwischen öffentlicher und privater digitaler Ausstattung werde zum ernsthaften Standortproblem. Auch für die Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung sei das eine Zumutung. Die Bundesregierung sollte das im Jahr 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG), mit dem bis 2022 so gut wie alle Verwaltungsleistungen in Deutschland digitalisiert werden sollen «unbedingt vollständig und fristgerecht» bis Ende 2022 umsetzen.

Die Aufstockung der bereits bereitgestellten Mittel von 1,5 Milliarden Euro auf 3 Milliarden Euro im Rahmen des Konjunktur- und Kri­senpakets sei ein wichtiger Schritt in die richtige Rich­tung. Es sei in diesem Prozess aber von entscheidender Bedeutung, dass die neu entwickelten digitalen Angebote nicht nur in einzelnen (Pilot-)Kommunen oder Ländern, sondern möglichst zeitnah für alle Unternehmen und Bürger bereitgestellt werden.

Digitalisierung für alle Beteiligten vorteilhaft

Wenn Unternehmen und Bürger flächendeckend digitale Verwaltungsdienste nutzen können, werden nicht nur erhebliche Einsparpotenziale erzielt – auf die Registermodernisierung entfällt ein erwarteter Betrag von einer Milliarde Euro jährlich – sondern kann die Politik auch das Vertrauen von Bürger und Unternehmer in das Verwaltungshandeln stärken - eine Win-win-Situation für alle, so der BDI.

Bei der Digitalisierung sollte nicht vorrangig das Verhältnis Bürger-Verwaltung in den Blick genommen werden. Unternehmen kommen im Schnitt auf wesentlich mehr Behördenkontakte pro Jahr, nämlich rund 200. Deshalb müssen nach Auffassung des BDI Unternehmen als zentrale Nutzer von Verwaltungsleistungen wieder in den Fokus der Debatte rücken.  Verwaltungsleistungen sollten insgesamt viel stärker aus der Perspektive der Endnutzer geplant werden, statt auf Grundlage verwaltungsinterner Belange.

Bundesregierung sollte Gesamtkoordinierung übernehmen

Die Bundesländer sollten laut BDI ein gewisses Maß an Flexibilität zeigen und der Bund die Maßnahmen zu E-Government zentral steuern. Die Arbeitsteilung über verschiedene behördliche Ebenen und Ressorts hin­weg erschwere oft die Nutzerfreundlichkeit der einzelnen Leistungen. Dafür müsse die Bundesregierung Verantwortung übernehmen und die Gesamt­koordinierung sicherstellen. E-Government in Deutschland sollte zentral gesteuert, inhaltlich zur Chefsache deklariert und mit einer eindeutigen behördlichen Erst-Ansprechperson verbunden sein. Die in der Datenstra­tegie vorgeschlagene Rolle des „Chief Data Scientist“ für die Ministerien und Bundesbehörden sei dabei ein erster wegweisender Schritt, so der BDI.

dpa

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