Haushaltssanierung durch Kürzung bei Beamtenpensionen?

Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten nimmt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auch die Pensionen der Beamten ins Visier. Das Land Baden-Württemberg habe Pensionslasten von 70 Milliarden Euro - damit müsse man etwas machen, sagte er in Stuttgart.

Konkreter wurde er nicht. Über das Thema müsse er zunächst mit seinen Länderkollegen sprechen. «So etwas geht nur im Geleitzug der Länder.»

Beamtenbundchef Volker Stich entgegnete, es wäre verfassungsrechtlich bedenklich, bestehende Pensionsansprüche anzutasten. Stich sprach sich auch gegen eine Verschlechterung der Versorgungsansprüche für neue Beamte aus. «Der Konkurrenzkampf um qualifizierten Nachwuchs wird deutlich stärker werden», sagte er. «Das Land kann aber nicht darauf verzichten, qualifizierte Bewerber in den Landesdienst zu holen.» Dies werde jedoch nicht funktionieren, wenn die Bewerber schlechter bezahlt und versorgt würden.

Widerspruch kam auch aus anderen Bundesländern: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) erklärte: «Das ist ein Raubzug mit Ansage, wenn die Grünen an die Beamtenpensionen in anderen Ländern ran wollen.» Auch Rheinland-Pfalz will den Rotstift nicht weiter bei den Beamten ansetzen. «Wir haben schon Einsparungen im Beamtenbereich 2011 festgelegt», sagte eine Sprecherin von Finanzminister Carsten Kühl (SPD). «Darüber hinaus sind keine weiteren Maßnahmen geplant.»

Die hessische CDU/FDP-Landesregierung will ebenfalls nicht an den Beamtenpensionen rühren. Die schrittweise Reduzierung der Neuverschuldung bis zum Jahr 2020 sei so berechnet, dass die Versorgung der Beamten finanziell getragen werden könne, sagte am Freitag ein Regierungssprecher in Wiesbaden.

Der Steuerzahlerbund Baden-Württemberg sprang hingegen Kretschmann bei. Die Pensionsverpflichtungen samt der Beihilfe machten im Landeshaushalt mehr als vier Milliarden Euro im Jahr aus. «Dieser Betrag wird sich in gut zehn Jahren verdoppeln, weil die Zahl der Pensionäre stark steigt», erklärte Landeschef Wilfried Krahwinkel. Er sprach von dem «explosivsten Sprengsatz im Landeshaushalt», weil für die Pensionen nicht genügend Rückstellungen gebildet worden seien. «Deswegen müssen in dem Bereich dringend Einsparungen erfolgen.»

Von 2020 an dürfen die Länder keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Die grün-rote Landesregierung ringt um Einsparmöglichkeiten: Um die Schuldenbremse einhalten zu können, müssen jährlich 2,5 Milliarden Euro dauerhaft eingespart werden. Bereits beschlossene Sparmaßnahmen wirken sich im Jahr 2020 mit rund 860 Millionen Euro aus, im Herbst sollen weitere festgezurrt werden.

Das Verhältnis zwischen der grün-roten Landesregierung und dem Beamtenbund ist angespannt, weil die Landesregierung den Staatsdienern nur zeitlich versetzt Besoldungserhöhungen gewährt. Die Personalkosten machen 43 Prozent der Ausgaben im Landeshaushalt aus. «Da wird jeder vernünftige Mensch einsehen, dass man den Haushalt nicht am Personalkörper vorbei sanieren kann», sagte Kretschmann.

Als «schwer nachvollziehbar» bezeichnete der Regierungschef die Argumentation des Beamtenbundes, die Staatsdiener würden von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Er zog einen Vergleich der Pensionen mit den Renten: «Da läuft etwas auseinander. Schauen Sie sich die winzigen Rentenerhöhungen an. Die Beamten sind von diesem Problemdruck befreit.» Die Pensionäre profitierten voll von dem Einkommensplus in Höhe von 5,6 Prozent in zwei Jahren.

Stich forderte die Landesregierung hingegen auf, zur Sanierung des Landeshaushaltes mehr Steuern einzutreiben - dazu müsse die Steuerverwaltung personell stärker werden. Zudem müsse Grün-Rot die eigenen Ausgaben überprüfen. Kretschmann erklärte, er wünsche sich vom Beamtenbund «mehr Einsicht in die Notwendigkeiten und eine konstruktivere Haltung, als er sie in der Vergangenheit gezeigt hat». Stich entgegnete, der Beamtenbund werde weiterhin den «Finger in die Wunde» legen. «Wir müssen mit der Konfrontation leben.»

Nach Angaben von Stich gibt es in Baden-Württemberg rund 200 000 Landesbeamte sowie etwa 90 000 Versorgungsempfänger (Pensionäre und deren Angehörige), für die das Land aufkommen muss.

dpa

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