BAG: Befristete Verträge im Profifußball rechtmäßig
Das gängige System befristeter Verträge im Profi-Fußball bleibt vorerst, wie es ist. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können die Manager der Bundesliga-Clubs durchatmen: Dem deutschen Profifußball bleiben radikale Umwälzungen erst einmal erspart. Vielmehr besteht nun die höchstrichterliche Bestätigung, dass die Vereine auch künftig mit Profis immer neue befristete Arbeitsverträge abschließen können und sie nicht bis zur Fußballerrente bezahlen müssen.
Befristung des Vertrags: Spieler sind keine "normalen" Arbeitnehmer
In einem brisanten Rechtsstreit zwischen dem Bundesligisten FSV Mainz 05 und seinem früheren Torwart Heinz Müller fällte das BAG das erste Grundsatzurteil zur Rechtmäßigkeit von Befristungen im Profisport. Dabei entschieden die Erfurter Richter, dass die "Eigenart der Arbeitsleistung" eine solche Befristung regelmäßig rechtfertige. Es gebe keinen Anspruch auf Spieleinsätze, hieß es zur Begründung. Eher unfreiwillig sorgte der ehemalige Bundesligaspieler für Rechtssicherheit im umstrittenen Bundesligavertrags- und damit auch Transfersystem.
Entfristung: Torwart verlangt unbefristetes Arbeitsverhältnis
Der heute 39 Jahre alte Müller hatte 2012 einen neuen Zweijahresvertrag in Mainz unterschrieben. Der sollte sich ab einer bestimmten Anzahl von Bundesliga-Einsätzen automatisch verlängern. Ein halbes Jahr vor Ablauf dieses Vertrages sortierte der damalige Trainer Thomas Tuchel den Torwart in der Winterpause der Saison 2013/14 aus. Müller musste den Verein im Sommer 2014 verlassen und zog vor das Arbeitsgericht. Er klagte auf "Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis". Zudem verlangte er 261.000 Euro für entgangene Punktspielprämien.
Die Vorinstanzen hatten unterschiedlich geurteilt. Das Arbeitsgericht Mainz gab Müllers Klage gegen die Befristung statt und versetzte die Bundesliga in Unruhe. Im Februar 2016 wies das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz die Klage jedoch ab, ließ aber die Revision beim BAG zu.
BAG: Befristung im Profifußball rechtmäßig
Die Zeitverträge, die die Vereine den Spielern für ein, zwei oder mehr Jahre ausstellen, seien "wegen der Eigenart der Arbeitsleistung des Lizenzspielers...gerechtfertigt", urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter. Sie stützten sich also auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Bisher hatten die Richter diesen Sonderstatus bei Befristungen nur Theaterleuten oder Schauspielern aus TV-Serien zugebilligt.
In der mehr als einstündigen Verhandlung ging es den Richtern immer wieder um die Frage, ob die hoch bezahlten Profifußballer besondere Arbeitnehmer sind. "Vom Fußball werden sportliche Höchstleistungen erwartet, man kann nicht davon ausgehen, dass diese bis zum Rentenalter zu erbringen sind", sagte Richterin Edith Gräfl in der Verhandlung. Dass Spitzenspieler Höchstleistungen nur für eine befristete Zeit erbringen könnten, begründe ihren besonderen Status bei Befristungen. Zudem ermöglichten Zeitverträge den Profis Vereinswechsel und damit neue Karriere- und auch Verdienstchancen, so die Richterin.
Keine Spiele, keine Prämien
Da der Kläger außerdem nur in zehn Bundesligaspielen der Hinrunde der Saison 2013/2014 eingesetzt wurde, sind die Voraussetzungen der Verlängerungsoption und des geltend gemachten Prämienanspruchs für die Spiele der Rückrunde nicht erfüllt. Der Fußballverein hat die Erfüllung dieser Voraussetzungen auch nicht treuwidrig vereitelt.
Zuletzt hatte auch das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 19.10.2017, Az. 11 Ca 4400/17) über den befristeten Vertrag eines Berufsfußballers beim FC Victoria Köln zu entscheiden. Die Kölner Arbeitsrichter argumentierten ebenfalls mit der Eigenart der Arbeitsleistung – auch bei einem Regionalliga-Fußballer – und befanden – in Anlehnung an das LAG-Urteil im Fall Müller – die Befristung des Arbeitsvertrags für rechtmäßig. Nun dürfte das BAG-Urteil auch in diesem Fall für Sicherheit sorgen.
BAG-Urteil sorgt für Erleichterung
Das Ergebnis des Urteils sorgte also bei den Vereinen für Erleichterung: "Die DFL begrüßt diese klare Entscheidung, die in einem gesetzlich bislang nicht eindeutig geregelten Bereich nun für die erforderliche Rechtssicherheit sorgt", teilte die Deutsche Fußball Liga als Dachorganisation der 36 Proficlubs und von etwa 1.000 Lizenzspielern mit. "Diese Entscheidung ist im Sinn und im Interesse des Wettbewerbs, der Clubs, der Fans und auch der Spieler, gerade auch im Hinblick auf andere diesbezügliche Verfahren."
Auch der ehemalige Arbeitgeber Müllers konnte durchatmen: "Das Urteil besitzt für Mainz 05 und den gesamten Fußball grundlegende Bedeutung. Um dem Prinzip des Leistungssports zu folgen, müssen wir unseren Profikader immer wieder mit neuen Kräften verstärken", sagte Sportvorstand Rouven Schröder in einer Mitteilung des Clubs.
Auch die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV) begrüßte das Urteil. Positiv sei, "dass nun Rechtssicherheit besteht und dem deutschen Fußball kurzfristig außerplanmäßige Abschreibungen in Millionenhöhe sowie internationale Wettbewerbsnachteile erspart bleiben", sagte VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky.
Hinweis: Urteil vom 16. Januar 2018, Az. 7 AZR 312/16; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Februar 2016, Az. 4 Sa 202/15
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