Betriebliches Eingliederungsmanagement

Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) einen "organisierten Suchprozess" nach Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten anstellen. Das hat das Arbeitsgericht Berlin in einem aktuellen Fall bestätigt.

Die Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Vor Ausspruch der Kündigung hat der Arbeitgeber jedoch stets eine sogenannte Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen: Dabei gilt es zu ermitteln, ob es ein milderes Mittel – also eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung – im Vergleich zur Kündigung gibt.

Arbeitsgericht Berlin: "organisierter Suchprozess" gefordert

Das hat das Arbeitsgericht Berlin in einem aktuellen Fall geurteilt und damit die gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bestätigt. Dem Arbeitsgericht lag ein Fall zur Entscheidung vor, in dem der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer wegen dessen Fehlzeit und der ihm dadurch entstehenden Kosten kündigte. Der Arbeitnehmer war wegen einer Tumorerkrankung länger als ein Jahr arbeitsunfähig erkrankt.

Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber im Rahmen eines "organisierten Suchprozesses" zu prüfen habe, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Arbeitnehmer (wieder) beschäftigt werden kann. Hierzu sei ein Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und gegebenenfalls die Einbeziehung von externem Sachverstand erforderlich. Weil der Arbeitgeber dies unterlassen hatte, war die Kündigung unverhältnismäßig und rechtsunwirksam.

Über das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

Die rechtlichen Rahmenbedingungen des BEM sind in Paragraph 84 des Sozialgesetzbuchs IX geregelt: Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber ein BEM durchzuführen (§ 84 Abs. 2 SGB IX). Im Rahmen des BEM wird geprüft, welche Maßnahmen eine Weiterbeschäftigung des erkrankten Arbeitnehmers ermöglichen.

In Betracht zu ziehen sind eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz. Nur wenn der Arbeitnehmer seine Teilnahme verweigert, kann der Arbeitgeber auf die Durchführung des BEM verzichten und eine Kündigung aussprechen.

Die seit langem gefestigte Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts wurde zuletzt mit Urteil vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 2 AZR 565/14) bestätigt.

Tipp: Betriebsvereinbarung zum BEM

In welcher Form der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Suche nach einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nachkommt, ist unwesentlich. Es gibt keinen Standard für ein BEM. Gleichwohl kann es hilfreich sein, eine Vorgehensweise schon im Vorfeld zu organisieren.

Eine Möglichkeit ist die Regelung in einer Betriebsvereinbarung, denn ein BEM ist ein strukturierter Prozess, der im Betrieb festen Regeln folgen muss. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dann auch eine Förderung durch die öffentliche Hand erfolgen.

Eine Muster-Betriebsvereinbarung "Betriebliches Eingliederungsmanagement" ist hier abrufbar.

Ein Musteranschreiben, mit dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Gesprächsangebot machen und ihn über die Grundzüge des BEM informieren kann, finden Sie hier.


Hinweis: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 16.10.2015, Aktenzeichen: 28 Ca 9065/15