Betriebsrente darf bei Betriebsübergang nicht ohne Weiteres gekürzt werden
Das BAG erlaubt den Eingriff in bereits erworbene oder in Aussicht stehende Versorgungsansprüche nur in engen Grenzen. Eine Kürzung der Anwartschaften darf nach gängiger Rechtsprechung nur anhand eines dreistufigen Prüfungsschemas erfolgen: Danach sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe der Arbeitgeber gegenüberzustellen. Unter welchen Voraussetzungen Altersversorgungen bei einem Betriebsübergang verschlechtert werden dürfen, hatte das BAG in einem jetzt entschiedenen Fall zu beurteilen: Die ursprüngliche Versorgungsordnung sollte durch eine beim Erwerber geltende Betriebsvereinbarung abgelöst werden. Nach Auffassung des Gerichts genügte diese neue Vereinbarung den strengen Anforderungen der Drei-Stufen-Theorie nicht.
Zusage einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) durch Betriebsvereinbarung
Ein Arbeitnehmer hatte gegen die Reduzierung seiner Betriebsrente geklagt. Durch seinen Arbeitgeber war ihm eine betriebliche Altersversorgung (bAV) nach einer Betriebsvereinbarung zugesagt worden. 1998 kam es zu einem Betriebsübergang. Bei dem neuen Arbeitgeber existierten zwei bereits geschlossene Ruhegeldordnungen (RGO I und II) sowie ein nicht geschlossenes Versorgungswerk (BV VO) in Form von Gesamtbetriebsvereinbarungen. Zwei Jahre später schloss das erwerbende Unternehmen mit den zuständigen Gewerkschaften einen Tarifvertrag (TV 2000). Dieser regelte, dass übernommene Mitarbeiter so in die Versorgungsordnungen (RGO I und II) einbezogen werden, als hätten sie ihre gesamte Betriebszugehörigkeit beim Erwerber verbracht. Der Tarifvertrag ermächtigte die Betriebsparteien zur Regelung von Einzelheiten. Daraufhin schloss der neue Arbeitgeber mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung für die übernommenen Arbeitnehmer ab (BV Überleitung), die Verschlechterungen vorsah.
Arbeitnehmer klagt gegen Kürzung seiner bAV
Der Arbeitnehmer erhielt auf der Grundlage der neu abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung ein Altersruhegeld. Ab 2014 zahlte der Arbeitgeber ihm – wie auch vielen anderen ehemaligen Mitarbeitern des übernommenen Unternehmens – nur noch ein niedrigeres Ruhegeld. Die Berechnung habe neu ermittelt werden müssen, da sie fehlerhaft gewesen sei, hieß es. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin vor Gericht. Er machte geltend, dass ihm das Altersruhegeld in der bisher gezahlten Höhe zustehe. Die Ablösung der beim neuen Unternehmen geltenden Versorgungsordnung sei wirkungslos.
BAG: Kürzungen bei Betriebsrente waren ungerechtfertigt
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Die Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das zuständige Landesarbeitsgericht. Nach Auffassung des BAG war die beim Erwerberunternehmen bestehende BV VO ungeeignet, die beim ursprünglichen Arbeitgeber geltende Versorgungsordnung abzulösen. Die damit verbundenen Eingriffe hielten aus Sicht des Gerichts einer Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas nicht stand. Erst die später durch den TV 2000 geregelten Verschlechterungen hielten die Richter für gerechtfertigt. Dazu führten sie aus, dass die tariflichen Bestimmungen sich im Rahmen der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hielten.
Diese Grundsätze führten bei Tarifverträgen daher zu einer gegenüber dem dreistufigen Prüfungsschema eingeschränkten Überprüfung. Die Betriebsparteien haben in der BV Überleitung gegenüber dem TV 2000 jedoch weitere Verschlechterungen vorgenommen, die vom Tarifvertrag nicht gedeckt waren. Insoweit sei die BV Überleitung wegen des gesetzlich vorgesehenen Tarifvorrangs teilunwirksam.
Das BAG hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, damit es das dem Arbeitnehmer zustehende Ruhegeld neu ermitteln kann.
Hinweis: BAG, Urteil vom 22.10. 2019, Az: 3 AZR 429/18; Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.6.2018, Az: 3 Sa 1272/16 B
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