Sonn-und Feiertagsarbeit: Kirche muss bei Ausnahmegenehmigungen beteiligt werden
Nach dem Arbeitszeitgesetz ist in Deutschland eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht erlaubt. Das Gesetz selbst sieht jedoch Ausnahmen vor - etwa für Polizei, Feuerwehr, Krankenhauspersonal oder Notdienste. Aufgrund der Corona-Pandemie ist in bestimmten Bereichen befristet mehr Sonn-und Feiertagsarbeit gemäß der Covid-19-Arbeitszeitverordnung zulässig.
Weitere Ausnahmen kann die zuständige Aufsichtsbehörde nach § 13 ArbZG zulassen. Aufgrund solcher behördlicher Ausnahmebewilligungen dürfen Arbeitnehmer in Sachsen in Callcentern auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Doch darf die Kirche bei den Entscheidungen der Behörden mitreden? Das musste das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vorliegend beurteilen und hat mit seinem Urteil den Sonntagsschutz gestärkt.
Muss die Behörde die Kirche bei Ausnahmegenehmigungen zur Sonntagsarbeit beteiligen?
Die Evangelische Kirche Sachsen beantragte bei der Landesdirektion Sachsen, an allen laufenden und künftigen Bewilligungsverfahren beteiligt zu werden, was die Landesdirektion ablehnte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Kirche Klage gegen das Land. Sowohl das Verwaltungsgericht Dresden als auch das Oberverwaltungsgericht Bautzen entschieden zugunsten der Kirche: Die Behörde sei verpflichtet, die Landeskirche an Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Sonntagsarbeit in Callcentern zu beteiligen.
BVerwG: Kirche darf bei Genehmigung der Sonntagsarbeit mitreden
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dies bestätigt und entschieden, dass die evangelische Kirche an Verfahren zu Bewilligungen von Sonntagsarbeit in Callcentern beteiligt werden muss. Die Entscheidungen der Behörden, Ausnahmen zur Sonntagsarbeit in Callcentern zuzulassen, ergehen als Verwaltungsakte in einem Verwaltungsverfahren. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sind Dritte zu beteiligen, wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung auf sie hat.
Ausnahmebestimmungen haben drittschützende Wirkung
Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Kirchen bestätigt. Der Ausgang der Genehmigungsverfahren habe für diese eine rechtsgestaltenden Wirkung. In seinem Urteil führte es weiter aus, dass die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, mit denen die Ausnahmen zum Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen werden können, grundsätzlich gegenüber Religionsgemeinschaften eine drittschützende Wirkung zukommt.
Behörden müssen verfassungsrechtlichen Schutzauftrag berücksichtigen
Dabei verwies das Gericht in seiner Begründung auf das Grundgesetz und die Weimarer Reichsverfassung. Danach könne sich die Kirche auf das Grundrecht der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen, das durch die Sonn- und Feiertagsgarantie nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 Weimarer Reichsverfassung (WRV) konkretisiert werde. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.
Nach Auffassung der obersten Verwaltungsrichter richtet sich der darin liegende, verfassungsrechtliche Schutzauftrag, nicht nur an den Gesetzgeber. Auch Behörden müssten diesen bei den Entscheidungen über Ausnahmen zum Verbot der Sonn-und Feiertagsarbeit beachten. Damit müsse der Freistaat Sachsen der Landeskirche entsprechende Verfahren bekanntgeben.
Hinweis: BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2020; Az: 8 C 5.19; Vorinstanzen: OVG Bautzen, Urteil vom 11. April 2019, Az: 3 A 505/17, VG Dresden, Urteil vom 12. April 2017, Az: 4 K 1278/16
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