Die wichtigsten BAG-Urteile des Jahres 2020
Das Bundesarbeitsgericht hat im Rechtsprechungsjahr 2020 eine Reihe wichtiger Urteile gefällt, die für Beschäftigte, Betriebsräte und Arbeitgeber interessant sind. Viele Entscheidungen gehen in ihrer Bedeutung weit über die entschiedenen Einzelfälle hinaus und haben hohe Relevanz für die Praxis, wie dieser Überblick zeigt.
Vergütung der Fahrzeiten von Außendienstmitarbeitern
Handelt es sich bei Fahrten eines Außendienstmitarbeiters zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück nach Hause um vergütungspflichtige Arbeitszeit? Mit dieser Frage musste sich das BAG auseinandersetzen. Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, welche solche Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters als nicht vergütungspflichtig deklarieren, sind wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam, wenn nach den Bestimmungen des einschlägigen Tarifvertrags sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringt, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind. Führen die Fahrtzeiten also zu einer Überschreitung der vertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit, so sind sie gesondert zu vergüten.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. März 2020 - 5 AZR 36/19
Umfang der notwendigen Unterrichtung des Betriebsrats bei einer außerordentlichen Kündigung
Ein Arbeitgeber muss den Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung weder über einen bestehenden Sonderkündigungsschutz unterrichten, noch weitere Ausführungen zur Wahrung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB machen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7.Mai 2020 - 2 AZR 678/19
Grenzen tariflicher Regelungsmacht
Eine tarifvertragliche Regelung, nach der Ansprüche aus einem Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit nur dann bestehen, wenn eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag erfolgt ist, ist unwirksam. Sie überschreitet die Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, entschied das BAG.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 AZR 489/19
Kündigungsschutzprozess: Auskunftspflicht über unterbreitete Vermittlungsvorschläge
Der Arbeitgeber muss während des Kündigungsschutzverfahrens Annahmeverzugslohn zahlen. Nach § 11 Nr. 2 KSchG kann er diesen Vergütungsanspruch kürzen, wenn der Arbeitnehmer in dem betreffenden Zeitraum aus einer anderen Beschäftigung tatsächlich Einnahmen erzielt oder dies böswillig unterlassen hat. Um dies beurteilen zu können, billigte das BAG dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunftserteilung zu, ob und gegebenenfalls wo sich der gekündigte Arbeitnehmer beworben hat.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Mai 2020 - 5 AZR 387/19
Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz
Auch arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten steht ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber nach dem Entgelttransparenzgesetz zu. Das entschied das BAG erstmalig im Fall einer freien ZDF-Redakteurin, die eine Übersicht über die Gehälter ihrer Kollegen verlangte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Juni 2020 - 8 AZR 145/19
Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei der Duldung von Überstunden
Eine Duldung von Überstunden durch den Arbeitgeber, die das Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG verletzt, liegt nach dem Beschluss des BAG vom 28. Juli 2020 nur dann vor, wenn es hinreichende Anhaltspunkte für das Fehlen gebotener Gegenmaßnahmen durch den Arbeitgeber gibt, sodass man dessen Untätigkeit als Hinnahme werten müsste.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom BAG 28.Juli 2020 - 1 ABR 18/19
Entgelttransparenzgesetz: Anspruch des Betriebsrats im Hinblick auf Bruttoentgeltlisten
Der Betriebsrat darf nach dem Entgelttransparenzgesetz die Gehaltslisten von Mitarbeitern einsehen. Dieses Recht hat er jedoch nur, wenn er auch die Auskunftsverlangen der Beschäftigten beantwortet, nicht aber wenn der Arbeitgeber diese Aufgabe übernommen hat.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juli 2020 - 1 ABR 6/19
Gültigkeit von Betriebsvereinbarungen unabhängig von der Zustimmung der Arbeitnehmer
Betriebsvereinbarungen gelten zwingend und unmittelbar. Sie können nicht von der Zustimmung der Belegschaft abhängig gemacht werden. Eine Betriebsvereinbarung, die nur unter der Bedingung, dass ihr 80 Prozent der Arbeitnehmer zustimmen, in Kraft treten sollte, erklärte das BAG für unwirksam.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juli 2020 - 1 ABR 4/19
Kopftuchverbot: Benachteiligung wegen der Religion
Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen verstößt gegen die Verfassung. Damit darf einer Lehrerin das Tragen eines Kopftuches während des Unterrichts nicht generell verboten werden.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. August 2020 - 8 AZR 62/19
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