Sachverständige kommentieren Gesetzentwurf
Nachdem der Bundestag in erster Lesung über das neue Gesetz zum Elterngeld Plus debattierte, hat nun der Familienausschuss acht Sachverständige angehört zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2583, 18/2625). Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig will mit dem Gesetz weitere Anreize für eine ausgewogene Aufteilung der Kindererziehung zwischen Männern und Frauen schaffen.
Arbeitgeber kritisieren Übermaß an Flexibilität
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bemängelte allerdings die neue Regelung. Sie verlange von den Arbeitgebern ein Übermaß an Flexibilität, weil Arbeitnehmer künftig pro Kind nicht nur wie bisher zwei, sondern drei Erziehungspausen einlegen könnten. "Es ist nicht akzeptabel, dass immer mehr individuelle Ansprüche für Arbeitnehmer auf Gestaltung ihrer Arbeitszeit geschaffen werden und die betrieblichen Belange immer weniger berücksichtigt werden", kritisierte die BDA in einer Stellungnahme, die im Familienausschuss des Bundestags besprochen wurde.
Zudem bemängelte die BDA die Grenze, ab welcher Betriebsgröße Arbeitnehmern künftig Elternzeit mit gleichzeitiger Teilzeitbeschäftigung zustehen soll. Die geplante Schwelle von 15 Beschäftigten belaste kleine und mittlere Betriebe besonders stark. Für Betriebe dieser Größe sei es sehr schwierig, entsprechenden Ersatz für die ausfallende Arbeitskraft zu finden, argumentierte der Verband.
DGB: Bestehende Betriebsgröße schränkt bereits ein
Dieser Auffassung widersprach der DGB in seiner Stellungnahme. Durch die 15-Beschäftigten-Grenze würden bereits heute viele Eltern von der Elternzeit ausgeschlossen. Engere Grenzen bei der Betriebsgröße würden noch mehr Eltern von den Möglichkeiten einer flexibleren Elternzeit ausnehmen. Dies könne aber nicht im Sinne des Gesetzes sein.
Auch der Arbeitsrechtler Gerrit Forst von der Freien Universität Berlin widersprach dem Standpunkt des BDA. Die flexibleren Möglichkeiten, Elternzeit und Teilzeitarbeit zu kombinieren, käme auch den Betrieben zu Gute. Letztlich würden Betriebe dadurch profitieren, weil sich zum einen das Betriebsklima und somit auch die Produktivität ihrer Arbeitnehmer verbessern. Zum anderen werde durch die flexibleren Teilzeitmöglichkeiten die Gefahr minimiert, dass ein Elternteil ein Beschäftigungsverhältnis ganz beendet.
Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten das Gesetz. Sie wiesen allerdings darauf hin, dass die Gesetzeslage durch die geplante Neuerung noch komplexer werde. Dies werde einen höheren Beratungsaufwand in den Elterngeldstellen zur Folge haben.
Elterngeld Plus: Von 14 auf 28 Monate erhöht
Bisher erhält ein Elternteil maximal zwölf Monate lang Elterngeld. Der Betrag richtet sich nach dem vorher erzielten Einkommen. Wenn der Partner ebenfalls mindestens zwei Monate lang für das Kind zu Hause bleibt, kann das Paar insgesamt 14 Monate lang Elterngeld beziehen.
Das neue Elterngeld Plus soll Vater und Mutter die Möglichkeit eröffnen, die Leistung auf einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten auszuweiten, wenn sie in dieser Zeit einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen. Das heißt, sie erhalten neben ihrem Gehalt weiter Geld vom Staat - und zwar in halber Höhe, dafür aber doppelt so lange. Außerdem wird das Elterngeld Plus noch vier Monate länger gezahlt, wenn Vater und Mutter in dieser Zeit beide zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche arbeiten. Das ist der sogenannte Partnerschaftsbonus.
Eltern müssen sich entscheiden: Elterngeld oder Elterngeld Plus
Das bisherige Elterngeld soll parallel weiter existieren. Eltern müssen sich dann künftig entscheiden, welche der beiden Varianten sie wollen. Es soll auch möglich sein, beide Formen zu kombinieren. So kann beispielsweise eine Mutter neun Monate lang volles Elterngeld und anschließend für drei Monate Elterngeld Plus beziehen.
Einige Gutachter und Verbandsfunktionäre erklärten, für einige Eltern werde es sehr schwierig sein, die Voraussetzung für den Partnerschaftsbonus zu erfüllen. So sei es beispielsweise für Alleinerziehende, die bei der Versorgung eines Kleinkindes im Alltag keine Unterstützung vom anderen Elternteil erhielten, kaum möglich, 25 Stunden pro Woche zu arbeiten. Auch seien viele Arbeitgeber bei der Vereinbarung der Wochenarbeitszeit dafür nicht flexibel genug.
Kritik aus der Opposition
Die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, kritisierte das Vorhaben: "Das Elterngeld Plus von Frau Schwesig geht nur den halben Weg zur echten Wahlfreiheit für Eltern. Es erkennt zwar endlich Teilzeit an, macht aber keinerlei Unterschied, ob nun auf eine halbe Stelle reduziert wird oder nur um eine Stunde pro Tag." Besser wäre aus Brantners Sicht ein noch flexibleres Modell.
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