Rentner können künftig mehr hinzuverdienen
Ältere Arbeitnehmer bekommen mehr Möglichkeiten für einen flexiblen Übergang in die Rente. Das Bundeskabinett verabschiedete den Gesetzentwurf für eine Flexi-Rente und machte damit den Weg für die parlamentarischen Beratungen frei. Zentrales Anliegen ist der Abbau von Hindernissen für eine vorgezogene Teilrente für Menschen, die noch in Teilzeit weiterarbeiten möchten.
Hinzuverdienst bei Rente: Künftig Abschlag ab Jahres-Obergrenze
Heute drohen drastische Kürzungen um bis zu zwei Drittel der Rente, wenn jemand mit 63 in Rente geht und mehr als 450 Euro im Monat dazuverdient. Künftig soll es für den Hinzuverdienst nur noch eine Obergrenze von 6.300 Euro im Jahr geben – und dann gilt: 40 Prozent des darüber liegenden Zuverdienstes wird von der Rente abgezogen.
Bei einem Hinzuverdienst von beispielsweise 18.000 Euro pro Jahr werden laut Entwurf 390 Euro pro Monat von der Rente abgezogen: Der die 6.300-Euro-Grenze übersteigende Betrag liegt bei 11.700 Euro, pro Monat sind dies 975 Euro - davon werden 40 Prozent abgezogen. Läge die Vollrente bei monatlich 1.200 Euro, käme man auf eine Teilrente von 810 Euro.
Vorgezogene Rente: Abschläge können ausgeglichen werden
Wer eine vorgezogene Vollrente bezieht und trotzdem arbeitet, erhöht damit zudem künftig durch die anhaltende Beitragszahlung seinen Rentenanspruch. Versicherte sollen so früher und flexibler zusätzliche Beiträge in die Rentenkasse einzahlen können, um Rentenabschläge auszugleichen. So soll sich ein vorzeitiger Renteneintritt besser absichern lassen.
Um – bei vorgezogener Altersrente – den Abzug von 0,3 Prozent pro Monat auszugleichen, darf man momentan erst ab dem 55. Lebensjahr zusätzlich in die Rentenkasse einzahlen. Dass soll künftig schon ab 50 möglich sein. Zudem - das ist der SPD wichtig - sollen ältere Arbeitnehmer unterstützt werden, gesund zu bleiben und nicht aus Krankheitsgründen aus dem Arbeitsleben auszuscheiden.
Vollrente: Längeres Arbeiten soll attraktiver werden
Und auch zum längeren Arbeiten bei Vollrente enthält der Entwurf eine Regelung: Wenn ein Arbeitnehmer nach Erreichen des Regelalters Rente bekommt und weiterarbeitet, zahlt der Arbeitgeber bisher seinen Teil des Beitrags ein, ohne dass die Rente steigt. Künftig soll auch der Beschäftigte seinen Teil einzahlen können - beide Teile sollen dann rentensteigernd wirken.
Bundessozialministerin Andrea Nahles sprach von einem "historischen Schritt". Entscheidend sei, dass es die Flexibilität der Rente nach hinten und nach vorne gebe - "also für die, die länger arbeiten können und wollen, und für die, die zum Ende ihres Arbeitslebens einfach nicht mehr können." Bei dem Gesetzentwurf handelt es sich um eine Formulierungshilfe des Sozialministeriums für die Koalitionsfraktionen. Ursprünglich hatten Union und SPD im Bundestag das Konzept für die Flexi-Rente ausgehandelt. Insbesondere die Union hatte auf mehr Möglichkeiten für längeres Arbeiten gedrängt. Gedacht ist der Plan als Gegengewicht zur abschlagsfreien Rente mit 63.
Flexi-Rente: Kritik und Lob von Verbänden und Parteien
Der Sozialverband VDK kritisierte, für Arbeitnehmer mit geringen Arbeitsmarktchancen, die es nicht bis zum Rentenalter schaffen, biete der Entwurf keine Lösung. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte, dass die Teilrente schon ab 60 nutzbar wird.
Linken-Chef Bernd Riexinger kritisierte, die Flexi-Rente sei der verzweifelte Versuch, sich bis zur Bundestagswahl um eine echte Rentenreform herumzudrücken. "Geht es nach der Bundesregierung, sollen sich Beschäftigte auch nach 40 Jahren täglicher Arbeit weiter verbiegen, um für die Arbeitgeberlobby verfügbar zu sein." Die Rente ab 63 müsse gesetzlich abgesichert sein. Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth nannte die Teilrente "viel zu kompliziert".
Der Verband "Die Jungen Unternehmer" begrüßte die Reform dagegen als überfällig. Der CDU-Sozialpolitiker Karl Schiewerling betonte, durch die Belohnung längeren Arbeitens "senken wir auch die Gefahr von Altersarmut". Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß sagte, auch Tarifregelungen wie eine Demografie-Komponente in der Chemiebranche könnten für den Ausgleich von Abschlägen genutzt werden. Die SPD-Sozialexpertin Katja Mast betonte, damit die Menschen das Rentenalter gesund erreichen, würden auch berufsbezogene Gesundheitschecks eingeführt.
Künftig keine vorzeitige Rente für Hartz-IV-Bezieher
Hartz-IV-Bezieher sollen zudem künftig nicht mehr vorzeitig in Rente geschickt werden, wenn sie dadurch auf Grundsicherung angewiesen sind. Das sieht eine ebenfalls vom Kabinett abgesegnete Verordnung des Bundessozialministeriums vor.
Hartz-IV-Empfänger werden vom Jobcenter regelmäßig aufgefordert, vorzeitig mit 63 in Rente zu gehen, obwohl sie Renteneinbußen hinnehmen müssen.
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